Stefano Mancuso: Aus Liebe zu den Pflanzen, Geschichten von Entdeckern, die die Welt veränderten
aus dem Italienischen von Christine Ammann
Kunstmann, München 2017
176 Seiten, 22 Euro
Pflanzenentdecker, die die Welt veränderten
Leonardo da Vinci, Johann Wolfgang von Goethe, Gregor Mendel: Drei prominente Pflanzenliebhaber, die zwar bekannt sind, jedoch nicht als Botaniker. Um sie und andere "Außenseiter" in der Pflanzenwelt geht es in dem Buch "Aus Liebe zu den Pflanzen" von Stefano Mancuso.
Nicht immer sind es die hoch geachteten Koryphäen an den Universitäten, die die Wissenschaft voranbringen. Oft liefern Amateure, die außerhalb akademischer Hierarchien forschen, die besten Ideen. Vor allem in der Pflanzenkunde trugen fachfremde Querdenker wesentlich zum Fortschritt der Wissenschaft bei.
Lebendig, leicht verständlich und übersichtlich fasst Stefano Mancuso die Lebensläufe von zwölf Außenseitern zusammen. Sie forschten aus Liebe zu den Pflanzen - und nicht, um eine Karriere in der Wissenschaft zu machen. Sie blieb ihnen verwehrt aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Ausbildung oder ihrer Ansichten. Einige dieser "Pfanzenliebhaber" sind zwar bekannt, nicht jedoch als Botaniker.
Leonardo da Vinci etwa verdiente seinen Unterhalt als Maler und Ingenieur, studierte aber immer wieder ausdauernd den Aufbau von Pflanzen. Oder Johann Wolfgang von Goethe suchte nach einer Urpflanze, die alle Eigenschaften der Botanik in sich vereinigt. Er selbst sah sich eher als Naturforscher denn als Dichter.
Während einige der beschriebenen Amateure die Botanik tatsächlich nebenher als Hobby betrieben, wären andere gerne den direkten Weg in die professionelle Wissenschaft gegangen. Zu ihnen gehörte George Washington Carver, dem als Schwarzer und Sohn von Sklaven in den USA des 19. Jahrhunderts viele Türen verschlossen blieben. Von Gleichberechtigung konnte auch nach der Sklavenbefreiung keine Rede sein.
Gute Argumente gegen das Spezialistentum
Trotz aller Hindernisse erforschte Carver als Lehrer für Landwirtschaft neue Anbaumethoden für Baumwolle und andere Nutzpflanzen. Schließlich war er es, der die Erdnuss auf die Felder und die Teller der Amerikaner brachte.
Ein noch bekannterer Außenseiter war Gregor Johann Mendel. Als Mönch lebte er in einem Kloster. Er unterrichtete Schüler, betete, feierte die Messe und kümmerte sich um den Klostergarten. Seine Liebe aber gehörte der Naturwissenschaft, und so nutzte er seine Zeit im Garten, um Züchtungsexperimente mit Erbsen durchzuführen. Als er dann seine Ergebnisse der Fachwelt präsentieren wollte, wurde er jedoch nicht ernst genommen.
Die Koryphäen an den Universitäten hielten die von ihm entdeckten Gesetzmäßigkeiten für einen Sonderfall, der nur bei Erbsen gelte. Niemand erkannte, dass Mendel im Klostergarten grundlegende Gesetze der Vererbung erkannt hatte. Erst lange nach seinem Tod fanden die Mendelschen Regeln ihren Platz in den Lehrbüchern.
Stefano Mancuso reiht Lebensläufe, Zitate und Anekdoten von Außenseitern der Botanik aneinander. So liefert er gute Argumente gegen das Spezialistentum, das heute den Wissenschaftsbetrieb stärker denn je beherrscht. Zwar gehört er selbst als Botanik-Professor an der Universität Florenz zu den Berufsforschern. Unter seinen Fachkollegen gilt er jedoch auch als Außenseiter.
Denn Mancuso interessiert sich für die Sinne der Pflanzen und ihre Intelligenz. Das sorgt nicht selten für Kopfschütteln im Kollegenkreis. Kein Wunder also, dass es seiner Meinung nach an der Zeit ist, die Botanik aus den Händen der Molekularbiologen zu befreien, damit auch heute Amateure und Außenseiter die Wissenschaft bereichern können. Sein Buch ist ein schöner Beweis dafür, wie wichtig und sinnvoll das tatsächlich ist.