Stereotype in neuer "Aladdin"-Verfilmung

Europäische Sicht auf arabische Welt

06:26 Minuten
Naomi Scott und Mena Massoud gehen in einer Szene des Films "Aladdin" durch belebte Gassen, man sieht an den Seiten niedrige Häuser und Straßenhändler.
Die große Errungenschaft des aktuellen "Aladdin"-Films sei die Darstellung von Prinzessin Jasmin als selbstbewusste Frau, sagt Fabian Goldmann. © picture alliance / Everett Collection/ Walt Disney Studios Motion Pictures/ Daniel Smith
Fabian Goldmann im Gespräch mit Shanli Anwar · 27.05.2019
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Der neue "Aladdin"-Film von Regisseur Guy Ritchie stand vor einer großen Herausforderung: Wie umgehen mit rassistischen und sexistischen Stereotypen? Ganz frei davon könne er nicht sein, sagt Islamwissenschaftler Fabian Goldmann.
Die neue "Aladdin"-Verfilmung hat am Wochenende zum Kinostart zahlreiche Zuschauer angezogen. Eine Frage, die für Filmkritiker auch im Raum stand: Wie geht Regisseur Guy Ritchie mit Stereotypen um. Denn die berühmte Disney-Zeichentrick-Version von 1992 wurde wegen zahlreicher eindimensionaler Charaktere kritisiert. "Die arabischen Palastwachen haben in der Disney-Version große kantige Köpfe und treten immer sehr aggressiv auf", nennt Islamwissenschaftler Fabian Goldmann ein Beispiel im Deutschlandfunk Kultur. Im Gegensatz dazu hätten die Sympathieträger Aladdin und Jasmin eher wie amerikanische Jugendliche ausgesehen.
Szene aus dem Disney-Film "Aladdin" von 1992: Jasmin beugt sich über die Balkonbrüstung und guckt Aladdin in die Augen, der als Prinz gekleidet ist.
Aladdin sehe im Zeichentrickfilm eher aus wie ein amerikanischer Jugendlicher, kritisiert Fabian Goldmann.© imago/United Archives
Der aktuelle "Aladdin"-Film habe versucht, diese Fehler nicht zu begehen. Der Hauptdarsteller Mena Massoud sei in Kairo geboren, die Darstellerin der Jasmin (Naomi Scott) habe durch ihre Mutter nicht-westliche Wurzeln. Der Chef der Palastwache dürfe in einer Szene zwischen Gehorsam und Gerechtigkeit abwägen – "so viel Entscheidungsspielraum hatten die Wachen noch nie", sagt Goldmann.

"Aladdin richtete sich immer an ein europäisches Publikum"

Aber die Entstehungsgeschichte des Märchens bedinge immer kulturelle Stereotype. "Aladdin war nie eine authentische Story aus der arabischen Welt", erklärt Goldmann. "Es war immer eine europäische Fantasie, es richtete sich immer an ein europäisches Publikum."
Von daher könne keiner den Anspruch haben, über diese Geschichte ein authentisches Bild einer arabischen Gesellschaft zu erzählen. Die größte Verbesserung in seinen Augen: Die Rolle der Jasmin. "Eine selbstbewusste Frau, die sich in dieser patriarchalischen Umwelt zur Wehr setzen kann und sich selbst bis an die Spitze der Macht emporkämpft", sagt Goldmann. "Das ist das Neueste und vielleicht auch das, was den Film sehenswert macht."

(ske)
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