Steiniger Weg zum Gedenken

Von Herbert Hoven · 09.11.2009
Um das Besucherzentrum der KZ-Gedenkstätte Dachau in diesem Jahr eröffnen zu können, mussten viele politische Hürden genommen werden. Denn die Bewohner der bayerischen Stadt taten sich jahrelang schwer mit der eigenen Geschichte.
"Dieses 'Nie wieder!' muss uns vor allem anspornen, den Ansätzen von Extremismus von links und rechts, von Rassismus, von Unterdrückung von Menschenrecht und Menschenwürde ganz entschieden entgegen zu treten."

64 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau durch amerikanische Truppen und 44 Jahre nach der Errichtung der KZ-Gedenkstätte Dachau, eröffnet der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer am 30. April dieses Jahres das seit Jahrzehnten überfällige Besucherzentrum. In der ersten Reihe: Dachaus Oberbürgermeister Peter Bürgel, CSU, Charlotte Knobloch, die Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, Romani Rose, Vorsitzender des Verbandes deutscher Sinti und Roma, Honoratioren und Eminenzen.

Holzhaider: "Wenn sie jetzt nach Dachau gehen und sich umhören, da sind auch einige, die damals Zeter und Mordio geschrien haben, die sagen heute, nein, was ist das für eine tolle Sache."

Im Foyer des Besucherzentrums können Audioguides ausgeliehen werden, Flyer helfen bei der Orientierung auf dem riesigen Außengelände. Es gibt Informationen zu Sonderausstellungen, Vorträgen und Gottesdiensten. Herausragend ist das Sortiment der "Literaturhandlung" von Rachel Salamander. Seminarräume können angemietet werden und in der Caféteria wird fair gehandelter Kaffee ausgeschenkt. Eigentlich selbstverständlich für eine Gedenkstätte, die jährlich von über 800.000 Menschen aus dem In- und Ausland besucht wird.

Durch regelmäßige Zuschüsse des Bundes können viereinhalb neue Planstellen geschaffen werden. Das ist fast eine Verdopplung des Personals. Was andererseits aber auf einen Skandal hinweist. Denn über Jahrzehnte musste man mit eben vier Planstellen und einigen befristeten Zeitverträgen die viele Arbeit bewältigen.

"Um unser unstetes Leben in Ravensbrück zauberhaft zu erheitern,
werden wir immer wieder Lieder singen und Gedichte aufsagen.
Hier ist alles widerwärtig, düster, reizlos,
selbst der feindliche Himmel ist trostlos und hängt so tief,
dass er auf unseren Herzen lastet wie ein schwerer Deckel.
Aber der entsetzliche Albtraum, der uns umgibt,
wird schwächer, verliert an Heftigkeit, ja lässt sich vergessen
angesichts des süßen Zaubers der Brüderlichkeit.
In den Klängen der Lieder unserer französischen Heimat
vergessen wir ein wenig die Last der Leiden,
die man uns aufbürdete im Land des Exils."


Ein Gedicht von Mado Barre, aus dem Gedächtnis aufgeschrieben von Renée Lacoude im KZ Ravensbrück im September 1944, aufgezeichnet von Monika Böck im August 2004 als Teil ihrer Facharbeit Französisch am Josef-Effner-Gymnasium in Dachau.

"Fern von uns sind da Sorgen, Leiden und Gefahren, vergessen
das grauenhafte Strafestehen im Regen, nicht anders behandelt
als Müll, den man wegwirft."


Seit 10 Jahren gibt es in der KZ-Gedenkstätte Dachau das Projekt "Gedächtnisbuch". Die Sammlung umfasst Biografien ehemaliger Häftlinge, aufgeschrieben von Schülern, Studenten und Rentnern aus Dachau. 140 solcher "Lebensbilder" liegen inzwischen vor. Aber auch dieses inzwischen international anerkannte Projekt kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die 35.000 Einwohner zählende Stadt Dachau, nordöstlich von München gelegen, noch bis in die jüngste Gegenwart hinein große Probleme mit der Erinnerung an ihre eigene Geschichte gehabt hat.

