Sprache als Material
Er gilt als einer der Pioniere der Konzeptkunst in den 60er-Jahren: Der New Yorker Lawrence Weiner hat in der Sprache das wichtigste Material seiner Kunst gefunden. Arbeiten aus vier Jahrzehnten sind jetzt im Düsseldorfer K 21 ausgestellt. Damit kehrt der Künstler ins Rheinland zurück, wo seine Karriere vor rund vier Jahrzehnten entscheidende Impulse bekam.
Wo ist die Kunst? Hätte man sich vielleicht gefragt, wenn man diese leeren weißen Räume so um 1970 herum betreten hätte. In großen farbigen Buchstaben sind da Sätze auf die Wände geschrieben:
"Mitgenommen bis zur tiefsten Stelle des Meeres"
In verschiedenen Sprachen und Schrifttypen stehen sie da, sparsam ergänzt durch Linien, Einrahmungen, mathematische Symbole wie Klammern und Plus- und Minus-Zeichen.
"Ein Streben nach Glück - so bald wie möglich."
Sprache ist das Material dieser Kunst und dieser Ausstellung. Nicht nur die Wände macht Lawrence Weiner zu Trägersubstanzen für seine rätselhaft anmutenden Botschaften. In einigen Vitrinen liegen von ihm gestaltete Bücher, Streichholzbriefchen, Taschentücher, eine ganze lange Wand ist tapeziert mit Plakaten. Über Kopfhörer können sich die Besucher mit Klangkunst durch die Ausstellung begleiten lassen: Noises for the Radio hat Weiner diese Audioarbeiten genannt. In Musikcollagen eingebettet, tauchen immer wieder seine Chiffren auf.
Seit 40 Jahren findet Lawrence Weiner sein künstlerisches Material vor allem in der Sprache. Vorläufig will er auch dabei bleiben.
"Es funktioniert sehr gut, jetzt, vielleicht morgen, beim Frühstück: mein Gott, ich muss ganz anders … Es ist immer eine Überraschung, jeden Tag."
Dabei bezeichnet der Mann sich als Bildhauer. Denn sein Thema ist der Raum, die Beziehung zwischen den Objekten untereinander und zwischen dem Werk und dem Betrachter, eine Beziehung, die er sich am liebsten als Gespräch vorstellt. Das beginnt der Besucher vielleicht am besten mit einem Schlüsselwerk, das Weiner 1962 geschaffen hat. Denn hier ist neben dem Satz auch eine gegenständliche Realisation vorhanden.
"Was auf den Tisch gesetzt wird, steht auf dem Tisch."
Zu sehen ist ein grober Holztisch, auf dem ein Stein liegt. In der ersten Realisation, die im Katalog abgebildet ist, war es ein grober gräulicher Klumpen, in der Düsseldorfer Installation ist es ein grünlicher, schlank wie eine kleine Stele aufragender Stein. Dasselbe Werk aus der Sicht des Künstlers, denn das Werk ist der Satz, der Tisch und der Stein sind nur zufällige Konkretisierungen. Weiner hat hier ein Gründungswerk der Konzeptkunst geschaffen, die in den Sechziger Jahren von den USA aus eine international dominierende Strömung wurde. Denn sie revolutionierte die Bedeutung der Begriffe "Kunstwerk" und "Künstler" und setzte neue Positionen, hinter die Moderne nicht mehr zurückgehen kann. Wobei Weiner sein umstürzlerisches Tun energisch bestreitet.
"Entschuldigung, das ist nicht wahr, die Arbeit von jedem von uns, von Richter, von mir, es ist nicht radikal, es ist ganz normal, es ist nicht radikal. Jedes Stück vom Künstler ist Konzept, ein Bildhauer muss den Stein finden, jedes ist ein Konzept, das ist eine altmodische Idee, was geht, ist das Beste."
Museumsdirektor Dr. Julian Heynen widerspricht aus der Perspektive des Kunsthistorikers und verweist auf die die Epoche machenden Maximen der Konzeptkunst, die Weiner aufgestellt hat:
"1. Der Künstler kann die Arbeit herstellen
2. Die Arbeit kann angefertigt werden.
3. Die Arbeit braucht nicht ausgeführt zu werden
Jede Möglichkeit ist gleichwertig und entspricht der Absicht des Künstlers."
Heynen: "Unsere Gesamtvorstellung, was kann alles Kunst sein, das war doch bis in die 60er Jahre an das Geviert des gemalten Bildes oder an die Skulptur auf dem Sockel bezogen. In diesem Sinne ist Lawrence Weiner eine der großen Figuren, auf deren Schultern wir heute stehen Deswegen denke ich, dass für all das, was in den 80ern passiert ist, was wir unter Postmoderne abbuchen, diese Position der Konzeptkunst und minimal art extrem wichtig waren, die interessanten Leute, die seit den 80er Jahren aufgetreten sind, haben sich durchaus in dieser Tradition verstanden."
Man hat es also diesmal mit einem Stück Kunstgeschichte zu tun im ganz den aktuellsten Strömungen verpflichteten K 21. Das Schöne ist: man merkt das nicht auf den ersten Blick. Weiners Arbeiten sind erstaunlich frisch, herausfordernd, kommunikativ, man kann sie mit Humor, mit Hintersinn, mit Fantasie lesen und wird eingefangen von der Art, wie sie philosophieren – über die Kunst und über das Leben. Dass diese Sphären einander durchdringen sollten, ist selbstverständlich für Weiner, der an vielen Orten der Welt mit Interventionen im öffentlichen Raum hervorgetreten ist. Durch Düsseldorf fährt in den nächsten Monaten eine Straßenbahn, die einen großen Schriftzug auf den Seiten trägt. Den hat Lawrence Weiner ihr mitgegeben:
"Eine Linie gezogen vom letzten Stern der Abenddämmerung bis zum letzten Stern der Morgendämmerung."
