Staatsgründung ohne Staatsgebiet
Fast genau 61 Jahre ist er her, dass die Vereinten Nationen in New York die Resolution 181 beschlossen, die eine Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat vorsah. Die jüdische Seite akzeptierte das Votum, die arabischen Staaten und die Palästinenser lehnten die Teilung ab. Mit der Ausrufung des Staates Israel kam es wenige Monate später zum Krieg, aus dem Israel als Sieger hervorging. 40 Jahre später wurde die UN-Resolution 181 wieder aufgegriffen - von den Palästinensern. Am 15. November 1988 rief der Palästinensische Nationalrat in Algier den Staat Palästina aus.
"Um 1.40 Uhr morgens erklärt PLO-Führer Jassir Arafat "im Namen Gottes und im Namen des palästinensischen Volkes verkünden wir die Gründung des Staates Palästina. Die heilige Stadt Jerusalem wird seine Hauptstadt sein"."
Ein wenig erstaunlich war es schon, was am 15. November 1988 in Algier geschah: Der Palästinensische Nationalrat rief im Exil einen Staat aus - auf einem Gebiet, über das er selbst keine Kontrolle hatte: Das Westjordanland und der Gazastreifen befanden sich seit dem Sechs-Tage-Krieg 1967 unter israelischer Besatzung. Entsprechend fielen die ersten Reaktionen aus Jerusalem aus.
"Das israelische Außenministerium nennt das Ganze einen Trick, der dem Friedensprozess nicht dienlich sei. Yitzak Schamir, der amtierende Premier, sieht sich bestätigt in seinem Verdacht, dass die PLO Israel vernichten wolle, und Shimon Peres, der Noch-Außenminister, meint, alles wäre viel positiver verlaufen, hätte der Palästinenserkongress Israel richtiggehend anerkannt, und nicht verklausuliert hinter UN-Resolutionen versteckt."
Die PLO befand sich vor der Ausrufung des Staates in einer schwierigen Situation. Die arabischen Staaten traten zwar international als Fürsprecher der Palästinenser auf, doch das Interesse hatte in den 80er Jahren deutlich nachgelassen. Der als 1. Golfkrieg bekannte Krieg zwischen dem Irak und dem Iran war für viele arabische Staatschefs von größerer Bedeutung.
Gleichzeitig hatte sich in den palästinensischen Gebieten selbst eine Bewegung entwickelt. Im Dezember 1987 war im Gazastreifen die erste Intifada ausgebrochen: Der Aufstand gegen die israelische Besatzungsherrschaft griff schnell auf das gesamte Westjordanland über. Die PLO war an all dem nicht beteiligt und geriet zunehmend ins Abseits, so der Nahostexperte und Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik, Volker Perthes:
"Auf der einen Seite die arabischen Staatschefs, die nicht mehr viel Interesse an ihr hatten, auf der anderen Seite das palästinensische Volk in den palästinensischen Gebieten, die sagten: "Na, wenn uns von außen keiner hilft, dann nehmen wir die Dinge selbst in die Hand." Hier musste die PLO wieder ins Geschäft kommen und konnte das eigentlich nur durch einen großen politischen Coup, und das war: "Wir erkennen an, dass Palästina geteilt ist zwischen dem Staat Israel und einem Staat Palästina, den wir hiermit ausrufen."
Die Grenzen des neuen Staates, erklärte der ehemalige Bürgermeister Hebrons, Mustafa el Natsche, sollten sich am Teilungsplan der Vereinten Nationen von 1947 orientieren, an der UN-Resolution 181:
"Warum sprechen wir über die UN-Resolution 181? Weil das die einzige Resolution ist, die uns das Recht zugesteht, unseren eigenen Staat zu gründen. Hier ist die Rede sowohl von einem jüdischen wie einem palästinensischen Staat innerhalb Palästinas. Die Juden haben ihren Staat aufgebaut, jetzt sind wir dran."
1947 hatten die arabischen Staaten allerdings gegen die Resolution 181 gestimmt und die Teilung Palästinas zurückgewiesen. Mit der Ausrufung des jüdischen Staates kam es wenige Monate später zum Krieg, aus dem Israel als Sieger - und mit mehr Territorium als im Teilungsplan vorgesehen - hervorging. Die in der UN-Resolution 181 festgelegte Grenze spiele keine Rolle mehr, betonte der israelische Journalist Daniel Dagan 1988.
"Die Palästinenser müssen einsehen, dass das Rad der Geschichte sich nicht zurückdrehen lässt. Sie wollen heute den Staat, den sie vor 40 Jahren abgelehnt haben. Das geht nicht. Sie müssen von den Grundlagen der heutigen Situation ausgehen und die Bereitschaft erkennen lassen zu verhandeln über das, was es zu verhandeln gibt."
Einige Jahre nach Algier kam es schließlich zu Verhandlungen zwischen Israel und der PLO. Grundlage der Gespräche war jedoch nicht der UN-Teilungsplan sondern die UN-Resolution 242. Sie fordert von Israel einen Rückzug aus den besetzten Gebieten und von den Palästinensern eine Anerkennung des Staates Israel. Die Resolution 181 bleibt dennoch von Bedeutung. Volker Perthes:
"Sie hat insofern eine Rolle gespielt, als sie überhaupt das Prinzip der Zweistaatlichkeit festgelegt hat, und das war etwas, was die PLO vorher nicht anerkannt hat. Hiermit, also 88, auf dem Kongress in Algier, indem Arafat sagt: "Ich erkenne die Teilungsresolution von 1947 an", sagt er: "Ich erkenne an, dass wir nur einen Teil Ganz-Palästinas haben werden für unseren Staat"."
