Steigende Mieten, weniger Sozialwohnungen

Arm, allein, wohnungslos

Ein Bettler, eingemummt in eine dicke Jacke,Pelzmuetze und Decke, sitzt bei bissiger Kaelte auf der Brücke vor dem Hauptbahnhof in Berlin.
Ein Bettler eingemummt in eine dicke Jacke sitzt am Berliner Hauptbahnhof. © imago/Winfried Rothermel
Von Panajotis Gavrilis · 14.02.2019
Die Zahl der Wohnungslosen wird mittlerweile auf über eine Million geschätzt. Wer nur sechs Euro pro Quadratmeter zahlen kann, hat kaum eine Chance auf dem angespannten Wohnungsmarkt.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) schätzt, dass die Anzahl der Wohnungslosen in Deutschland seit zehn Jahren steigt. Im Jahr 2016 hatten ca. 860.000 Menschen keinen mietvertraglich abgesicherten eigenen Wohnraum, so die BAG W. Von ihnen kommen knapp über 50.000 aus anderen EU-Staaten.
440.000 Wohnungslose sollen dabei geflüchtete Menschen mit einem anerkannten Schutzstatus sein. Aber auch ohne sie steige die Zahl. Das sagt die Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, Werena Rosenke:
"Besonders anfällig sind arme Menschen, die kaum soziale Netze haben, und bei denen noch ein Schicksalsschlag dazukommt, wie zum Beispiel eine Trennung oder Scheidung und bei Frauen häusliche Gewalt."

Keine bezahlbaren Wohnungen

Laut BAG W könnte die Zahl der Wohnungslosen mittlerweile auf über eine Million geklettert sein. Was die Wohnungslosigkeit angeht, gibt es nur geschätzte Zahlen, da es in Deutschland noch keine bundeseinheitliche Statistik gibt.
Dabei bedeutet wohnungslos nicht gleich obdachlos. Ein Hauptgrund für die steigende Zahl ist, dass bezahlbare Wohnungen knapp seien – vor allem für Menschen mit geringem Einkommen, so der Stadtsoziologe Andrej Holm:
"In den Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern fehlen im Moment 1,9 Millionen Wohnungen zu leistbaren Mietpreisen."
Der Bund stellt den Ländern von 2018 bis 2021 rund fünf Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung. Damit sollen 100.000 sozialgebundene Wohnungen entstehen.
Das reiche nicht aus, wirft BAG W- Geschäftsführerin Werena Rosenke der Bundesregierung vor:
"Wir brauchen neben preiswerten Wohnungen auch Förderprogramme für Präventionssysteme vor Ort, die auch der Bund initiieren könnte."

Angespannter Wohnungsmarkt

Der baupolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Kai Wegner, weist den Vorwurf zurück, dass die Bundesregierung zu wenig gegen Wohnungslosigkeit tue.
Er sieht vor allem die Länder in der Pflicht. Sie seien letztendlich für den Bau von Sozialwohnungen sowie für die Beratung und die Unterbringung von Wohnungslosen zuständig:
"Wir nehmen für die soziale Wohnraumförderung und die Eigentumsförderung viel Geld in die Hand und wollen jetzt auch den frei finanzierten Wohnungsbau fördern – das heißt auch Mietpreise zwischen acht und zehn Euro pro Quadratmeter."
Menschen, die sich aber maximal sechs Euro pro Quadratmeter leisten können, könnten auf dem sowieso schon angespannten Wohnungsmarkt kaum mithalten, schätzt Werena Rosenke von der BAG W.
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