"Als ich nach Dachau kam, im Frühjahr '78, führte mich einer meiner ersten Wege in die Gedenkstätte. Man muss dazu wissen, sie liegt relativ weit außerhalb der Altstadt. Sie gehörte damals während der Nazi-Zeit ja auch noch nicht zur Stadt Dachau. Es war eine eigene Gemeinde, Prittelbach, das ist wichtig. Noch heute sagen viele alte Dachauer, dass KZ war ja nicht in Dachau, das war in Prittelbach."

Hans Holzhaider ist heute Gerichtsreporter bei der Süddeutschen Zeitung in München. 1978 geht er für dieselbe Zeitung als Lokalredakteur nach Dachau.

"Jedenfalls ich ging relativ schnell dort hin, weil ich dachte, dass das für einen Lokalredakteur eine außerordentlich spannende Sache ist, wenn er eine solche Institution in der Stadt hat, aus der er täglich zu berichten hat. Und es hat sich auch so bewahrheitet, nur in einer etwas anderen Weise als ich es voraus gesehen hatte."

Distel: "Man hat sich immer bemüht, an das andere, an das gute, an das bessere Dachau zu erinnern, die Künstlerkolonie um die Jahrhundertwende, aber mit der Erinnerungsarbeit wollte man absolut nichts zu tun haben."

Bis Juli 2008 leitet die Historikerin Barbara Distel die KZ-Gedenkstätte Dachau.

"Die Mehrheitsgesellschaft in dieser Kleinstadt hat die Gedenkstätte immer als einen Vorwurf gegen die Stadt Dachau empfunden und war immer ablehnend den Besuchern gegenüber, der Einrichtung gegenüber."

Holzhaider: "Und das kam aus der Angst oder aus dem Empfinden, dass die Dachauer sozusagen stellvertretend als Sündenbock für alle Deutschen die ganze Last der sogenannten Vergangenheitsbewältigung, alles was die Welt sozusagen gegen Deutschland hat, auf Dachau ablädt, weil eben Dachau der Standort des ersten deutschen Konzentrationslagers war."

Im Frühjahr 1933 errichten die Nazis hier das erste KZ auf deutschem Boden. Während des Dritten Reiches waren dort 200.000 Menschen inhaftiert, über 40.000 von ihnen sind ermordet worden: Juden, Kommunisten, Sozialdemokraten, Homosexuelle, Sinti und Roma, katholische und evangelische Geistliche.

Reitmeier: "Die große Masse sieht, Dachau ist identisch mit dem KZ-Terror, während Dachau und die 35.000 Bürger, die da wohnen, verständlicherweise Wert darauf legen, dass die große, 1200-jährige Geschichte Dachaus mit diesen zwölf Jahren allein nicht verwechselt wird."

Lorenz Reitmeier, 30 Jahre lang, von 1966 bis 1996, Oberbürgermeister von Dachau.

Holzhaider: "Die Dachauer hatten immer das Gefühl, wo immer sie in der Welt hinkommen, dass sie sozusagen ständig das Stigma Dachau auf der Stirn tragen. Dass sie mit ihrem Dachauer Autokennzeichen, 'DAH' stand auf den Dachauer Autokennzeichen, scheel angeschaut werden, in der Wirtschaft schlecht bedient werden und dass ihnen die Autoreifen aufgestochen werden. Es hat bestimmt irgendwann mal einen Fall gegeben, wo einem Dachauer ein Autoreifen aufgestochen worden ist, ist anderen Leuten auch passiert, aber die Dachauer haben das darauf zurück geführt, dass sie sozusagen die Last der Vergangenheit tragen. Und das war ein Gefühl tiefer Erbitterung bei vielen. Das kann man wirklich so sagen."

Distel: "Es gab, ich glaube, es war im Jahr 1980, einen Hungerstreik einer Gruppe von Sinti in der Gedenkstätte Dachau, die auf die fortwährende Diskriminierung der verfolgten Sinti und Roma aufmerksam machen wollten und das war eigentlich der Auftakt für die Thematisierung der Verfolgung der Zigeuner. Und nach Abschluss dieses Hungerstreiks wollte der Verband der deutschen Sinti in Dachau ein Kulturzentrum errichten. Auch dies ist mit größtem Widerwillen abgelehnt worden vom Stadtrat. Schließlich, viele Jahre später, ist in Heidelberg dieses Kulturzentrum der deutschen Sinti entstanden. Aber das war sozusagen ein Reflex."