Allerdings existiert dieser Staat bis heute nicht - obwohl er nach seiner Ausrufung in Algier innerhalb weniger Tage von rund 30 Staaten anerkannt wurde. Doch auch in den palästinensischen Gebieten wissen die Menschen, dass die eigentliche Staatsgründung noch aussteht.
Ein wenig erstaunlich war es schon, was am 15. November 1988 in Algier geschah: Der Palästinensische Nationalrat rief im Exil einen Staat aus - auf einem Gebiet, über das er selbst keine Kontrolle hatte: Das Westjordanland und der Gazastreifen befanden sich seit dem Sechs-Tage-Krieg 1967 unter israelischer Besatzung. Entsprechend fielen die ersten Reaktionen aus Jerusalem aus.
"Das israelische Außenministerium nennt das Ganze einen Trick, der dem Friedensprozess nicht dienlich sei. Yitzak Schamir, der amtierende Premier, sieht sich bestätigt in seinem Verdacht, dass die PLO Israel vernichten wolle, und Shimon Peres, der Noch-Außenminister, meint, alles wäre viel positiver verlaufen, hätte der Palästinenserkongress Israel richtiggehend anerkannt, und nicht verklausuliert hinter UN-Resolutionen versteckt."
Die PLO befand sich vor der Ausrufung des Staates in einer schwierigen Situation. Die arabischen Staaten traten zwar international als Fürsprecher der Palästinenser auf, doch das Interesse hatte in den 80er Jahren deutlich nachgelassen. Der als 1. Golfkrieg bekannte Krieg zwischen dem Irak und dem Iran war für viele arabische Staatschefs von größerer Bedeutung.
Gleichzeitig hatte sich in den palästinensischen Gebieten selbst eine Bewegung entwickelt. Im Dezember 1987 war im Gazastreifen die erste Intifada ausgebrochen: Der Aufstand gegen die israelische Besatzungsherrschaft griff schnell auf das gesamte Westjordanland über. Die PLO war an all dem nicht beteiligt und geriet zunehmend ins Abseits, so der Nahostexperte und Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik, Volker Perthes:
"Auf der einen Seite die arabischen Staatschefs, die nicht mehr viel Interesse an ihr hatten, auf der anderen Seite das palästinensische Volk in den palästinensischen Gebieten, die sagten: "Na, wenn uns von außen keiner hilft, dann nehmen wir die Dinge selbst in die Hand." Hier musste die PLO wieder ins Geschäft kommen und konnte das eigentlich nur durch einen großen politischen Coup, und das war: "Wir erkennen an, dass Palästina geteilt ist zwischen dem Staat Israel und einem Staat Palästina, den wir hiermit ausrufen."
Die Grenzen des neuen Staates, erklärte der ehemalige Bürgermeister Hebrons, Mustafa el Natsche, sollten sich am Teilungsplan der Vereinten Nationen von 1947 orientieren, an der UN-Resolution 181:
"Warum sprechen wir über die UN-Resolution 181? Weil das die einzige Resolution ist, die uns das Recht zugesteht, unseren eigenen Staat zu gründen. Hier ist die Rede sowohl von einem jüdischen wie einem palästinensischen Staat innerhalb Palästinas. Die Juden haben ihren Staat aufgebaut, jetzt sind wir dran."
1947 hatten die arabischen Staaten allerdings gegen die Resolution 181 gestimmt und die Teilung Palästinas zurückgewiesen. Mit der Ausrufung des jüdischen Staates kam es wenige Monate später zum Krieg, aus dem Israel als Sieger - und mit mehr Territorium als im Teilungsplan vorgesehen - hervorging. Die in der UN-Resolution 181 festgelegte Grenze spiele keine Rolle mehr, betonte der israelische Journalist Daniel Dagan 1988.
"Die Palästinenser müssen einsehen, dass das Rad der Geschichte sich nicht zurückdrehen lässt. Sie wollen heute den Staat, den sie vor 40 Jahren abgelehnt haben. Das geht nicht. Sie müssen von den Grundlagen der heutigen Situation ausgehen und die Bereitschaft erkennen lassen zu verhandeln über das, was es zu verhandeln gibt."
Einige Jahre nach Algier kam es schließlich zu Verhandlungen zwischen Israel und der PLO. Grundlage der Gespräche war jedoch nicht der UN-Teilungsplan sondern die UN-Resolution 242. Sie fordert von Israel einen Rückzug aus den besetzten Gebieten und von den Palästinensern eine Anerkennung des Staates Israel. Die Resolution 181 bleibt dennoch von Bedeutung. Volker Perthes:
"Sie hat insofern eine Rolle gespielt, als sie überhaupt das Prinzip der Zweistaatlichkeit festgelegt hat, und das war etwas, was die PLO vorher nicht anerkannt hat. Hiermit, also 88, auf dem Kongress in Algier, indem Arafat sagt: "Ich erkenne die Teilungsresolution von 1947 an", sagt er: "Ich erkenne an, dass wir nur einen Teil Ganz-Palästinas haben werden für unseren Staat"."
Allerdings existiert dieser Staat bis heute nicht - obwohl er nach seiner Ausrufung in Algier innerhalb weniger Tage von rund 30 Staaten anerkannt wurde. Doch auch in den palästinensischen Gebieten wissen die Menschen, dass die eigentliche Staatsgründung noch aussteht.