Sternenshow als Actionfilm

Von Jens Wellhöner |
Die Planetarien sind im Umbruch: Die digitale Computertechnik macht es möglich. So kann man als Zuschauer zum Beispiel im so genannten Kieler <papaya:link href="http://www.mediendom.de" text="Mediendom" title="Mediendom" target="_blank" /> durch fremde Galaxien oder auch über den irdischen Ozean reisen, mit 3-D-Effekt und Computer-Animation.
"Willkommen im Mediendom der Fachhochschule Kiel,..."

Die unendlichen Weiten des Weltalls stehen auf dem Programm. Show-Vorführerin Petra Mohr klickt auf einen Knopf auf ihrem Steuerpult. Es wird dunkel im Kieler Mediendom, einem kreisrunden Raum von neun Metern Durchmesser. Jetzt noch schnell die Sitzlehne zurückgeklappt und schon schweift der Blick nach oben. Dort leuchten vor schwarzem Hintergrund Sterne auf, immer mehr. Schließlich strahlt in der knapp fünf Meter hohen Kuppel mitten im Sternenmeer der "Große Wagen" im vollen Glanz. Dann meldet sich wieder die kosmische Reiseleiterin:

"Im Laufe einer Nacht drehen sich die Sterne am Himmel. Wie die Sonne gehen sie im Osten auf, wandern über den Himmel und gehen im Westen unter. Und der Polarstern, weil er uns ja immer zuverlässig die Nordrichtung anzeigt, bleibt stehen."

Und wirklich: Alles wirkt echt im Kieler Mediendom. Durch die Wölbung der Kuppel wird das Himmelsbild dreidimensional. Aber hinter dem schönen Schein steckt eine aufwändige Technik: Eine Illusion aus dem Computer, übertragen von insgesamt sechs Video-Projektoren, die sich rund um die Zuschauerreihen gruppieren. Verantwortlich für die Technik ist Informatiker Markus Schack:

"Das sind Daten-Video-Projektoren. Und dahinter stehen dann sechs Computer, die das Bild generieren mit einer sehr aufwändigen Grafikkarte. Und dann gibt es noch einen siebten Computer, der macht den Ton. Und ein achter sagt den anderen, wie sie das alles zu machen haben."

Der Kuppelhimmel besteht aus sechs Einzelbildern, als Zuschauer sieht man das aber nicht. Die Projektionen überlagern sich perfekt. Durch Computer-Animationen kann man eine Reise im Raumschiff unternehmen, vorbei an fernen Sonnen und Galaxien.

"Die Sterne werden in den Rechner nur als Punkte eingegeben, die eine gewisse Helligkeit haben."

Die Daten über Helligkeit und Position der Himmelskörper stammen aus dem Internet, aus Sternkarten und Bildern der NASA. Das Computersystem des Kieler Mediendoms Digistar braucht eine nicht gerade kleine Menge an Speicherplatz. Markus Schack:

"Der Digistar hat eine Konfiguration von 16 Festplatten a 120 Gigabyte!"

Aber nicht nur entspannte Reisen am Himmelsfirmament bietet das himmlische Spektakel. Nach der Sternen-Show prasselt eine Kaskade grellbunter Bilder auf die Zuschauer nieder:

Alien-Action: Invasion aus dem All heißt die Show. Dreibeinige Stahl-Monster vom Mars steigen dabei scheinbar über den erschreckten Betrachter hinweg:

"Ihr habt geglaubt, allein im Sonnensystem zu sein. Aber ihr habt etwas übersehen!"

Ein Laserstrahl zuckt durch die Dunkelheit. Um die Menschheit zu retten, bekommt ein Zuschauer im Mediendom einen Joystick in die Hand gedrückt. Und darf am Kuppelhimmel Aliens abschießen:
Die neue Show ist eine Mischung aus Computerspiel, Videoclip und Comic-Strip. Dominic Bünning hat sie zusammen mit einem Freund programmiert:

"Unser Wunsch wäre, dass der Zuschauer 45 Minuten lang weggeblasen wird. Von den Bildern und der Musik. Und dass man danach noch in die Kneipe geht und über die Show diskutieren kann."

Laserblitze, rasante Fahrten durch enge Straßenschluchten auf der Flucht vor Außerirdischen: Für ein Planetarium ist eine Show wie Alien Action eher ungewöhnlich. An diesem Abend im Mediendom kommt sie beim Publikum aber an:

"Es war schon ein bisschen bedrohlich. Aber man weiß, dass man hier sicher sitzt. Diese Effekte sind gar nicht vergleichbar mit dem Kino. Es ist ja fast wie 3-D. Überhaupt diese ganze Animation. Gefällt mir sehr gut."

Der Name ist Programm: Im Unterschied zum Planetarium alten Typs sollen hier neue digitale Medien-Techniken ausprobiert werden, erläutert Eduard Thomas, der Direktor des Kieler Mediendoms. Astro-Shows und Naturwunder auf der Erde, wie Regenwälder und Ozeane, sollen die Besucher in den Bann ziehen. Die Kuppel ist dabei der Computerbildschirm. Aber: Im Unterschnitt zum Home-PC erlebt man hier die Multimedia-Welt nie allein:

"Sondern man hat das Gruppenerlebnis, wenn man ins Theater geht. Ich finde, das Wort Theater passt auch sehr schön dazu. Das Gemeinschaftserlebnis, das man zusammen mit anderen bekommt: Das ist einer der wesentlichen Unterschiede zu diesen Bildschirmerlebnissen."

Als Zuschauer ist man am Ende der Shows von der Flut der Bilder und Töne fast wie erschlagen. Noch ein paar Momente tanzen Aliens und Sterne im Kopf herum. Aber dann hört man wieder die sanfte Stimme von Vorführerin Petra Mohr: Und man ist entlassen, aus der schönen, bunten Multimedia-Welt, in 3-D:

"Auf Wiedersehen. Schönen Dank!"