Holzhaider: "Es gab eine Beschlussvorlage des Oberbürgermeisters Reitmeier an den Stadtrat, warum man dieses Kulturzentrum ablehnen sollte und da stand wörtlich drin: Die Dachauer haben wirklich großes Verständnis für die Probleme der Sinti, denn die Dachauer sind selbst eine kleine verfolgte Minderheit und können deswegen gut nachvollziehen, wie es den Sinti geht und sie bitten die Sinti inständig, mit ihrem nachvollziehbaren Wunsch doch bitte nicht nach Dachau zu gehen, und den Dachauern zusätzlich zu dieser Gedenkstätte noch eine neue Belastung aufzuerlegen. Es gab andererseits auch eine ganze Menge außerordentlich engagierter Leute, vor allem junge Leute in den Jugendvereinen, im Bayerischen Jugendring, auch Leute, die lange Zeit im Ausland gelebt hatten und dann nach Dachau zurückkamen, da gab es schon viel Engagement, aber das hatte gegen das Etablierte viele Jahre keine Chance."

Hans Holzhaider und Barbara Distel gehören mit Senta Berger, Inge Aicher-Scholl, Hildegard Hamm-Brücher, Ralph Giordano sowie Bruno Kreisky, dem ehemaligen österreichischen Bundeskanzler, zu den über 100 prominenten Persönlichkeiten, die am 25. November 1984 den "Förderverein Internationale Jugendbegegnungsstätte Dachau e. V." gründen.

Distel: "Im Jahr 1980 ist in Auschwitz der Grundstein für eine Internationale Jugendbegegnungsstätte gelegt worden. Das war auch ein schwieriger Weg unter den damaligen politischen Verhältnissen, aber die Idee, in Auschwitz so etwas zu errichten, hat dazu geführt, dass man auch in Dachau gesagt hat, ja, in Dachau kommen jedes Jahr mehrere 100.000 junge Leute aus allen Ländern der Erde. Es gibt keine Möglichkeit, länger an diesem Ort zu bleiben, es gibt keine Jugendherberge, es gibt kein billiges Hotel, kein Jugendhaus - man braucht so etwas eigentlich auch in Dachau."

Jährlich besuchen ungefähr 6.000 deutsche und ausländische Schulklassen das Konzentrationslager. Hinzu kommen noch etwa 500 Jugendgruppen, von der katholischen Pfadfinderschaft bis zur Gewerkschaftsjugend, die sich vor Ort mit den Gräueln des Dritten Reichs auseinandersetzen wollen.

Holzhaider: "Die kamen rein, gingen da zwei Stunden rum, gingen wieder raus, standen an der Bushaltestelle und wussten nicht, wohin mit ihren Gefühlen. Und deswegen haben wir gesagt, man muss hier irgendwas schaffen, wo solche Gruppen die Möglichkeit haben hinzugehen, auszuruhen, sich zu unterhalten, Leute zu treffen, die ihnen weiter helfen können. Und wir dachten eigentlich, dass das eine ganz tolle Sache wäre und dass es niemanden auf der Welt geben könnte, der da irgendetwas dagegen hätte. Was soll man denn dagegen haben, wenn junge Leute nach Dachau kommen und sich hier informieren?"

Erste Überlegungen für eine Jugendbegegnungsstätte gehen zurück auf das Jahr 1966, als die Evangelische Kirche und die Aktion Sühnezeichen den Gedanken einer solchen Begegnungsstätte entwickeln, aber über 20 Jahre vergeblich versucht haben, dem Stadtrat von Dachau das Zugeständnis für ein Jugendwohnhaus mit Seminarräumen abzuringen.

Jugendlicher: "Meine Erfahrung ist, dass die Gruppen zunächst einmal überhaupt keine Fragen stellen, dass die Leute erst einmal fassungslos sind."

Auch der 20-jährige Dieter Boldt gehört Mitte der 1980er-Jahre zu einer Gruppe Dachauer Jugendlicher, die Führungen über das KZ-Gelände durchführen.

