Steckdosen mit Köpfchen

Von Lutz Reidt |
Ist die Waschmaschine schon fertig? Das kann man in Zukunft herausfinden, ohne in den Keller zu laufen: Wissenschaftler am Fraunhofer Institut in Kaiserslautern haben eine intelligente Steckdose entwickelt, die per W-LAN mit den Haushaltsgeräten verbunden ist. Und sie ist so gut wie serienreif.
Monika Schapert: „Ich habe zwei kleine Kinder, ich wasche sehr viel, ich habe mehr als sieben Maschinen die Woche und ich wüsste sehr gerne: Wann ist meine Waschmaschine fertig?“

Monika Schapert ist Hausfrau, Mutter und Wirtschaftsingenieurin am Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik in Kaiserslautern. Die Forscherin hat eine „Funksteckdose mit Köpfchen“ mitentwickelt, mit der sie ihre Waschmaschine im Keller in das heimische W-LAN-Netz einbinden kann. Über Funk signalisiert die Steckdose den jeweiligen Status des Waschvorgangs:

Monika Schapert: „Damit kann ich den Stromverbrauch sehen. Ich kann jetzt inzwischen an meinem Computer sehen: Ist die Waschmaschine gerade am Schleudern? Damit erspare ich mir Gänge in den Keller. Sonst bin ich zu früh oder zu spät da.“

Eine kleine Arbeitserleichterung, doch die Funksteckdose kann noch mehr. Mathias Dalheimer hält jetzt in seinem Büro am Fraunhofer-Institut einen Prototyp in der Hand. Im schlichten Schwarz, kaum größer als der Trafo einer Wandlampe, sieht er aus wie ein handelsüblicher Zwischenstecker.

Problemlos kann der Wirtschaftingenieur das Gerät in einer Mehrfach-Steckdose auf seinem Schreibtisch versenken, ohne die benachbarten Dosen zu blockieren. Nun lässt sich jeder beliebige Stecker eines elektronischen Gerätes mit der Funksteckdose verbinden:

Mathias Dalheimer: „Da ist ein kleines Messgerät drin, so dass ich auch messen kann, was der Verbraucher, den ich da anschließe, an Strom verbraucht; und da ist ein Funkinterface drin und ein bisschen Elektronik, um das Ganze intelligent zu machen. Die sind auch so gebaut, dass die Signale sich gegenseitig verstärken. Also, wenn ich eine Steckdose habe, die nicht mehr in Reichweite von meiner Zentrale ist, kann ich zwischendrin noch mal eine Steckdose ´reinstecken und das würde dann quasi das Signal verstärken und so die Übertragung sicherstellen.“

Die Funksteckdosen sind W-LAN-fähig und lassen sich somit ins heimische Computer-Netzwerk einbinden. Das ist der große Unterschied zu den anderen sogenannten „Hausbus-Systemen“, die es bereits am Markt gibt:

Mathias Dalheimer:"Die etablierten Systeme bauen halt im Prinzip eine Parallelwelt auf. Wenn ich daheim mein Computer-Netzwerk habe, habe ich da mein W-LAN, ich habe mein Ethernet; und wenn ich mir ein Hausbus-System anschaffen würde, würde ich ein komplett eigenes Netzwerk noch einmal aufbauen müssen. Das ist bei unserem System anders. Bei uns ist jedes Gerät einfach ein ganz normales IP-Gerät. Es passt also direkt in das W-LAN in mein Heimnetz ´rein. Es gibt da keine andere Technologie im Hintergrund.“

Im heimischen W-LAN-Netz gäbe es dann zum Beispiel neben Notebook 1 und Notebook 2 sowie dem PC im Heimbüro eben auch den Kühlschrank, die Waschmaschine, den Geschirrspüler und vieles andere mehr. Herzstück dieses Netzwerkes bleibt der klassische W-LAN-Router, in den Mathias Dalheimer einen USB-Stick steckt:

Mathias Dalheimer: „So ein kleiner USB-Stick, hat bei uns jetzt ein transparentes Gehäuse, ist auch ein Knöpfchen dran; ich will natürlich nicht, dass mein Nachbar meine Geräte steuern kann; insofern hat jedes Gerät einen Knopf. Auch das Netzwerk-Interface hat einen Knopf; die muss ich dann drücken. Dann tauschen die beiden einen Code aus und verschlüsseln ab da ihre Kommunikation, so dass da auch niemand mitlesen kann.“

Die Befehle zum Ein- und Ausschalten angeschlossener Geräte gibt Mathias Dalheimer entweder über ein kleines Programm mit seinem Mobiltelefon ein oder über den Webbrowser am PC. Zur Demonstration hat er seine Tischlampe mit einer Funksteckdose verbunden:

Mathias Dalheimer: „Also, ich habe jetzt hier einen Rechner, der mit diesem Netzwerk verbunden ist und kann jetzt z.B. die Lampe da ausschalten. Und jetzt ist sie aus. Und ich kann sie genauso wieder einschalten. Und da das jetzt ein Softwareprogramm ist, kann ich mir überlegen: Ich hätte jetzt gern eine Simulation, die im Urlaub vorgibt, dass ich daheim bin. Oder meine Waschmaschine soll dann loslaufen, wenn meine Photovoltaikanlage viel Strom produziert. So dass ich halt meine Energie lokal selber benutzen kann.“

Selbst wer keine Photovoltaikanlage auf dem Dach hat und somit auch keinen selbst erzeugten „PV-Strom“ nutzen kann, der hätte einen Vorteil. Und zwar dann, wenn die Strompreise im Lauf des Tages schwanken sollten. Längst gibt es Szenarien, wonach die Kilowattstunde günstiger werden könnte, wenn zum Beispiel sehr viel Windstrom ins Netz fließt und eine steigende Nachfrage der Haushalte wünschenswert wäre:

Monika Schapert: „Da kann jetzt der Strompreis anhand von der Verfügbarkeit steigen oder sinken; ein klassisches Marktmodell, wie man es hat; man kann aber auch sagen: Es ist ökologisch sowieso sinnvoll, den PV-Strom im Haus zu verbrauchen, weil die Wege sind ja viel kürzer von einer PV-Anlage auf meinem Dach zu den Verbrauchern in meinem Haus als jetzt zu Verbrauchern im Nachbarort. Und daran arbeiten wir, das mit Heim-Automatisierung hinzubekommen, dass der Strom, der schon im Haus vorhanden ist, auf möglichst kurzem Weg auch wieder verbraucht werden kann, indem wir Verbraucher dann einschalten, wenn der Strom da ist.“

Über Mobiltelefon oder PC ließe sich das heimische Netz der Haushaltsgeräte so programmieren, dass der Strom möglichst effizient genutzt wird. Und wenn bei Monika Schapert die Waschmaschine im Keller fertig ist mit dem Schleudern, dann bekommt sie ein Signal auf ihr Küchenradio, das ebenfalls ins W-LAN-Netz eingebunden ist: In dem Fall ein kleines, weißes Gerät, kaum größer als ein Smartphone:

Mathias Dalheimer: „Das ist das Küchenradio. Das ist im Prinzip auch ein W-LAN-Router in einem anderen Gehäuse. Hat halt auch ein Touchdisplay. Steht bei Monika in der Küche und zeigt den Stromverbrauch an. Und genau so könnte ich da halt auch sagen: Ich zeig mir meine Haustemperatur an; ich zeige die Außentemperatur an; das Ding kann mich benachrichtigen, wenn die Waschmaschine fertig ist – solche Dinge.“

Die Funksteckdose und der USB-Stick für den W-LAN-Router sind bereits soweit ausgereift, dass eine Serienproduktion möglich wäre. Doch zuvor möchte Chefprogrammierer Matthias Dalheimer die Software noch verfeinern, damit auch jeder zu Hause die „Funksteckdosen mit Köpfchen“ ohne Probleme nutzen kann.

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