Streifzug durch die Filmwelt

22.12.2008
Anhand der Lebensstationen des Filmproduzenten Eric Pleskow erzählt Andrea Ernst die Geschichte von United Artists, des legendären Konzerns, der einst von Mary Pickford, Charles Chaplin und Douglas Fairbanks gegründet wurde. "Eric Pleskow - Ein Leben für den Film" liest sich wie ein Abenteuerroman, auch wenn die Filme etwas zu kurz kommen.
Hinter solch populären Filmklassikern wie "Einer flog übers Kuckucksnest", "Amadeus" oder "Das Schweigen der Lämmer" steht eine weithin unbekannt gebliebene Persönlichkeit. Der in Wien geborene Produzent Eric Pleskow hat Jahrzehnte an der Spitze der legendären Filmfirma United Artists gearbeitet und ihre Offenheit für neue Themen und Erzählformen mitgeprägt.

Eric Pleskow leitete in der Nachkriegszeit die Europa-Geschäfte des einst von Mary Pickford, Charles Chaplin und Douglas Fairbanks gegründeten Filmproduktions- und -verleihkonzerns. Er kurbelte die Verbreitung amerikanischer Filme in den fünfziger Jahren an und initiierte nebenbei zahlreiche Hollywoodproduktionen in Europa, oft aber auch Koproduktionen mit neuen Regisseuren des alten Kontinents, zum Beispiel François Truffaut.

Pleskow lebte ein rastloses Managerleben zwischen New York, Los Angeles, Frankfurt und Paris, war unermüdlich auf Filmfestivals präsent und besuchte Dreharbeiten - Stoff für viele Anekdoten aus der Filmbranche. Er machte zum Beispiel Billy Wilders Film "Das Apartment" zu einem Erfolg und war das Vorbild für den umtriebigen Manager-Typ, den James Cagney in "Eins, zwei, drei" verkörperte.

Vom Vertriebschef für die halbe Welt allmählich zum Produzenten aufsteigend, konnte er sein Gespür für den neuen Zeitgeist der Sechziger- und Siebzigerjahre einsetzen und finanziert heute längst etablierte Regisseure wie Milos Forman, Francis Ford Coppola, Martin Scorsese und viele andere.

Seine geschäftlichen Entscheidungen trugen eine bestimmte Handschrift. Truffauts "Die Braut trug schwarz" und "Der Wolfsjunge", Richard Lesters Beatles-Film "A hard days night", die ersten James-Bond-Filme, Coppolas "Apocalypse Now" oder Scorseses "Raging Bull" - Eric Pleskow suchte mit einer liberalen Einstellung nach dem Unterhaltungskino seiner Ära.

Der 84-jährige Filmproduzent zog sich nach einer der zahlreichen Krisen und Umstrukturierungen von United Artists - Tom Cruise produzierte unter ihrem Dach inzwischen "Valkyrie" - zurück und fungiert inzwischen als Präsident des Filmfestivals Viennale in seiner Heimatstadt Wien.

Wie sehr die offene, zeitkritische Haltung des Filmproduzenten von seinen Kindheits- und Jugenderfahrungen geprägt ist, macht das Buch "Eric Pleskow - Ein Leben für den Film" deutlich. Die Autorin Andrea Ernst orientiert sich darin an den zahlreichen Gesprächen mit ihrem "Hauptdarsteller", dessen lakonische Erinnerungen in Originalpassagen eingeflochten sind.

1924 als Sohn jüdischer Eltern geboren, weiß Eric Pleskow äußerst anschaulich von seiner Lebenssituation zu erzählen, vor allem von den früh einsetzenden Demütigungen und Misshandlungen, denen jüdische Kinder lange vor Hitlers Einverleibung von Österreich ausgesetzt waren.

Pleskow erzählt die dramatische Flucht der Familie in die USA, auch das fortdauernde Trauma, das der Hass ihrer Heimatstadt in den Eltern ausgelöst hat, während der halbwüchsige Sohn über eine Ausbildung als Filmcutter und seine Rückkehr nach Europa als amerikanischer Soldat mit der Filmbranche in Berührung kommt und nach Kriegsende seine Chance als europäischer United Artists-Repräsentant nutzt.

Die Kapitel über das schwierige Filmgeschäft, über legendäre Produktionen und Filmpersönlichkeiten hätte man sich ebenso detailgenau und konkret gewünscht wie Eric Pleskows Jugenderinnerungen.

Das Buch ist ein lebendiger Streifzug durch die Filmwelt der Nachkriegsära, vor allem auch deren ökonomische Seite. Die Geschichte von United Artists erschließt sich wie ein Abenteuerroman, man hätte sich mehr Umfang, mehr Hintergrund zu den zahlreichen genannten Filmproduktionen gewünscht.

Rezensiert von Claudia Lenssen

Andrea Ernst: Eric Pleskow - Ein Leben für den Film
Picus Verlag, Wien 2008
181 Seiten, 22,90 Euro