"Staub auf unseren Herzen"

Von Anke Leweke · 16.01.2013
Mit ihrem ersten Spielfilm gelingt Hanna Doose ein beobachtender Film über die kleinen und großen Konflikte in einer Familie. Dabei schafft sie es, dass sie keine Person vorführt. Wir lernen: Auch wenn man nicht MIT der Familie kann, man kann auch nicht OHNE sie.
Kathi ist 30 Jahre alt und muss womöglich einsehen, dass sie mangels Talent ihren Wunsch, Schauspielerin zu werden, endlich an den Nagel hängen sollte.

Leider hat sie nicht nur gegen Selbstzweifel, sondern auch gegen ihre Mutter Chris zu kämpfen. Chris ist eine erfolgreiche Psychologin, die die Kontrolle über ihre erwachsenen Tochter und ihren halbwüchsigen Sohn nicht aufgeben möchte. Aufgrund ihres Berufes weiß sie Kathi emotional in Schach zu halten. Eines Tages steht auch der Vater vor der Tür, nach Jahren der Abwesenheit möchte er sich plötzlich um seine vernachlässigte Familie kümmern. Kathi fühlt sich umso mehr in einer emotionalen Zwickmühle gefangen.

Man bekommt es hier mit einem Familienfilm der anderen Art zu tun, der den Zuschauer in die Abgründe dieser kleinsten sozialen Einheit blicken lässt. Es ist ein Blick, der mal komische, mal böse und manchmal eben auch traurige Ergebnisse zeitigt.

In ihrem Regiedebüt folgt Hanna Doose keiner linearen Geschichte, sie arbeitet lieber situativ und mit Improvisationen. Sie lässt sich dabei Zeit, sodass jede Szene, eine ganz eigene Stimmung und Atmosphäre entwickeln kann. Manchmal ist man als Zuschauer peinlich berührt, weil man sich selbst in den Szenen wieder zu erkennen meint. Sobald die Mutter auftritt, verfällt Kathi in einen Zustand der permanenten Regression. Man hat keine Erwachsene vor sich, sondern eine Frau, die sich wie eine Pubertierende benimmt.

Das Muttertier Chris sollte die letzte Rolle von Susanne Lothar werden. So souverän ihre Chris auch auftreten mag - man spürt durch Lothars großartige, bewegende Darstellung, dass hier eine Frau nicht loslassen kann, weil sie Angst vor dem Alleinsein hat, weil sie Bindungen nur in Form von Abhängigkeit leben kann.

"Staub auf unseren Herzen" ist ein beobachtender Film, der keine Person vorführen möchte, und der uns einmal mehr zeigt: Man meint, nicht mit der Familie zu können, aber man kann auch nicht ohne sie.

Deutschland, Regie: Hanna Doose, Darsteller: Susanne Lothar, Stephanie Stremler, Michael Kind, 91 Minuten, 2012, FSK ab 0

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