Sterne sammeln und Muskeln lockern
Muskelsteife, zitternde Gliedmaßen, eingeschränkte Mimik - das sind typische Symptome der Parkinsonschen Krankheit. Bremer Informatiker haben jetzt spezielle Computerspiele entwickelt, die eine Bewegungs-Therapie vor dem Fernseher ermöglichen.
Hans Neugebauer spielt heute einmal Sternfänger. Der rüstige 73-Jährige steht in etwa drei Metern Entfernung vor einem großen Bildschirm, auf dem die gelben Sterne nach und nach auftauchen. In der rechten Hand hat er einen Holzstab, an dessen Ende eine Art Plastikkugel befestigt ist. Fast wie ein Orchester-Chef lässt er den Stab durch die Luft kreisen:
"Die Aufgabe ist jetzt diese Sterne zu löschen, und dadurch bekomme ich Bewegung in den rechten Arm, kann es aber auch mit links machen. Ich habe die Gelegenheit mich zu bewegen, und Bewegung ist ja gerade für Parkinson-Kranke unheimlich wichtig. Beine und Arme müssen immer in Bewegung sein. Dann gibt es auch noch Punkte am Ende, je nachdem, wie man die Sterne weg bekommen hat. Man kann es auch tänzerisch ausüben, indem man mit den Sternen den Arm und Körper mitbewegt, und so hat man gleichzeitig eine Bewegung, die zur Lockerung des Körpers dienen soll."
Hinter dem Bildschirm in einem Seminarraum des Bremer Technologiezentrums Informatik sitzt Ronald Meyer an einem Laptop, über das er das Sterne-Spiel startet und überwacht. Der Informatiker hat "Follow the Star" und zwei weitere Spiele gemeinsam mit Kollegen entwickelt. Die Technik der sogenannten Serious Games sei bewusst einfach gehalten, erklärt er. Außer der Software seien nur eine Webcam und je nach Spiel ein bis zwei Spielstäbe notwendig:
"Wir suchen halt in einem Bild von der Kamera nach Farben, wir suchen nach einem Farbmarker und tracken diesen Farbmarker, suchen nach roter Farbe und setzen auf diese Farbe dann mittig einen Cursor."
So werden die Bewegungen der Spieler per Holzstab am Ende auf die jeweilige Spieloberfläche übertragen.
Hans Neugebauer hat inzwischen ordentlich Punkte gemacht beim Sterne-Sammeln und muss jetzt auf dem Bildschirm nervige Fliegen daran hindern, einen Obstkorb zu belagern. Den Stab in der einen Hand nutzt er dabei als Fliegenklatsche, mit dem zweiten Stab wischt er die erlegte Fliege vom Bildschirm.
Von der Spielidee her haben die Serious Games der Bremer Informatiker auf den ersten Blick viel gemein mit Wii, räumt auch Entwickler Ronald Meyer ein:
"Also wir hatten die Wii ausprobiert, und die war einfach zu kompliziert. Also die Spiele, die es für die Wii gibt, sind für die Leute meistens ungeeignet, weil sie dann doch noch sehr viel Feinmotorik erfordern, weil viele Knöpfe gedrückt werden müssen, und weil die Motorik nicht direkt auf die Krankheit zugeschnitten ist. Das war auch eigentlich die große Herausforderung für uns."
Vor 15 Jahren diagnostizierten Ärzte bei Hans Neugebauer die Parkinsonsche Krankheit, die bis heute nicht heilbar ist. Auch wenn man ihm sein Leiden kaum ansieht, so spürt auch der Bremer Rentner die typischen Symptome:
"Die Muskelsteife, die man hat, und dann hat man noch den Tremor, dieses Zittern, was ganz extrem ist. Jeder Parkinson-Kranke hat seine eigene Krankheit, muss man mal so sagen, die sich anders auswirkt. Bei mir geht es noch, ich bin eigentlich noch gut zufrieden."
