Ständig in neuen Rollen

Von Eva Hillebrand · 26.03.2012
Kaum war der Begriff "Intellektueller" in der Welt, wohnte ihm ein tiefer Widerspruch inne. Der Majorität nämlich galt er als Schimpfwort. Für die Beschimpften indes kam die Bezeichnung "Intellektueller" einem Adelstitel gleich.
Intellektuelle verkörperten das Gegenteil jener Werte, die die öffentliche Meinung in Europa prägten: Nationalismus und Antisemitismus.

Im Deutschland der NS-Zeit diente der Begriff "Intellektueller" den Rechten geradezu als Fluch, um ihre Erzfeinde, die Juden, die Liberalen, und die Kommunisten zu verdammen. Sie wurden stigmatisiert als Neinsager aus Prinzip, als Zersetzer, dekadente Weichlinge, kurz als undeutscher Typ schlechthin. Indes: auch bei den Kommunisten waren sie gar nicht wohl gelitten. Galten sie dort doch als Büttel der Bourgeoisie.

Nach den Verwüstungen des 2. Weltkrieges oblag es diesen Gesellschaftskritikern und republikanischen Geistern, die junge deutsche Bundesrepublik in den Umgang mit Kritik und Konflikten einzuüben. Dazu gehörte auch die Konfrontation mit den konservativen Kollegen.

Gerade der Typus des mutigen intervenierenden Intellektuellen wird heutzutage vermisst, mitunter gar totgesagt. Aber ist es in unserer Gesellschaft derunzähligen öffentlichen Diskurse noch möglich, die Verhältnisse zum Tanzen zu bringen, wie zu Zeiten Emil Zolas, wo noch klare Frontverläufe herrschten, der klassische Intellektuelle den Diskurs für "alle" führte?

Das Manuskript im PDF-Format und im barrierefreien Textformat

"Links zum Thema:"

Bundeszentrale für politische Bildung: Intellektuelle
(Online-Dossier)


Tilman Reitz: "They don’t speak for us"
Die Dekomposition der öffentlichen Intellektuellen



Literaturtipps:

Dietz Bering:"Die Epoche der Intellektuellen 1898-2001- Geburt, Begriff, Grabmal"
Berlin University Press 2010

Uwe Justus Wenzel (Hrsg.): "Der kritische Blick- Über intellektuelle Tätigkeiten und Tugenden"
Fischer Taschenbuchverlag 2002

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