Spotten, flirten, anherrschen
Es ist wie immer bei Thomas Bernhard: Das Leben ist ein einziges Siechtum, eine Krankheit hin zum Tode. In "Ein Fest für Boris" ist es eine Frau (‚die Gute’), die beide Beine verloren hat und aus dieser Ohmacht heraus die Welt mit Hasstiraden überzieht.
Die Adressaten ihrer manischen Monologe sind das Dienstmädchen Johanna, das die Schikanen weitgehend stumm über sich ergehen lässt, und Boris, der Ehemann der Guten, auch er ein Beinloser, von seiner Frau einst aus dem "Krüppelasyl" herausgeheiratet. Eine vermeintlich ‚gute Tat’, der die Hauptfigur ihren ironischen Namen verdankt.
In Christiane Pohles Inszenierung, mit der die Salzburger Festspiele im Landestheater eröffnet wurden, ist die belgische Schauspielerin Viviane de Muynck als Gute das Kraftzentrum der Aufführung. Im Unterrock, später im Königinnengewand thront sie auf einem Armsessel. Eine mächtige Erscheinung. Mit sonorer Stimme spuckt de Muynck die Worte aus, die ihr als Nicht-Muttersprachlerin kantig im Mund liegen. Und doch poltert sie nicht nur. Sondern zieht sämtliche Register: Sie spottet, flirtet, herrscht die anderen an, um nächsten Moment ganz zart, fast zärtlich zu werden.
"Eine Person ist eine Person, die in eine andere Person verhasst ist", lässt Thomas Bernhard die Gute sagen. Viviane de Muynck macht hinter diesem Hass auch die Sehnsucht der Figur nach Mitmenschlichkeit spürbar.
Christiane Pohle unternimmt vieles, um Bernhards in diesem frühen Stück noch etwas spröde Sprachkaskaden zu versinnlichen. Hinter der Guten dreht sich träge eine riesige Drehscheibe, Sinnbild eines sich stupide um sich selbst kreisenden Lebens. Die Handschuhe, die die Gute bei Bernhard im ersten Akt reihenweise anprobiert, werden bei Pohle ganz wörtlich zu Hand-Schuhen: das Dienstmädchen Johanna bringt der Guten Strümpfe und schachtelweise Pumps, in die sie mit Armen und Händen schlüpft – ein groteskes Bild der Hilflosigkeit.
Und dennoch: trotz solcher Zuspitzungen und einer überzeugenden Hauptdarstellerin lässt einen dieser Theaterabend seltsam kalt. Was vor allem am Stück liegt, in dem alles – die Beziehungen der Figuren untereinander, ihr Verhältnis zur Welt, der Selbsthass und Weltekel der Guten – von Anfang an offen da liegt.
Ende der 1960er Jahre wirkte soviel Pessimismus noch verstörend. Weshalb Josef Kaut, damaliger Präsident der Salzburger Festssiele, die das Stück in Auftrag gegeben hatten, seine Aufführung ablehnte – aus Rücksicht "auf die Nerven unserer empfindsamen Gäste", wie er damals an Bernhard schrieb.
Christiane Pohles Inszenierung dagegen wurde mit einhelligem Applaus aufgenommen. Als wollte das Publikum demonstrieren, dass es 2007 vor Bernhard nicht mehr in Schutz genommen zu werden braucht. Und tatsächlich: zumindest in diesem frühen Stück scheint Bernhards böser Witz schon ein bisschen stumpf geworden.
In Christiane Pohles Inszenierung, mit der die Salzburger Festspiele im Landestheater eröffnet wurden, ist die belgische Schauspielerin Viviane de Muynck als Gute das Kraftzentrum der Aufführung. Im Unterrock, später im Königinnengewand thront sie auf einem Armsessel. Eine mächtige Erscheinung. Mit sonorer Stimme spuckt de Muynck die Worte aus, die ihr als Nicht-Muttersprachlerin kantig im Mund liegen. Und doch poltert sie nicht nur. Sondern zieht sämtliche Register: Sie spottet, flirtet, herrscht die anderen an, um nächsten Moment ganz zart, fast zärtlich zu werden.
"Eine Person ist eine Person, die in eine andere Person verhasst ist", lässt Thomas Bernhard die Gute sagen. Viviane de Muynck macht hinter diesem Hass auch die Sehnsucht der Figur nach Mitmenschlichkeit spürbar.
Christiane Pohle unternimmt vieles, um Bernhards in diesem frühen Stück noch etwas spröde Sprachkaskaden zu versinnlichen. Hinter der Guten dreht sich träge eine riesige Drehscheibe, Sinnbild eines sich stupide um sich selbst kreisenden Lebens. Die Handschuhe, die die Gute bei Bernhard im ersten Akt reihenweise anprobiert, werden bei Pohle ganz wörtlich zu Hand-Schuhen: das Dienstmädchen Johanna bringt der Guten Strümpfe und schachtelweise Pumps, in die sie mit Armen und Händen schlüpft – ein groteskes Bild der Hilflosigkeit.
Und dennoch: trotz solcher Zuspitzungen und einer überzeugenden Hauptdarstellerin lässt einen dieser Theaterabend seltsam kalt. Was vor allem am Stück liegt, in dem alles – die Beziehungen der Figuren untereinander, ihr Verhältnis zur Welt, der Selbsthass und Weltekel der Guten – von Anfang an offen da liegt.
Ende der 1960er Jahre wirkte soviel Pessimismus noch verstörend. Weshalb Josef Kaut, damaliger Präsident der Salzburger Festssiele, die das Stück in Auftrag gegeben hatten, seine Aufführung ablehnte – aus Rücksicht "auf die Nerven unserer empfindsamen Gäste", wie er damals an Bernhard schrieb.
Christiane Pohles Inszenierung dagegen wurde mit einhelligem Applaus aufgenommen. Als wollte das Publikum demonstrieren, dass es 2007 vor Bernhard nicht mehr in Schutz genommen zu werden braucht. Und tatsächlich: zumindest in diesem frühen Stück scheint Bernhards böser Witz schon ein bisschen stumpf geworden.