Auch Iris Sengstacke ist an diesem Nachmittag in die Bremer Uni gekommen, um die Serious Games zu testen. Die Bremer Landesbeauftragte der Deutschen Parkinson-Vereingung hat sich für "Memory Rocks" entschieden: Ein Schimpanse gibt dabei auf dem Bildschirm bestimmte Armbewegungen vor, Iris Sengstacke muss sie in der richtigen Reihenfolge wiederholen - ein Spiel, das neben der Motorik auch die Gedächtnisleistung trainiert. Schon im Alter von 35 Jahren wurde bei der heute 50-Jährigen das Parkinson-Syndrom festgestellt:
"Es gibt da manchmal schon Situationen, wo man geschockt ist, wenn man zum Beispiel an der Kasse steht, und man ist zu langsam, dann nörgeln meist die älteren Menschen, weil sie keine Zeit haben, und Sie werden manchmal auch als Alkoholiker dargestellt im Alltag."
Die Idee, Computer-Spiele für Parkinson-Kranke zu entwerfen, habe im Übrigen ein Bremer Student aus Israel gehabt, erzählt Rainer Malaka, Professor für Digitale Medien. Auch der Schwiegervater dieses Studenten leidet an der Krankheit, war aber wenig motiviert, eine Bewegungstherapie zu machen. Genau hier setzen die Computer-Spiele laut Rainer Malaka an: den berühmten inneren Schweinehund überwinden:
"In dem Projekt räumen wir auch ein bisschen auf mit dem Vorurteil, dass Informatiker nur 'Tackies' sind oder dieser typische 'Nerd', den man sich da so vorstellt. Für Informatiker und vor allem für die, die etwas mit Mensch-Technik-Interaktion machen, und das machen wir bei den digitalen Medien ja immer, ist ganz wichtig, dass die Menschen im Zentrum stehen. Das heißt die Technik soll den Menschen dienen und nicht umgekehrt, nicht: Was finden wir an Technik chic? Sondern: Was brauchen die Menschen eigentlich? Unsere Herausforderung ist häufig, die Technik runter zu fahren, sodass man nachher den Eindruck hat, wenn man das spielt: Das ist ja ganz einfach. Dann haben wir eigentlich fast gewonnen."
Links bei dradio.de
Wie Hirnschrittmacher in der Therapie eingesetzt werden
Leben mit der Parkinsonschen Erkrankung
Reportage Parkinsonschen Erkrankung
Parkinson-Erkrankung
"Die Aufgabe ist jetzt diese Sterne zu löschen, und dadurch bekomme ich Bewegung in den rechten Arm, kann es aber auch mit links machen. Ich habe die Gelegenheit mich zu bewegen, und Bewegung ist ja gerade für Parkinson-Kranke unheimlich wichtig. Beine und Arme müssen immer in Bewegung sein. Dann gibt es auch noch Punkte am Ende, je nachdem, wie man die Sterne weg bekommen hat. Man kann es auch tänzerisch ausüben, indem man mit den Sternen den Arm und Körper mitbewegt, und so hat man gleichzeitig eine Bewegung, die zur Lockerung des Körpers dienen soll."
Hinter dem Bildschirm in einem Seminarraum des Bremer Technologiezentrums Informatik sitzt Ronald Meyer an einem Laptop, über das er das Sterne-Spiel startet und überwacht. Der Informatiker hat "Follow the Star" und zwei weitere Spiele gemeinsam mit Kollegen entwickelt. Die Technik der sogenannten Serious Games sei bewusst einfach gehalten, erklärt er. Außer der Software seien nur eine Webcam und je nach Spiel ein bis zwei Spielstäbe notwendig:
"Wir suchen halt in einem Bild von der Kamera nach Farben, wir suchen nach einem Farbmarker und tracken diesen Farbmarker, suchen nach roter Farbe und setzen auf diese Farbe dann mittig einen Cursor."