"Und da wäre es dann auch extrem notwendig, dass die Leute vielleicht eine Nacht drüber schlafen könnten und dann noch mal vor Ort sich intensiv damit befassen könnten, um dann ihre Fragen zu formulieren, und dass man dann gemeinsam versucht, Antworten zu finden. Und das ist in meinen Augen nur möglich, wenn man eine Jugendbegegnungsstätte errichtet. Dass man dann halt Zeit hat, dies zu verarbeiten und auf Fragen Antworten zu finden."

Die Jugendlichen, die nicht aus Oberbayern kommen, quartieren sich zum Beispiel in den Jugendherbergen Münchens ein, andere verkürzen ihren Besuch in Dachau auf wenige Stunden, um abends wieder zu Hause zu sein. In jedem Fall sind sie allein gelassen mit ihren Eindrücken und Gefühlen.

Distel: "Die Gedenkstätte ist eine Negativeinrichtung für die Stadt und ein solches Kulturzentrum wäre auch eine Negativeinrichtung für die Stadt und der Reflex war auch gegen die Idee einer Internationalen Jugendbegegnungsstätte: Um Gottes Willen, eine zweite Negativeinrichtung für die Stadt. Und man hat wirklich mit den haarsträubendsten Argumenten dagegen argumentiert."

"Falls ein Bedürfnis für die Errichtung einer internationalen Jugendbegegnungsstätte in Zusammenhang mit der Aufklärung über die Schrecken des Nationalsozialismus gesehen wird, sollte eine solche internationale Jugendbegegnungsstätte in einer größeren Stadt errichtet werden, die diese nationale Aufgabe besser zu erfüllen vermag als die Stadt Dachau, die seit Kriegsende schwer an der Bürde trägt, die ihr durch die Errichtung des ersten Konzentrationslagers auf deutschem Boden von dem verbrecherischen NS-Regime aufgeladen wurde…"

…heißt es im Stadtratsprotokoll vom 13. Oktober 1987.

Holzhaider: "Es gab Dachauer, die haben ihre Kinder in München zur Welt gebracht, damit in der Geburtsurkunde der Kinder nicht Dachau stehen muss. Weil sie fest davon überzeugt waren, dass das im Leben ein Nachteil ist, wenn man irgendwo hinkommt und sagt, ich bin aus Dachau, ah, Dachau, KZ."

Trotzdem oder gerade deshalb.

Distel: "Man kann durchaus sagen, dass die bayerische Staatsregierung, ich würde das so sagen, beschlossen hat, dass man den negativen Schlagzeilen ein Ende setzen muss. Es hat sich ja dann nicht beschränkt auf die Dachauer Medien. Wenn in der ZEIT dann eben stand, dass der CSU-Fraktionsführer im Dachauer Stadtrat sagt, wir werden bis zum letzen Blutstropfen gegen diese Einrichtung kämpfen..."

"...uns bis zum letzten Blutstropfen zur Wehr setzen und mit aller Kraft eine Jugendbegegnungsstätte in unserer Stadt zu verhindern suchen..."

"...dann ist es einfach kein gutes Bild, was sich bietet. Es hat ausländische Berichterstattungen gegeben, es hat israelisches Interesse gegeben und es ist dann dieses Bild entstanden, also diese Stadt Dachau, die eben nichts mit der Vergangenheit zu tun haben will."

Holzhaider: "Es gab Interventionen von Senatoren aus den USA und von allen möglichen Leuten. Wenn so einer beim Strauß angerufen hat, dann war das nicht so ganz einfach. Irgendwann kam dann auch von der Landes-CSU sozusagen das Signal, Leute, spreizt euch nicht länger, jetzt machen wir das. Von da an bröckelte der Widerstand."

Distel: "Und dann hat man im Bayerischen Landtag einen Beschluss gefasst, dass der Freistaat ein staatliches Jugendgästehaus in Dachau bauen wird und die Stadt das Grundstück zur Verfügung stellen wird und es eine Stiftung geben wird, die sich aus dem Freistaat, aus der Stadt Dachau und aus dem Landkreis zusammensetzt."

