Sterbender Stern

Von Dirk Lorenzen · 23.02.2007
Große Sterne enden mit einer gewaltigen Explosion - einer Supernova. Der sterbende Stern verabschiedet sich mit einem grandiosen Feuerwerk. Vor 20 Jahren beobachteten Astronomen die hellste Sternexplosion seit 1604.
Der gestirnte Himmel sieht eigentlich immer gleich aus. Schon die alten Griechen haben die uns heute bekannten Sternbilder bestaunt. Doch am 23. Februar 1987 flammte plötzlich ein neuer Stern am Himmel auf, eine Supernova. Ein sterbender Stern war in einem gewaltigen kosmischen Feuerwerk explodiert. Der Astronom John Danziger gehörte zu den Glücklichen, die damals auf der von Europa betriebenen Großsternwarte La Silla in der chilenischen Wüste zu tun hatten:

"Als wir am Nachmittag nach dem Aufstehen zum Tee gingen, verkündete jemand, es sei eine Supernova in der Magellanschen Wolke explodiert. Zunächst hielt ich das für einen Witz. Aber es war schnell klar, dass es stimmt. Und wie allen anderen Astronomen auch, haben mein Kollege und ich dann sofort überlegt, wie wir mit unserem Teleskop am besten die Supernova beobachten können."

Für die Astronomen war das mehr als ein Sechser im Lotto: Zum ersten Mal seit dem Jahr 1604 war eine mit bloßem Auge sichtbare Supernova aufgeleuchtet. Eine solche Chance hatten die Astronomen seit langem herbeigesehnt. Jetzt konnten sie erstmals mit Hightech-Teleskopen einem Stern beim Sterben zusehen.

"Als es dunkel wurde, waren wir oben in der Kuppel am Teleskop. Einerseits wollten wir das Instrument richtig einstellen, um unsere Messungen zu machen. Andererseits wollten wir die Supernova mit bloßem Auge am Himmel sehen. Da jeweils immer nur einer mit dem Teleskop arbeiten kann, war für die anderen also Zeit genug, vom Balkon der Kuppel die Supernova zu bestaunen."

Der sterbende Stern erstrahlte für einige Wochen heller als Milliarden normaler Sterne. Eine halbe Ewigkeit lang hatte dieser Stern normal geleuchtet, während er in seinem Innern leichtere Elemente zu schwereren verschmolzen hatte, so wie es auch die Sonne tut. Doch am 23. Februar 1987 tat sich Dramatisches: Im Innern des Sterns war der Brennstoff verbraucht, sein Feuer verlöschte: Ohne den Druck von innen stürzten die äußeren Schichten des Sterns unter ihrem eigenen Gewicht zusammen und wurden nur Minuten später in einer gigantischen Explosion wieder nach außen geschleudert, erinnert sich John Danziger:

"Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich ein Objekt gesehen habe, das sich während der Beobachtung verändert hat. Die Trümmer des Sterns rasten mit einem Tempo von 30.000 Kilometern pro Sekunde von der Explosion weg. Je länger wir schauten, desto mehr sahen wir auf freigelegte innere Bereiche des Sterns. Es gab dramatische Änderungen innerhalb weniger Stunden."

Die Supernova 1987A, so die offizielle Bezeichnung, bot die einzigartige Gelegenheit, eine enorme Sternexplosion geradezu aus der Nähe zu erforschen. Denn sie ereignete sich nur 170.000 Lichtjahre entfernt in einer kleinen Begleitgalaxie unserer Milchstraße, sozusagen in einem kosmischen Vorort. Doch irgendwann verurteilte die heraufziehende Morgendämmerung die Astronomen in Chile zur Zwangspause:

"Wir gingen zu Bett, waren aber viel zu aufgedreht, um zu schlafen. Am nächsten Tag sind wir viel früher als üblich aufgestanden, um die folgende Nacht zu planen. Der Tee am Nachmittag wurde kurzerhand zum Supernova-Tee. Wir etwa 15 Astronomen haben alle gemeinsam die ersten Ergebnisse diskutiert. So ging das für mich noch sieben Tage - jede Nacht Supernova. Ich kann mich nicht erinnern, beim Beobachten jemals stärker aufgeregt gewesen zu sein als damals. Und das ging sicher allen so auf La Silla."

Im Laufe der folgenden Wochen verblasste die Supernova allmählich. Aber die Reste des Sterns fliegen noch immer auseinander und verteilen sich langsam im Weltraum, von den Astronomen mit großen Teleskopen aufmerksam verfolgt. So ist die Supernova 1987A bis heute das am intensivsten untersuchte Einzelobjekt in den Tiefen des Kosmos.