So werden die Bewegungen der Spieler per Holzstab am Ende auf die jeweilige Spieloberfläche übertragen.
Hans Neugebauer hat inzwischen ordentlich Punkte gemacht beim Sterne-Sammeln und muss jetzt auf dem Bildschirm nervige Fliegen daran hindern, einen Obstkorb zu belagern. Den Stab in der einen Hand nutzt er dabei als Fliegenklatsche, mit dem zweiten Stab wischt er die erlegte Fliege vom Bildschirm.
Von der Spielidee her haben die Serious Games der Bremer Informatiker auf den ersten Blick viel gemein mit Wii, räumt auch Entwickler Ronald Meyer ein:
"Also wir hatten die Wii ausprobiert, und die war einfach zu kompliziert. Also die Spiele, die es für die Wii gibt, sind für die Leute meistens ungeeignet, weil sie dann doch noch sehr viel Feinmotorik erfordern, weil viele Knöpfe gedrückt werden müssen, und weil die Motorik nicht direkt auf die Krankheit zugeschnitten ist. Das war auch eigentlich die große Herausforderung für uns."
Vor 15 Jahren diagnostizierten Ärzte bei Hans Neugebauer die Parkinsonsche Krankheit, die bis heute nicht heilbar ist. Auch wenn man ihm sein Leiden kaum ansieht, so spürt auch der Bremer Rentner die typischen Symptome:
"Die Muskelsteife, die man hat, und dann hat man noch den Tremor, dieses Zittern, was ganz extrem ist. Jeder Parkinson-Kranke hat seine eigene Krankheit, muss man mal so sagen, die sich anders auswirkt. Bei mir geht es noch, ich bin eigentlich noch gut zufrieden."
Auch Iris Sengstacke ist an diesem Nachmittag in die Bremer Uni gekommen, um die Serious Games zu testen. Die Bremer Landesbeauftragte der Deutschen Parkinson-Vereingung hat sich für "Memory Rocks" entschieden: Ein Schimpanse gibt dabei auf dem Bildschirm bestimmte Armbewegungen vor, Iris Sengstacke muss sie in der richtigen Reihenfolge wiederholen - ein Spiel, das neben der Motorik auch die Gedächtnisleistung trainiert. Schon im Alter von 35 Jahren wurde bei der heute 50-Jährigen das Parkinson-Syndrom festgestellt:
"Es gibt da manchmal schon Situationen, wo man geschockt ist, wenn man zum Beispiel an der Kasse steht, und man ist zu langsam, dann nörgeln meist die älteren Menschen, weil sie keine Zeit haben, und Sie werden manchmal auch als Alkoholiker dargestellt im Alltag."
Die Idee, Computer-Spiele für Parkinson-Kranke zu entwerfen, habe im Übrigen ein Bremer Student aus Israel gehabt, erzählt Rainer Malaka, Professor für Digitale Medien. Auch der Schwiegervater dieses Studenten leidet an der Krankheit, war aber wenig motiviert, eine Bewegungstherapie zu machen. Genau hier setzen die Computer-Spiele laut Rainer Malaka an: den berühmten inneren Schweinehund überwinden:
"In dem Projekt räumen wir auch ein bisschen auf mit dem Vorurteil, dass Informatiker nur 'Tackies' sind oder dieser typische 'Nerd', den man sich da so vorstellt. Für Informatiker und vor allem für die, die etwas mit Mensch-Technik-Interaktion machen, und das machen wir bei den digitalen Medien ja immer, ist ganz wichtig, dass die Menschen im Zentrum stehen. Das heißt die Technik soll den Menschen dienen und nicht umgekehrt, nicht: Was finden wir an Technik chic? Sondern: Was brauchen die Menschen eigentlich? Unsere Herausforderung ist häufig, die Technik runter zu fahren, sodass man nachher den Eindruck hat, wenn man das spielt: Das ist ja ganz einfach. Dann haben wir eigentlich fast gewonnen."
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Parkinson-Erkrankung