Stalking auf saarländisch

Von Tonia Koch · 04.01.2008
Im Saarland werden die Erdbeben infolge des Kohleabbaues immer stärker und häufiger. Bewohner der betroffenen Gebiete fürchten um ihr Hab und Gut. Und die wütenden Proteste entladen sich auch vor dem Privathaus des Ministerpräsidenten.
"Es ist nicht einmal die Woche, es ist inzwischen zwei bis drei Mal die Woche und egal wo es kracht, sie denken, das war wieder eines und für uns sind das auch keine Erschütterungen, wie das dargestellt worden ist, sondern richtige Beben. Es kündigt sich manchmal durch Geräusche an, ein komisches Grollen und dann wackelt das ganze Haus, die Teller, Tassen und Gläser klirren, es schwankt unter Umständen, es ist unangenehm. Mir sind schon Bilder von der Wand gefallen, das ganze Haus wackelt, es ist furchtbar. Es ist auch eine Lautstärke vorhanden, es ist nicht nur, dass es wackelt, man hört es auch."

Seit Ende der 1990er Jahre treten diese Beben auf. Zunächst hatte das Bergbauunternehmen DSK versucht, die Erderschütterungen als Gott gegeben anzusehen. Und im Grunde ist das Unternehmen auch heute noch dieser Auffassung. Jürgen Eickhoff, Vorstand der DSK:

"Aktivitäten im Bergbau ohne diese Erscheinungen gibt es auf der ganzen Welt nicht."

Erst als die Proteste gegen die Beben anschwollen, wuchs auch die Bereitschaft der DSK, den Ursachen auf den Grund zu gehen. Experten wurden eingeschaltet, die alsbald mit Erklärungen aufwarteten. Mal wurden die Erderschütterungen auf geologische Besonderheiten unter Tage zurückgeführt. Ein anderes Mal wurde die Geschwindigkeit, mit der die Kohle unter Tage aus den Lagerstätten gefräst wird, für die Beben verantwortlich gemacht. Doch sämtliche Gegenmaßnahmen, die bislang seitens des Unternehmens ergriffen wurden, liefen ins Leere. Vor vier Wochen hat die Genehmigungsbehörde deshalb einen der beiden untertägigen Abbaussysteme, im Fachjargon Streb genannt, für einen begrenzten Zeitraum stillgelegt. Hans-Alois Schmitt vom Bergamt in Saarbrücken:

"Diese Maßnahme war schon bekannt, vor zwei Jahren. Sie war etwas eingeschlafen und jetzt haben wir sie wieder aus der Kiste geholt. Jetzt haben wir wieder eine Chance mit dem Einzelstrebverfahren. Und auf argumentativen Druck hin war die DSK wohl bereit, diese Maßnahme mit zu tragen."

Statt mit doppelter Kraft, soll es vorläufig langsamer weitergehen. Einer der beiden Strebe soll so lange ruhen, bis zwischen den beiden Systemen eine ausreichende räumliche Distanz geschaffen ist. Erst wenn etwa 400 Meter dazwischen liegen, dürfen beide Strebe wieder gleichzeitig betrieben werden. Joachim Rippel, der saarländische Wirtschaftsminister, verspricht sich davon viel:

"Wir glauben ganz einfach, nachdem was die Fachleute sagen, dass die Erderschütterungen seltener und weniger intensiv werden. Das ist das Ziel, das mit dieser Maßnahme angestrebt wird."

Hans-Alois Schmitt vom Bergamt dämpft allerdings allzu große Hoffnungen, dass sich die Lage sehr schnell beruhigt.

"Allerdings muss man darauf hinweisen, dass, obwohl mit sofortiger Wirkung der Streb Prims 2 im Abbau zum Erliegen kommt, noch mit Erschütterungen zu rechnen sein wird, weil noch gewisse Spannungen vorhanden sind, die noch nicht abgebaut worden sind."

Genau so kam es. Einer der Strebe stand still, aber die Erde bebte. Ebenso heftig wie vorher. Die vom Bergbau ausgelösten Erschütterungen erreichen sozusagen umgerechnet in Erdbebenstärke Werte von bis zu drei auf der Richterskala. Materielle Schäden verursachen sie nur selten. Es sind jedoch die psychischen Belastungen, unter denen die Menschen leiden. In den betroffenen Gebieten hat sich ein Gefühl der Ohnmacht breitgemacht, den Beben immer wieder aus Neue hilflos ausgeliefert zu ein.