Service:
As far a the eye can see
Lawrence Weiner
Düsseldorf, K 21
Vom 27.9. bis zum 11.1.09.
"Mitgenommen bis zur tiefsten Stelle des Meeres"
In verschiedenen Sprachen und Schrifttypen stehen sie da, sparsam ergänzt durch Linien, Einrahmungen, mathematische Symbole wie Klammern und Plus- und Minus-Zeichen.
"Ein Streben nach Glück - so bald wie möglich."
Sprache ist das Material dieser Kunst und dieser Ausstellung. Nicht nur die Wände macht Lawrence Weiner zu Trägersubstanzen für seine rätselhaft anmutenden Botschaften. In einigen Vitrinen liegen von ihm gestaltete Bücher, Streichholzbriefchen, Taschentücher, eine ganze lange Wand ist tapeziert mit Plakaten. Über Kopfhörer können sich die Besucher mit Klangkunst durch die Ausstellung begleiten lassen: Noises for the Radio hat Weiner diese Audioarbeiten genannt. In Musikcollagen eingebettet, tauchen immer wieder seine Chiffren auf.
Seit 40 Jahren findet Lawrence Weiner sein künstlerisches Material vor allem in der Sprache. Vorläufig will er auch dabei bleiben.
"Es funktioniert sehr gut, jetzt, vielleicht morgen, beim Frühstück: mein Gott, ich muss ganz anders … Es ist immer eine Überraschung, jeden Tag."
Dabei bezeichnet der Mann sich als Bildhauer. Denn sein Thema ist der Raum, die Beziehung zwischen den Objekten untereinander und zwischen dem Werk und dem Betrachter, eine Beziehung, die er sich am liebsten als Gespräch vorstellt. Das beginnt der Besucher vielleicht am besten mit einem Schlüsselwerk, das Weiner 1962 geschaffen hat. Denn hier ist neben dem Satz auch eine gegenständliche Realisation vorhanden.
"Was auf den Tisch gesetzt wird, steht auf dem Tisch."
Zu sehen ist ein grober Holztisch, auf dem ein Stein liegt. In der ersten Realisation, die im Katalog abgebildet ist, war es ein grober gräulicher Klumpen, in der Düsseldorfer Installation ist es ein grünlicher, schlank wie eine kleine Stele aufragender Stein. Dasselbe Werk aus der Sicht des Künstlers, denn das Werk ist der Satz, der Tisch und der Stein sind nur zufällige Konkretisierungen. Weiner hat hier ein Gründungswerk der Konzeptkunst geschaffen, die in den Sechziger Jahren von den USA aus eine international dominierende Strömung wurde. Denn sie revolutionierte die Bedeutung der Begriffe "Kunstwerk" und "Künstler" und setzte neue Positionen, hinter die Moderne nicht mehr zurückgehen kann. Wobei Weiner sein umstürzlerisches Tun energisch bestreitet.
"Entschuldigung, das ist nicht wahr, die Arbeit von jedem von uns, von Richter, von mir, es ist nicht radikal, es ist ganz normal, es ist nicht radikal. Jedes Stück vom Künstler ist Konzept, ein Bildhauer muss den Stein finden, jedes ist ein Konzept, das ist eine altmodische Idee, was geht, ist das Beste."
Museumsdirektor Dr. Julian Heynen widerspricht aus der Perspektive des Kunsthistorikers und verweist auf die die Epoche machenden Maximen der Konzeptkunst, die Weiner aufgestellt hat:
"1. Der Künstler kann die Arbeit herstellen
2. Die Arbeit kann angefertigt werden.
3. Die Arbeit braucht nicht ausgeführt zu werden
Jede Möglichkeit ist gleichwertig und entspricht der Absicht des Künstlers."
Heynen: "Unsere Gesamtvorstellung, was kann alles Kunst sein, das war doch bis in die 60er Jahre an das Geviert des gemalten Bildes oder an die Skulptur auf dem Sockel bezogen. In diesem Sinne ist Lawrence Weiner eine der großen Figuren, auf deren Schultern wir heute stehen Deswegen denke ich, dass für all das, was in den 80ern passiert ist, was wir unter Postmoderne abbuchen, diese Position der Konzeptkunst und minimal art extrem wichtig waren, die interessanten Leute, die seit den 80er Jahren aufgetreten sind, haben sich durchaus in dieser Tradition verstanden."
Man hat es also diesmal mit einem Stück Kunstgeschichte zu tun im ganz den aktuellsten Strömungen verpflichteten K 21. Das Schöne ist: man merkt das nicht auf den ersten Blick. Weiners Arbeiten sind erstaunlich frisch, herausfordernd, kommunikativ, man kann sie mit Humor, mit Hintersinn, mit Fantasie lesen und wird eingefangen von der Art, wie sie philosophieren – über die Kunst und über das Leben. Dass diese Sphären einander durchdringen sollten, ist selbstverständlich für Weiner, der an vielen Orten der Welt mit Interventionen im öffentlichen Raum hervorgetreten ist. Durch Düsseldorf fährt in den nächsten Monaten eine Straßenbahn, die einen großen Schriftzug auf den Seiten trägt. Den hat Lawrence Weiner ihr mitgegeben:
"Eine Linie gezogen vom letzten Stern der Abenddämmerung bis zum letzten Stern der Morgendämmerung."
Service:
As far a the eye can see
Lawrence Weiner
Düsseldorf, K 21
Vom 27.9. bis zum 11.1.09.