Stefan Klein: "Boko Haram: Terror und Trauma"

Verschleppt, aber nicht vergessen

19:00 Minuten
Eine Gruppe von Kopf bis Fuß verhüllter Schulmädchen.
Aus den Fängen von Boko Haram befreite Schulmädchen aus dem Norden Nigerias warten darauf, den nigerianischen Präsidenten zu treffen. © AFP / Philip Ojisua
Stefan Klein im Gespräch mit Anne Françoise Weber · 20.10.2019
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Boko Haram nahm sie als Geiseln: Über drei Jahre waren Schülerinnen aus dem nigerianischen Dorf Chibok in der Gewalt der Terrororgansiation. Der Journalist Stefan Klein schildert ihren Leidensweg – von der Entführung bis zur schwierigen Rückkehr.
Hunderte von Schulen hat Boko Haram in Nigeria und den Nachbarländern bereits niedergebrannt, Lehrer und Schüler ermordet, vertrieben oder gefangen genommen – immer im Kampf gegen westliche Bildung, die den Islamisten als Ursache allen Übels gilt.
Der frühere Afrika-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung, Stefan Klein, hat den prominentesten Fall, die Entführung von 276 Schülerinnen aus Chibok, aufgegriffen und mit einigen von ihnen gesprochen. Denn etwa die Hälfte der Mädchen ist inzwischen zurück in Freiheit.

Warum verfängt die Ideologie der Terroristen?

In seinem Buch "Boko Haram: Terror und Trauma" erklärt Klein auch, warum die Ideologie der Terroristen bei manchen Menschen in Nigeria auf fruchtbaren Boden fällt:
"Als trauriger Beweis dafür, was westliche Bildung anzurichten vermag, gilt vielen die ebenso scham- wie gewissenlos sich bereichernde politische Elite des Landes. Insofern trifft die Kampagne von Boko Haram durchaus einen Nerv, wenngleich sie andererseits in ihrer maßlosen, gewaltsamen Form überwiegend auf Ablehnung und Grauen stößt."
Porträt des Journalisten und Buchautors Stefan Klein, im Hintergrund das Meer
Die Empörung vieler Nigerianer über korrupte politische Eliten bringe Boko Haram Sympathien ein, beobachtet der Journalist Stefan Klein.© privat
Im Gespräch berichtet Klein, wie ein Teil der Geiseln Strapazen und Misshandlung überstanden hat und warum die Terroristen den Versuch aufgaben, sie zu ihrem fundamentalistischen Islam zu bekehren.

Manche Mädchen wechseln auf die Seite der Entführer

Er erzählt von dem Mediator, der schließlich den Austausch der Mädchen gegen Boko-Haram-Kämpfer erreichen konnte, und von den Aktivistinnen der "Bring Back Our Girls"-Bewegung. Sie wollen nicht aufgeben, bis auch das Schicksal der weiterhin verschwundenen 112 Mädchen geklärt ist. Einige unter ihnen, das hat Klein von Geretteten erfahren, haben mittlerweile die Seiten gewechselt und die Ideologie von Boko Haram angenommen.

Stefan Klein: Boko Haram: "Terror und Trauma. Die entführten Mädchen von Chibok erzählen"
Verlag Antje Kunstmann, München 2019
240 Seiten, 20 Euro

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