"Da werden Urängste geweckt. Man erschrickt und kann nichts dagegen machen und hat Angst um sich und die Kinder. Wir haben Angst um unsere Kinder, unser Kind bekommt Panik, wenn eine Erschütterung ist. Der jüngste mit zwölf kommt gar nicht mehr richtig zur Ruhe, und die Große, die 15-jährige, die sagt immer, sie will nicht mehr hier wohnen bleiben, sagt immer, Mama, wir ziehen woanders hin, keines der Kinder will mehr hier bleiben."

Viele Familien haben bereits erwogen, wegzuziehen, aber das ist viel leichter gesagt als getan.

"Wenn sie das Haus selbst gebaut haben, dann fällt Ihnen das schwer. Aber als Endlösung wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben. Das Problem, das sich dann aber abzeichnet ist a., jemanden zu finden, der ihnen das Haus abkauft und b., einen zu finden, der ihnen das Haus zu einem marktfähigen Preis abkauft, denn die Preise sind derart gefallen, dass man sich das schlicht nicht leisten kann."
Die Menschen fürchten um ihre Lebensleistung, wenn die deutsche Steinkohle AG im Saarland bis 2018 weiter Kohle abbaut.

"Sie zerstört alles, wofür wir die letzten 40 Jahre gearbeitet haben und viele Entbehrungen hingenommen haben, damit die Kinder es einmal leichter haben. Von uns sind zwei Häuser betroffen, aber der Wert wird so herabgesetzt, dass die Kinder doch nichts mehr davon haben werden, dass alles vergebens war."

Die materiellen Schäden, die bislang durch die Beben an den Häusern entstanden sind, halten sich in engen Grenzen. Es treten Risse auf, defekte Fenster, Glasbruch. Verglichen mit dem, was vielen Bewohnern droht, wenn tatsächlich unter ihren Häusern Kohle abgebaut wird, sind es Bagatellschäden. Ulrich Commercon, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion:

"Das Schadensbild ist in der Region nicht das Problem, bei manchen in der Region liegen die Nerven bloß."

Und wie. Nicht nur bei den vom Bergbau Betroffenen, sondern auch bei den Bergbautreibenden und bei der CDU-geführten Landesregierung. Die Bergbaugegner darunter auch die Grünen und die Freien Demokraten an der Saar fordern, dass hierzulande sofort – ohne weitere Verzögerung - aus dem Bergbau ausgestiegen wird. Diese Forderung hält der Ministerpräsident jedoch für unerfüllbar:

"Ich bitte um Verständnis, dass kein Ministerpräsident es verantworten kann, tausende von Menschen über Nacht arbeitslos zu machen."

Zwar hat der Bergbau an der Saar seine überragende Bedeutung für den saarländischen Arbeitsmarkt längst eingebüßt. Aber sollte das einzig verbliebene Bergwerk von heute auf morgen geschlossen werden, dann stünden die Menschen wohl auf der Straße. Bernd Tönjes, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Steinkohle AG:

"Beim Stillstand des Bergwerks Saar würden auf einen Schlag 8000 Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren. 4900 bei der DSK und dreieinhalbtausend in der regionalen Mantelindustrie."

In den vergangen zehn Jahren sind jährlich etwa 1000 Beschäftigte aus dem Bergbau ausgeschieden. Viele von Ihnen sind umgeschult oder qualifiziert worden und haben auf diese Weise in anderen meist industriellen Bereichen eine neue Beschäftigung gefunden. Als erstes gingen die Jungen. Das hat zur Folge, dass das Durchschnittsalter im Bergbau inzwischen bis auf über 40 Jahre angestiegen ist. Damit sinkt die Bereitschaft der restlichen Belegschaft, den Job noch einmal zu wechseln, sich vom Bergbau zu verabschieden. Und intern – so Bernd Tönjes - besitze die Deutsche Steinkohle AG kaum Möglichkeiten, die drängenden personellen Fragen zu lösen.

"Personalverlegungen größeren Ausmaßes wie an der Ruhr werden durch die Insellage des Saarreviers nicht möglich sein. Auch Versetzungen in größerer Zahl von der Saar an die Ruhr sind wegen der dortigen Personalüberhänge nicht möglich."

