Einmal Stasi und zurück

"Da ging mir der Arsch!"

34:42 Minuten
Porträt von Detlef Schatz vor einem Gartentor.
Nach sieben Monaten kam der Rauswurf aus der Stasi - für den damals 18-jährigen Detlef Schatz ein großes Aufatmen. © Deutschlandradio / Henry Bernhard
Henry Bernhard im Gespräch mit Caro Korneli · 05.06.2022
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Detlef ist 17, als ihn die Stasi anwirbt. Um ihn für das Wachregiment „Feliks Dzierzynski“ zu gewinnen, versprechen sie das Blaue vom Himmel. Detlef träumt davon, Militärkraftfahrer zu werden. Aber die Realität sieht anders aus – Detlef rebelliert.
Rostock, Anfang der 80er-Jahre. Detlef ist ein Junge, der gerne liest und an seinem Moped schraubt. Politik ist ihm egal. In der Schule macht er nur so viel wie unbedingt nötig. „Ein Pferd springt nur so hoch, wie es muss“, sagt er. Für eine Klempnerlehre reicht’s. Und mit der sollte es ihm gut gehen, denn Handwerker wurden immer und überall gebraucht in der DDR. Aber als Sohn eines hohen NVA-Offiziers ist er auch für die Staatssicherheit interessant. 

Da kamen zwei Herren im Anzug zu uns nach Hause: 'Kannst du dir vorstellen, dich bei uns beim Wachregiment für drei Jahre zu verpflichten?' Ich habe gesagt: 'Ich wollte eigentlich Militärkraftfahrer werden, weil ich sehr motoren-affin bin und sehr gerne bastele und meinen Führerschein noch gerne machen wollte.' - 'Ja, das können wir dann bestimmt auch ermöglichen.'“

Detlef

Er ist gerade 18 geworden, da holen sie ihn auch schon. Eine knallharte Grundausbildung ist gerade gut genug für die jungen Männer, die als „Schild und Schwert der Partei“ dafür sorgen sollen, dass den SED-Machthabern keine Gefahr droht.

Kein Abenteuer, sondern nur Routine

Was zunächst nach Abenteuer klingt, ist aber am Ende ein schnöder Wachdienst. Tag um Tag, Woche um Woche, Monat um Monat. Drei Jahre solle das dauern - für Detlef ein Desaster. Mit dem Gehorsam kommt er schlecht klar. Und aus dem Führerschein wird auch nichts. 

Es war eine Katastrophe für mich. Die haben mich eigentlich richtig verarscht. Deswegen war ich auch nicht so gut zu sprechen auf die Jungs.

Detlef

Nur, wie wieder rauskommen? Detlef nimmt – aus Übermut, aus Naivität, um zu provozieren? – ein Buch mit in die Kaserne, nach dessen Entdeckung er noch genau einen Tag Soldat des Wachregiments „Feliks Dzierzynski“ bleibt. 

„Da ging mir der Arsch! Ich wusste zu der Zeit ich noch nichts vom Stasi-Gefängnis. Ich wusste nur, dass da eine Untersuchungshaftanstalt mit involviert ist in der Bezirksverwaltung.“

Detlef

Per Mail hat sich Detlef mit seiner Geschichte bei unserem Podcast Plus Eins gemeldet. Thüringen-Korrespondent Henry Bernhard hat ihn in Rostock besucht. In der Sendung erzählt er die Geschichte eines jungen Mannes, der von der Stasi rekrutiert wurde und mit mehr Glück als Verstand wieder rauskam.
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