Steinbrück, die SPD und die Rentendiskussion

Von Christel Blanke, Hauptstadtstudio Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur |
Die Kavallerie muss nicht immer ausreiten, manchmal reicht es, wenn die Indianer wissen, dass sie da ist. Mit diesem Spruch hat Finanzminister Peer Steinbrück unlängst die Schweiz verärgert. Aber er lässt sich auch wunderbar auf die SPD und ihn selbst anwenden. Die Sozialdemokraten müssen sich immer gewiss sein, dass die Kavallerie in Gestalt ihres Vize-Vorsitzenden Steinbrück stets einsatzbereit ist. Manchmal zügelt sie die Pferde noch ein wenig, aber dann bricht sie mit voller Macht los.
Warum hat der Finanzminister die Rentengarantie nicht gegeißelt, als sie Anfang Mai vom Kabinett, dessen Mitglied er doch ist, beschlossen wurde? Warum erst an dem Tag, an dem sie mit dem Beschluss des Bundesrates die letzte parlamentarische Hürde nahm? Wahrscheinlich hat Steinbrück sich so lange darüber geärgert, dass sein Haushalt weiter belastet werden soll, dass der Druck im Kessel einmal mehr zu groß wurde.

Und schon ist sie wieder dahin - die mühsam errungene Geschlossenheit der SPD. Da hatte sie mit der Atomdebatte endlich ein Wahlkampfthema gefunden, hinter das sie sich hätte versammeln können - und nun erscheint sie wieder wie über weite Strecken dieser Legislaturperiode: zerstritten.

Wohl auch mit Blick auf die für seine Partei schlechten Umfragewerte hatte Arbeitsminister Olaf Scholz die Rentengarantie ersonnen. Die Union sah ebenfalls das Wählerpotential und schon war das Projekt verabschiedet. Der CDU könnte es vielleicht auch nutzen. Der SPD nun wohl nicht mehr.

Peer Steinbrück schert sich wenig um das, was die Genossen denken. Wenn er sich ärgert, poltert er los. Wahlkampf hin oder her. Wo ist die angekündigte enge Abstimmung des Spitzenteams Steinmeier, Müntefering, Steinbrück? Gar nichts war abgestimmt, wenn man hört, wie abwiegelnd Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier auf Steinbrücks Rentengarantiekritik reagierte. Der Steinbrück habe es ja gar nicht so gemeint, und irgendwie auch Recht und der Olaf Scholz aber auch. Klare Kante hört sich anders an.

Bei 21 bis 25 Prozent sehen die Wahlforscher die SPD zurzeit. Und trotzdem zeigt sich die Parteispitze optimistisch. Im August solle die Aufholjagd losgehen, verkündete sie vergangene Woche. Parteichef Franz Müntefering empfahl der Kanzlerin sogar, schon einmal die Umzugskisten zu packen. Doch die kann sich entspannt zurücklehnen, so lange die SPD mit sich selbst streitet.

Peer Steinbrück hat das Zeug zum Wahlkämpfer. Gerade weil er kein Blatt vor den Mund nimmt, hören die Menschen ihm zu. Sein Talent als Redner muss er einsetzen, um zu erklären, wie die SPD die Zukunft gestalten will. Wie sie den Schuldenberg abbauen und dabei dafür sorgen will, dass die Lasten gerecht verteilt werden. Die Frage, wie die Rentengarantie bezahlt werden soll, gehört da natürlich dazu und muss seriös beantwortet werden. Dass die SPD das kann, glaubt nun wohl aber niemand mehr. Und dass die Renten sicher sind, auch nicht.