1999 als CDU-Ministerpräsident Peter Müller im Saarland die Landtagswahl gewann, da waren es die Bergbau-Gegner, die ihm zum Sieg verhalfen. Müller hatte seinerzeit die Hoffnung geweckt, er werde dafür sorgen, dass es mit dem Bergbau an der Saar schnell zu Ende gehen werde. Seitdem dreht sich der Streit darum, wie das Wörtchen "schnell" denn nun zu definieren ist. So schnell wie möglich, ja, aber sozialbverträglich, so heißt der Lösungsansatz der CDU. Jürgen Schreier Fraktionsvorsitzender der CDU-Mehrheitsfraktion im saarländischen Landtag:

"Es gibt eine doppelte Sozialverträglichkeit. Gegenüber den Bergleuten und ihren Familien, damit es keine betriebsbedingten Kündigungen geben muss. Aber es gibt auch eine Sozialverträglichkeit bei den Bergbaubetroffenen, die um ihre Sicherheit und um ihr Eigentum fürchten."

Bei den Bergbaugegnern kommt diese Haltung, die vom Ministerpräsidenten Peter Müller als Musterbeispiel verantwortungsvollen Regierungshandelns gepriesen wird, gar nicht gut an.

"Der sozialverträgliche Auslaufbergbau klammert uns als Betroffene vollkommen aus."

Die Bergbaugegner erhöhen den Druck auf die Politik. Ende November machten sich ein paar Hundert auf zum Privathaus des Ministerpräsidenten. Einige waren schwarz gekleidet, andere trugen Trauerflor. Sie waren gekommen, um den Bergbau symbolisch zu Grabe zu tragen. Vor Peter Müllers Haustür legten sie unter den Augen der Polizei einen Kranz nieder.

Die Melodie des einst so stolzen Steigerliedes, lange Zeit Ausdruck regionaler Verbundenheit zum Bergbau musste herhalten, als eine Art Abgesang.

Nur der Ministerpräsident ließ sich nicht blicken. Er hatte es abgelehnt, sich vor Ort zu zeigen. Am Dienstsitz in der Saarbrücker Staatskanzlei, sei er bereit – so Müller- zu diskutieren. Peter Lehnert der Wortführer der Bergbaugegner, wusste bereits im Vorfeld, dass es zu Hause mit dem Ministerpräsidenten zu keiner Begegnung kommen würde.

"Peter Müller hat angeboten, dass wir uns in der Staatskanzlei sehen, auch am Sonntag … Wir hätten auch einen Minister benennen dürfen, der am Gespräch teilnimmt …Wir haben das abgelehnt, weil wir wollten, dass er mit Euch redet."

Müller lehnt solche Formen öffentlicher Demonstrationen ab. Es müsse die Integrität der Familie gewahrt bleiben. Das Privathaus sei der falsche Ort für den Protest. Für die Bergbaugegner, die nicht nur vor das Haus des Ministerpräsidenten ziehen, sondern die immer öfter auch vor den Türen anderer Politiker stehen – wie etwa bei Oppositionsführer Heiko Maas von der SPD - wollen diese Argumentation nicht gelten lassen.

"Wir sind nicht zum ersten Mal hier und sind es gewohnt auch von anderen Politikern, dass sie sich feige verstecken. Wir haben es auch schon erlebt, dass er kurz bevor wir hier aufgetaucht sind, fluchtartig das Haus verlassen hat. Ich frage mich, was das für ein Landesvater ist, der nicht bereit ist mit den Betroffenen, die sich die Mühe machen, hier her zu kommen zu reden. Er lässt sich hier nicht blicken, das finde ich unmöglich. Er braucht doch keine Angst zu haben, wir machen doch eine friedliche Demonstration. Er kann doch ruhig mit seinen Kindern rauskommen. Wir tun doch niemandem was. Als Landesvater geht das nicht, da hat man eine Verantwortung für seine Kinder und wir sind sozusagen, wenn er der Landesvater ist, seine Kinder. Da gibt es kein privat oder dienstlich. Er traut sich noch nicht einmal vor seine eigene Bevölkerung, das ist ein Armutszeugnis für einen Ministerpräsidenten."

Die Idee der Landesregierung zwischen Befürwortern und Gegnern des Bergbaues als ausgleichende Kraft, als Moderator zu wirken, ist in den Augen vieler Beobachter gescheitert. Der Regierungschef sitzt zwischen allen Stühlen. Einen Ausweg aus dem Interessenkonflikt, der beiden Seiten gerecht wird, gibt es nicht. Deshalb sind inzwischen viele, wie auch Hubert Ulrich von den Grünen, mit der Behandlung der Kohlefrage durch die CDU-Landesregierung unzufrieden.