1991 wird die "Stiftung Jugendgästehaus Dachau" als Träger der Begegnungsstätte gegründet. 1996 wird der Grundstein gelegt und am 4. Mai 1998 wird das Jugendgästehaus offiziell eröffnet.

Jugendliche: "Für das Haus und für mich ist es besonders wichtig, dass man mehr machen kann. Das man ein Tagesseminar machen kann, dass man mehr machen kann als nur zwei Stunden über die Gedenkstätte hetzen und dann geht man wieder nach Hause und sind alle umgepolt. - Das geht nicht."

Distel: "Ich muss sagen, dass ich gar nicht mehr an die Verwirklichung geglaubt habe. Wenn sie Jahr und Tag einfach nicht weiter kommen in der Diskussion, dann verliert man fast die Hoffnung, dass ein Haus gebaut wird. Und ich hab’ immer empfunden, dass der Weg da das Wichtigste ist."

Holzhaider: "Wenn es diesen Verein nicht gegeben hätte, dann hätte es diese Einrichtung nicht gegeben. Von alleine wären die nie drauf gekommen, so was zu machen. Das heißt, es war diese lange, ganz beharrliche und dieser nie nachgebende Dorn im Fleisch der Dachauer, der dann irgendwann mal zu einer Änderung geführt hat. Man muss allerdings sagen, es wäre auch nicht gegangen, wenn nicht so viel Zeit vergangen wäre. Denn dass es in Dachau möglich wurde, das hing auch mit dem Ablauf der Zeit zusammen. Das hing damit zusammen, dass eine bestimmte Schicht von Kommunalpolitikern irgendwann einfach abgetreten ist, altersmäßig, und dass andere nachkamen, die das anders gesehen haben."

Einstimmig beschließt zum Beispiel im Jahr 2005 der Dachauer Stadtrat, dass der Kölner Bildhauer Gunter Demnig zum Gedenken an die aus Dachau vertriebenen Juden seine "Stolpersteine" in der Gemeinde verlegen darf. Und im Katalog zu einer Dachau-Ausstellung in Atlanta, in den USA, schreibt Oberbürgermeister Peter Bürgel, CSU:

"Dachau will eine Stadt des Friedens und ein Ort des Lernens und der Erinnerung für die Jugend der Welt sein. Das ist ihre oberste Verpflichtung aus der Geschichte."

Zurzeit bemühen sich Peter Bürgel und sein israelischer Kollege Moshe Sinai, Bürgermeister der Stadt Rosh HaAyin, um eine Annäherung der beiden Kommunen. Geplant ist ein regelmäßiger Jugend- und Studentenaustausch. Bis zu einer Städtepartnerschaft ist es allerdings noch ein weiter Weg.

Holzhaider: "Mir war das am Anfang nicht bewusst, welche Ressentiments da zwischen der Stadt und zwischen den Kommunalpolitikern und dieser Gedenkstätte bestehen. Man muss ja auch sehen, in Dachau hat nie jemand das Wort Gedenkstätte gesagt, sondern immer noch das KZ. Wenn man da runter ging, dann ging man ins KZ und nicht etwa in die Gedenkstätte. Und ich war, muss ich sagen, bass erstaunt, als dann bei verschiedenen Gelegenheiten mir klar wurde, welche Ängste und welche Frustrationen und welche Neurosen fast, könnte man sagen, für die Dachauer mit diesem Ort verbunden sind. Ich konnte das lange Zeit nicht verstehen. Allmählich ist mir bewusst geworden, dass das nichts mit Reaktion und nichts mit Revanchismus zu tun hat, sondern dass das ein echtes Lebensgefühl ist, auch wenn es sich, ja, möglicherweise aus Fiktionen gespeist hat."

"Wir tragen unsere Freude an diesen düsteren Ort,
während die Natur erstaunt in Gram versinkt
und den Zauber der Vögel vom Lager fernhält
und unter dem schweren Flug der Raben erzittert."


Quellenhinweis

Der literarische Text wurde mit freundlicher Genehmigung des Verlages entnommen aus:
Sabine Gerhardus und Björn Mensing (Hrsg.): Namen statt Nummern.
Dachauer Lebensbilder und Erinnerungen.
Evangelische Verlagsanstalt Leipzig 2009.