Start-Up

Das Geschäft mit Gebrauchtwaren

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Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (M, SPD) und die reBuy-Geschäftsführer, Marcus Börner (l) und Lawrence Leuschner © picture alliance / dpa / Jörg Carstensen
Von Thomas Jaedicke |
Vor zehn Jahren in einer Kreuzberger Wohngemeinschaft gegründet, macht der Online-Trödler reBuy inzwischen 40 Millionen Euro Umsatz pro Jahr. Gehandelt werden: Handys, Bücher, CDs, Filme, Videospiele, Tablets.
Kanalstraße in Berlin Rudow: Hier, wo zwischen dichtgezwängten Einfamilienhäusern und Industriebrachen Grundstückspreise und Mieten noch halbwegs erschwinglich sind, war früher West-Berlin zu Ende. Heute ist der Bezirk Heimat für Firmen wie zum Beispiel das erwachsen gewordene Start-up reBuy. Vor zehn Jahren in einer Kreuzberger WG gegründet, macht der Online-Trödler inzwischen 40 Millionen Euro Umsatz pro Jahr und beschäftigt über 400 Mitarbeiter.
Lawrence Leuschner: "Mein Vater ist auch Syrer, also Araber. Deswegen, das Handeln hat mir auf dem Flohmarkt schon als Neunjähriger extrem viel Spaß gemacht. Obwohl ich noch nicht richtig zählen konnte mit acht, neun ... .oder sieben?"
Lawrence Leuschner ist Firmengründer, war also schon zu WG-Zeiten dabei. Mittlerweile ist der 31-jährige Rebuy-Chef. 1,5 Millionen Artikel lagern zurzeit in der 10.000 Quadratmeter großen Halle in meterhohen Regalstraßen, die über metallene Treppen verbunden sind. Tendenz steigend. Gehandelt werden zehn Kategorien: Vor allem Handys, Bücher, CDs, Filme, Videospiele, Tablets. Man kann kaufen und verkaufen. Die Ware kommt an, wird geprüft, gesäubert und - wenn nötig - sogar repariert, inventarisiert und in die Regale einsortiert.
Klima auffallend freundlich
Gearbeitet wird in zwei Schichten von sechs bis 23 Uhr. Im ganzen Betrieb ist das Klima auffallend freundlich. Viel Glas und Licht. Luftig-bunte Büros und Meetingareas für die Verwaltung. Selfmademan Leuschner, überaus eloquent, kann außer einem im Taunus erworbenen Abitur keine weiteren offiziellen Qualifikationen vorweisen. Wenn es um die Bezahlung der Lagerarbeiter geht, wird der reBuy-CEO ein bisschen einsilbig:
"Das sind ... darf ich Ihnen überhaupt nicht kommunizieren. Ich glaub, dass darf ich Ihnen gar nicht sagen."
Aber wenn´s Branchendurchschnitt ist ...
"Können Sie ja rausfinden. Wenn Sie es rausgefunden haben, können Sie sich noch mal bei mir melden."
Laut Gewerkschaft ver.di liegt der Tariflohn für Lagerarbeiter im Versandhandel zwischen 11,47 Euro und 11,94 Euro. Bei amazon zwischen 9,65 Euro und 11,12 Euro.
Bis zu 20.000 Verkaufspakete verschickt Rebuy täglich. In der Verpackungsstraße werden sie auf einem Fließband unter einem Scan vorfrankiert und mit einer speziellen Software, die Rebuy mitentwickelt hat, über das Förderband in die Ausgangskörbe der Versanddienstleister Deutsche Post, PIN, DHL und Hermes weitergeleitet.
Leuschner: "Der Preis wird ermittelt auf Basis von einer ziemlich komplexen Berechnung. Wir haben auf der einen Seite externe Daten, die wir ins System speisen und aber auch interne Daten, auf Basis von unseren Erfahrungen aus den letzten zehn Jahren Re-Commerce."
Für den Kunden ist es dagegen einfach. Wenn man die EAN oder ISBN-Nummer auf der Rebuy-Webseite eingibt, erscheint sofort der An- oder Verkaufspreis.
Leuschner: "Wir wissen, wie lange der Artikel auf Lager liegt und wissen auch für fast jedes Produkt letztendlich, wie lange wir brauchen, um ihn zu verkaufen. Und dadurch ermittelt sich dann ein Ankaufspreis. Und dann gibt´s noch eine Marge drauf, und dann haben wir den Verkaufspreis."
Die Nachfrage nach CDs ist weiter groß; obwohl immer mehr Menschen Musik über Rechner oder Smartphones hören. reBuy handelt trotzdem noch nicht mit Downloads, weil sich das Geschäft mit digitalen Gütern auch nach über 20 Jahren Internet immer noch in einer juristischen Grauzone bewegt.
Für den stationären Handel mit Gebrauchtwaren sieht Lawrence Leuschner wenig Perspektiven. Sogar ein kultiger Sonntagsbummel über den Flohmarkt, also dort, wo seine Karriere startete, ist für den Netz-Trödler nur noch nostalgisch wertvoll.
Leuschner: "Die Auswahl ist einfach viel begrenzter, als wenn ich auf unsere Webseite gehe und entspannt auf der Couch mit einem Tablet oder Laptop sitze und mich durch 1,5 Millionen Artikel stöber und es in zwei Tagen nach Hause geliefert bekomme. Das ist der große Vorteil des E-Commerce."
Rationelle, optimierte Prozesse
Aber liegt der Reiz nicht gerade darin, eben nicht alles mit nur einem Klick ordern zu können? Geht es nicht um das überraschende Schnäppchen? Rebuy denkt anders: Hier zählen rationelle, optimierte Prozesse. Lawrence Leuschner rechnet in Millionen. Beim Verlassen der Lagerhalle wird jeder, auch die eigenen Mitarbeiter, penibel wie am Flughafen durchleuchtet und kontrolliert.
"Dieses Handy hat kein Logo drauf ... Hätten Sie mir vorher sagen müssen ..."
"Ich kann Ihnen das zeigen, dass es nicht geklaut ist. Da sind meine Sachen drauf."
Gebrauchte Handys zum Beispiel, von denen ungefähr 86 Millionen ungenutzt in deutschen Schubladen herumliegen. Für reBuy ein schlummernder Milliardenmarkt.
"Sie brauchen nur die *#06# eingeben. Dort haben wir dann die Registrierungsnummer"
"*#06# ... Woran Sehen Sie, wenn es jetzt geklaut wäre?"
"Dann wäre es eine Nummer von hier gewesen?"
"Dann darf ich wiederkommen?"
"Hä, hä ... Gerne sogar."
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