"Die Position der Landesregierung ist seit Jahren ein Hin und Her eine Wischiwaschi-Position. Die sind nicht Fisch nicht Fleisch. Sie gehen nach dem Motto vor jedem Wohl und keinem Wehe."

Die Grünen und auch die FDP wünschen sich ebenso wie die Bergbaugegner lieber ein Ende mit Schrecken als einen Schrecken ohne Ende, wie sie sagen. Dieses Ziel wird von Müller jedoch nicht verfolgt. Auf dem letzten Landesparteitag der Saar- CDU im Dezember richtete er versöhnliche Worte in Richtung Bergleute.

"Jeder Arbeitsplatz auch im Bergbau hat ein Gesicht, dahinter steht ein Mensch, dahinter steht eine Familie und auch diese Ängste müssen wir erst nehmen, müssen wir gerecht werden."

Die verbale Annäherung an die Bergbauseite, wird jedoch von den Bergleuten nicht mehr honoriert. Allzu zu oft schon wurde jedoch seitens der Landesregierung damit gedroht, das letzte saarländische Bergwerk zu schließen. Ein Mal, 2006, hatte die Landesregierung als Genehmigungsbehörde bereits einen sofortigen Abbaustopp verfügt. Dieser wurde nach zwei Wochen jedoch wieder aufgehoben, weil er der juristischen Auseinandersetzung mit dem Unternehmen nicht stand hielt. Die beständigen Drohungen verunsichern die Beschäftigten.

"Wenn man dasteht und man ist ohnmächtig gegenüber der Politik und ist den Gerichten ausgeliefert, dann ist das kein gutes Gefühl. Ich hab’ total Angst, ich weiß nicht wo ich dran bin. Da hängt alles dran, eine ganze Existenz, die komplette Familie. Mein Sohn traut sich in der Schule schon nicht mehr zu sagen, wo sein Vater arbeitet."

Auf der zentralen Feierstunde, die von den Bergleuten alljährlich zu Ehren ihrer Schutzpatronin, der heiligen Barbara am 4. Dezember ausgerichtet wird, übte der Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Deutschen Steinkohle AG. Ludwig Ladzinski harsche Kritik an Ministerpräsident Müller.

"Ich sage, er windet sich wie ein Aal. Er will es vermeintlich allen Recht machen und angeblich klare Kante zeigen, alle Interessen sorgfältig abwägen. Böse Zungen behaupten, er verhält sich wie ein Chamäleon, das ständig die Farbe wechselt, um nicht erkannt zu werden."

Die Opposition im Land wirft Müller gar vor, durch seine zweideutige Haltung die Konfrontation zwischen Bergbaugegnern und Befürwortern im Land angeheizt zu haben. Eben weil er den Bergbaubetroffenen wider besseres Wissen versprochen habe, das Saarland werde so schnell wie möglich aus der Kohleförderung aussteigen. Heiko Maas SPD-Vorsitzender im Saarland:
"Sie können doch nicht abstreiten, dass Erwartungen geweckt wurden bei den Betroffenen, die nie einzuhalten gewesen sind und deshalb sind Sie für die Eskalation der Situation mitverantwortlich."

Rechtlich ist die Einflussmöglichkeit der Landesregierung sehr gering, auf ein schnelles Ende des Bergbaus hinzuwirken. Denn das geltende Bergrecht, auf dessen Grundlage nicht nur Kohle, sondern auch Mineralien oder Salze abgebaut werden, sichert den Unternehmen umfassende Rechte zu. Die Länder haben kein Interesse daran, Schürfrechte mit strengen Auflagen zu versehen. Die Landesregierung hat es deshalb erst gar nicht versucht, das Bergrecht zum Beispiel über eine Gesetzesinitiative im Bundesrat zu verschärfen. Es fehlt ihr an Mitstreitern.
Und politisch ist das Ende des Steinkohlenbergbaus in Deutschland besiegelt. Spätestens 2018 soll Schluss sein. Der Gesamtverband Steinkohle, zu dessen Vorsitzenden erst vor wenigen Wochen DSK-Vorstand Tönjes warnt vor Versorgungsengpässen, wenn Deutschland gänzlich auf Steinkohle verzichtet.

