Straßenmusiker in Rom

"Man muss die Leute überraschen"

Die Straßenmusiker von SteadyRockerz.
Die Straßenmusiker von SteadyRockerz. © ARD / Jan-Christoph Kitzler
Von Jan-Christoph Kitzler · 04.07.2016
Das Leben als Straßenmusiker in Rom kann ziemlich hart sein: Wer Geld verdienen will, muss sich dem hohen Konkurrenzdruck stellen. Die Musiker von SteadyRockerz lieben trotzdem ihren Job.
Was für einen schönen Ort haben sie sich ausgesucht. Im Grünen über den Dächern von Rom - und ganz wichtig bei der Hitze: im Schatten. Man hört sie schon von weitem:
Die SteadyRockerz, das sind heute Giulio, der Sänger und Gitarrist, Sandro Trompete und zweite Stimme und Andrea, Percussion. Manchmal kommen noch ein paar andere dazu, deshalb nennen sie das Projekt auch "SteadyRockerz Allstars"
Hier oben am Rand des großen Villa Borghese-Parks, bleiben die Leute stehen und freuen sich über Musik und all die Schönheit. Es gab Zeiten, da haben sie hier jeden Vormittag gespielt. Und Giulio weiß auch, warum:
"Das ist das Faszinierende, wenn man auf der Straße an schönen Orten spielt wie in Rom. Denn mal abgesehen davon, dass Du für die Leute und für Dich selbst spielst: du drehst Dich um und siehst einen besonderen Ort, wo jedes Stück Dir alle möglichen Geschichten erzählt. Also ja: das ist sehr, sehr schön und bewegend in Rom zu spielen. Vor allem hier."

Offiziell braucht man eine Genehmigung

Natürlich brauchen sie auch das Geld. Und sie wissen, dass das Straßenmusikerleben in Rom auch ziemlich hart sein kann, ein regelrechter Kampf. Unten in der Stadt, am Pantheon zum Beispiel. Offiziell braucht man in Rom eine Genehmigung der Stadt, um zu spielen. Aber richtig geordnet läuft es nicht:
"Einer der besten Orte zum Spielen, wo die meisten Leute vorbekommen und auch gern stehenbleiben. Aber da gibt es eine gnadenlose Konkurrenz. Morgens gibt es schon eine Schlange, und dann wird festgelegt, wer wann für ein halbes Stündchen spielen darf. Es ist auch schlimm, dass Straßenmusik nicht als etwas Wertvolles angesehen wird, sondern fast als etwas, das lästig ist."
Denn Straßenmusik, das ist für die drei vor allem Freiheit: jeder bekommt seinen Raum, jeder kann sich ausprobieren. Und doch findet auf den Straßen von Rom jeden Tag eine strenge Auslese statt, sagt Sandro. Er selbst hat Trompete am Konservatorium studiert und spielt in ziemlich vielen verschiedenen Gruppen, nicht nur auf der Straße:
"Wer es nicht bringt, weil er gerade erst angefangen hat oder weil er sich erst noch finden muss, dem sagt die Straße ganz klar, was los ist. Wenn der in seinem Hut nach drei Stunden nur Geld für Café und Zigaretten hat – auf die lange Sicht ist das nicht empfehlenswert."

"Straßenmusik ist eine gute Schule"

Bei den SteadyRockerz läuft es ganz gut. Die Leute bleiben stehen, swingen kurz mit, werfen Münzen in die Gitarrentasche und haben ein Lächeln auf dem Gesicht. Von Andrea, dem Percussionisten, sagen die anderen, er habe in seinen Taschen eine ganze Welt. Alles Mögliche Spielzeug. Heute spielt er vor allem Cachon und ein paar Schellen. Andrea findet vor allem: die Straße ist gut, um sich musikalisch weiter zu entwickeln.
"Straßenmusik ist eine gute Schule, denn es ist eine Sache, in einem Raum zu spielen, wo die Leute für Dich gekommen sind, das ist leicht. Aber dieses Vorübergehen ist schwierig, denn man muss die Leute aufhalten, überraschen, sie anziehen. Das ist eine Schule für einen Musiker, der lernt was am besten funktioniert. Und dann bringt er seine Erfahrungen auch in die Räume, in andere Situationen."

Traum von einer Tournee durch Europa

Und so träumen die SteadyRockerz heimlich von einer Tournee durch Europa, sie wollen noch möglichst viel an schönen Orten und Plätzen spielen. Straßenmusik hat das Potential, die Welt etwas besser zu machen, meint zumindest Giulio:
"Vielleicht ist ja das Konzept der Straße, des Platzes, des Auftritts vielleicht auch um besser zu werden, etwas Geld zu verdienen, zusammen mit der völligen Freiheit sich zu zeigen und zu tun, was man will, ohne äußere Zwänge das Gegenstück zu dem sich Einschließen im Internet, oder?"
In Rom jedenfalls funktioniert das. Da spielen die drei wann immer es geht. Und am liebsten natürlich auf dem Pincio. Der Bühne mit der vielleicht schönsten Aussicht der Welt. Hoch über den Dächern von Rom.

Tanzen in der S-Bahn, Schlagzeug spielen in der U-Bahn-Station – Straßenmusiker lassen sich immer wieder neue Sachen einfallen, der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Unserer Sendung "Tonart" widmet der Straßenmusik eine kleine Serie.

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