Starke Frauen
In seinem 2001 erschienen Buch "Die Frauen der Genies" portraitiert Friedrich Weissensteiner Frauen berühmter Künstler und Wissenschaftler aus dem 18. bis 20. Jahrhundert, darunter Cosima Wagner, Milena Einstein und Katia Mann. Diese Frauenporträts sind nun als Hörbuch zu erleben. Gelesen werden sie von der Schauspielerin Regine Vergeen.
Schon die Titel erhellen das Charakteristische dieser Frauen: "rätselhafte Eheliebste Constanze Mozart", "Haus-, Küchen- und Bettschatz Christiane Goethe-Vulpius", "opferbereite Anbeterin Cosima Wagner", "schwerblütige Schattenfrau Milena Einstein", "Muse und Matrone Alma Mahler" und "verständnisvolle Gefährtin und Dienerin am Werk Katia Mann". Einsam und unverstanden fühlten sich all diese Frauen oft, so vertrauen sie es dem Tagebuch oder Briefpartnern an. Alma Schindler, Tochter eines Malers, sollte, nachdem sie den zwanzig Jahre älteren Komponisten und Operndirektor Gustav Mahler geheiratet hatte, nur noch seine Muse sein. Ihren Liebeshunger und ihre Geltungssucht lebte sie in Beziehungen mit Walter Gropius, Oskar Kokoschka und Franz Werfel dennoch fort. Mit Gustav Mahler fühlte sich die junge Frau schnell unglücklich:
"Alma spielte das fürsorgliche Hausmütterchen, eine Rolle, die ihr gar nicht lag. "Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll", klagte sie in ihrem Tagebuch. In meinem Innern tobt ein furchtbarer Kampf. Ich bin dem Schmerz ausgeliefert. Ich brenne darauf, ein menschliches Wesen zu finden, das an mich denkt und mir hilft, mich selbst zu finden. … Fünf Wochen nach der Geburt des ersten Kindes, das Puzzi gerufen wurde, klagte sie in ihrem Tagebuch "Gustav lebt sein Leben und ich habe auch das seine zu leben.""
Die meisten der sechs Frauen nahmen die Unterordnung willig hin, zumindest äußerlich. Milena, von Albert Einstein zunächst als wissenschaftliche Partnerin akzeptiert, stürzte die Liebesbeziehung zu ihm in eine tiefe Krise. Sie gab das Mathematikstudium und den Wunsch, Lehrerin zu werden auf, Alma Mahler ihre Ambitionen als Musikerin. Auch das Eheglück zwischen dem Dichterfürsten Goethe und der Blumenbinderin Christiane Vulpius blieb nicht ungetrübt. Das einsame Sterben der Vulpius ist vielfach beschrieben. Dennoch:
"Christiane Vulpius, diese einfache, urwüchsige Frau war für Johann Wolfgang Goethe keine bloße Bettgenossin, sondern eine Frau, die er liebte, eine Lebensgefährtin, die ihn umsorgte, die ihm den Rücken frei hielt für sein Werk. .... "Sollte man wohl glauben", äußerte er sich im Jahre 1808, "dass diese Person schon zwanzig Jahre mit mir gelebt hat? Aber das gefällt mir eben an ihr, dass sie nichts von ihrem Wesen aufgibt und bleibt, wie sie war." "
Während Cosima Wagner die Festspiele in Bayreuth über Wagners Tod hinaus organisierte, Alma ihren Mahler zu Kompositionen anregte und durch Amouren in Trapp hielt, leistete Katia Mann für Thomas Mann als sechsfache Mutter und "Geschäftführerin der Firma Mann" Übermäßiges:
"Ob sie mit dieser Aufgabe auch restlos zufrieden war, muss man bezweifelten. Wie ließe sich sonst der Satz verstehen, den sie am Ende ihres Lebens äußerte, dass sie nie haben tun können, was sie habe tun wollen. … Alltag war ausgefüllt mit Tätigkeiten und Pflichten aller Art. Nach dem Frühstück, das sie mit ihrem Gatten gemeinsam einnahm, tippte sie die Diktate des Zauberers vom Vortag in die Schreibmaschine, gab Telegramme auf und begab sich dann mit dem Auto, das sie leidlich zu lenken verstand, auf Einkaufstour in die Stadt. Um halb Eins war sie dann pünktlich zu Hause zurück, um ... den unvermeidlichen täglichen Spaziergang zu unternehmen, auf dem sie in einer Art Beichtvaterfunktion seine literarischen Plänen lauschte. "
Die Spannungen zwischen den Frauen und den männlichen Genies belässt der Autor im Privaten. Dass die Zeitumstände weibliche Unterordnung und Selbstverleugnung geradezu provozierten, erfahren wir kaum. Damit vergibt das Hörbuch aber die Chance, an den chronologisch angeordneten Biographien Emanzipationsgeschichte durchscheinen zu lassen und dadurch junge Frauen unsrer Tage zu ermutigen. Die CDs zielen also eher auf ein bildungsbürgerliches Publikum. Am spannendsten wirkt Alma Mahler-Werfels Leben. Hier ist die empathische Stimme der Schauspielerin Regine Vergeen angemessen. Ansonsten unterstreicht sie eher den prätentiösen, etwas altbackenen Stil des Autors.