"Niemand kann heute wissen, wie sich die Energiepreise in den nächsten fünf Jahren tatsächlich entwickeln. Wer hätte es für möglich gehalten, dass das Barrel ÖL heute fast 100 Dollar kostet. Ähnliches gilt für den rasanten Preisanstieg für Koks und Kraftwerkskohle auf dem Weltmarkt. Möglicherweise müssen in fünf Jahren die internationalen Energiemärkte und die Gefahren für die Versorgungssicherheit völlig neu bedacht werden."

Vor diesem Hintergrund und auch auf Drängen der SPD im Bund hat sich der Gesetzgeber beim verabredeten Ausstieg aus der Steinkohle ein Hintertürchen offen gehalten. Er hat in das Steinkohlefinanzierungsgesetz eine sogenannte Revisionsklausel eingebaut, die 2012 greifen soll. Für den Fall, dass sich bis dahin abzeichnet, dass sich die Rohstoff-Preise kräftig erhöhen und dass es problematischer wird, sich mit Steinkohle zu versorgen, weil überall auf der Welt der Hunger nach Energie wächst; für diesen Fall wollen Bundstag und Bundesrat den Ausstiegsbeschluss überdenken. Die Revisionsklausel ist dem saarländischen Ministerpräsidenten ein Dorn im Auge. Denn sie nährt bei den Bergbaubeschäftigten und dem Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Ludwig Ladzinski die Hoffnung, es könnte mit der Steinkohleförderung länger gehen als 2018.

"Vielleicht steigen wir ja wie Phönix aus der Asche."

Ungeachtet dessen wird das Bergbauunternehmen DSK bis zum April einen Plan vorlegen, wann welches Steinkohle-Bergwerk in Deutschland geschlossen wird. Übrig geblieben sind an Ruhr und Saar noch insgesamt acht Zechen. Das saarländische Bergwerk hätte aufgrund seiner Effizienz und seiner niedrigen Kosten im Grunde gute Aussichten, noch recht lange zu laufen. Das aber scheint nicht im Sinne der Landesregierung zu sein. Sie strebt mit der DSK eine verbindliche Lösung an, die auch dann Bestand haben soll, wenn die Revisionsklausel in vier Jahren tatsächlich gezogen werden soll. Peter Müller:

"Wenn wir uns vor dem Hintergrund der spezifischen Probleme, die wir im Saarland haben – nämlich dieses Probleme mit den Erderschütterungen – wenn wir uns verbindlich auf einen Ausstieg verständigen, dann muss das auch gelten und dann kann das auch nicht im Jahr 2012 revidiert werden."

Weder das Unternehmen noch die Gewerkschaft sind jedoch im Augenblick bereit, sich abseits der bundeseinheitlich geltenden Regelung auf einen Sonderstatus Saarland zu verständigen. Der eigenen Klientel, den Bergleuten, wäre es kaum zu vermitteln, warum ausgerechnet die IGBCE, die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie auf den Rettungsanker Revisionsklausel verzichtet. Das weiß auch der Regionalvorsitzende der IGBCE, Ulrich Küppers:

"Wir nehmen diese Option des Jahrs 2012 sehr ernst. Deshalb wird es mit der IGBCE vor dem Jahr 2012 kein Auslaufszenario geben."

Das saarländische Wirtschaftsministerium hat als mögliches Ausstiegsdatum das Jahr 2014 ins Spiel gebracht und auch in den Reihen der Arbeitnehmervertreter wird der Zeitpunkt 2014/2015 hin und wieder genannt. Ministerpräsident Müller selbst scheut sich, ein Datum zu nennen, legt sich nicht fest. Nur weitere acht Jahre Kohlebergbau im Saarland, das scheint er nicht zu wollen.

"Von Seiten der Mitbestimmung wurde ja das Jahr 2014/2015 in den Raum gestellt. Auch das halte ich für nicht richtig. Wenn wir einen akzeptablen Prozess organisieren wollen, der auch die Interessen der Bergbaubetroffenen berücksichtigt, muss das Ende des Bergbaus deutlich früher erreicht werden."

Diese Forderung klingt gut, bewirkt jedoch wenig. Der saarländische Ministerpräsident kann das Auslaufszenario für den hoch subventionierten deutschen Steinkohlebergbau nicht nennenswert beeinflussen. Die Entscheidungen fallen an der Ruhr und nicht an der Saar.