Anteilnahme, ja Mitleid will Friedrich Weissensteiner für diese Prominentengattinnen wecken. Im Booklet lesen wir:
"Sie leisteten ‚Schattenarbeit’ als Hausfrauen, Sekretärinnen, Mitarbeiterinnen, nicht selten bis zur Selbstaufgabe. Die erzwungene Rolle trugen diese Frauen mit Geduld, demütiger Schicksalsergebenheit, opferbereiter Hingabe oder rastloser Fürsorglichkeit."
Das klingt nach männlichem Geniekult und so, als sei weibliches Dienen noch heute vorbildhaft. Starke Frauen haben dieses Ideal aber zum Glück längst durchbrochen.
"Alma spielte das fürsorgliche Hausmütterchen, eine Rolle, die ihr gar nicht lag. "Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll", klagte sie in ihrem Tagebuch. In meinem Innern tobt ein furchtbarer Kampf. Ich bin dem Schmerz ausgeliefert. Ich brenne darauf, ein menschliches Wesen zu finden, das an mich denkt und mir hilft, mich selbst zu finden. … Fünf Wochen nach der Geburt des ersten Kindes, das Puzzi gerufen wurde, klagte sie in ihrem Tagebuch "Gustav lebt sein Leben und ich habe auch das seine zu leben.""
Die meisten der sechs Frauen nahmen die Unterordnung willig hin, zumindest äußerlich. Milena, von Albert Einstein zunächst als wissenschaftliche Partnerin akzeptiert, stürzte die Liebesbeziehung zu ihm in eine tiefe Krise. Sie gab das Mathematikstudium und den Wunsch, Lehrerin zu werden auf, Alma Mahler ihre Ambitionen als Musikerin. Auch das Eheglück zwischen dem Dichterfürsten Goethe und der Blumenbinderin Christiane Vulpius blieb nicht ungetrübt. Das einsame Sterben der Vulpius ist vielfach beschrieben. Dennoch:
"Christiane Vulpius, diese einfache, urwüchsige Frau war für Johann Wolfgang Goethe keine bloße Bettgenossin, sondern eine Frau, die er liebte, eine Lebensgefährtin, die ihn umsorgte, die ihm den Rücken frei hielt für sein Werk. .... "Sollte man wohl glauben", äußerte er sich im Jahre 1808, "dass diese Person schon zwanzig Jahre mit mir gelebt hat? Aber das gefällt mir eben an ihr, dass sie nichts von ihrem Wesen aufgibt und bleibt, wie sie war." "
Während Cosima Wagner die Festspiele in Bayreuth über Wagners Tod hinaus organisierte, Alma ihren Mahler zu Kompositionen anregte und durch Amouren in Trapp hielt, leistete Katia Mann für Thomas Mann als sechsfache Mutter und "Geschäftführerin der Firma Mann" Übermäßiges:
"Ob sie mit dieser Aufgabe auch restlos zufrieden war, muss man bezweifelten. Wie ließe sich sonst der Satz verstehen, den sie am Ende ihres Lebens äußerte, dass sie nie haben tun können, was sie habe tun wollen. … Alltag war ausgefüllt mit Tätigkeiten und Pflichten aller Art. Nach dem Frühstück, das sie mit ihrem Gatten gemeinsam einnahm, tippte sie die Diktate des Zauberers vom Vortag in die Schreibmaschine, gab Telegramme auf und begab sich dann mit dem Auto, das sie leidlich zu lenken verstand, auf Einkaufstour in die Stadt. Um halb Eins war sie dann pünktlich zu Hause zurück, um ... den unvermeidlichen täglichen Spaziergang zu unternehmen, auf dem sie in einer Art Beichtvaterfunktion seine literarischen Plänen lauschte. "
Die Spannungen zwischen den Frauen und den männlichen Genies belässt der Autor im Privaten. Dass die Zeitumstände weibliche Unterordnung und Selbstverleugnung geradezu provozierten, erfahren wir kaum. Damit vergibt das Hörbuch aber die Chance, an den chronologisch angeordneten Biographien Emanzipationsgeschichte durchscheinen zu lassen und dadurch junge Frauen unsrer Tage zu ermutigen. Die CDs zielen also eher auf ein bildungsbürgerliches Publikum. Am spannendsten wirkt Alma Mahler-Werfels Leben. Hier ist die empathische Stimme der Schauspielerin Regine Vergeen angemessen. Ansonsten unterstreicht sie eher den prätentiösen, etwas altbackenen Stil des Autors.
Anteilnahme, ja Mitleid will Friedrich Weissensteiner für diese Prominentengattinnen wecken. Im Booklet lesen wir:
"Sie leisteten ‚Schattenarbeit’ als Hausfrauen, Sekretärinnen, Mitarbeiterinnen, nicht selten bis zur Selbstaufgabe. Die erzwungene Rolle trugen diese Frauen mit Geduld, demütiger Schicksalsergebenheit, opferbereiter Hingabe oder rastloser Fürsorglichkeit."
Das klingt nach männlichem Geniekult und so, als sei weibliches Dienen noch heute vorbildhaft. Starke Frauen haben dieses Ideal aber zum Glück längst durchbrochen.