Sportstadt Potsdam

Zwischen Erfolg, Wachstum und fehlenden Sponsoren

06:12 Minuten
Mehrere Spielerinnen des Volleyball-Bundesligisten SC Potsdam freuen sich in einem Spiel der Finalserie um die deutsche Meisterschaft.
Die Volleyballerinnen des SC Potsdam sind Vizemeisterinnen 2022. In der FInalserie unterlag des Team dem Favoriten MTV Stuttgart nur knapp mit 2:3. © picture alliance / dpa / Soeren Stache
Von Wolf-Sören Treusch · 29.05.2022
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Turbine Potsdam, SC Potsdam, VfL Postdam: Berlin bekommt als Sportstadt Konkurrenz vom kleinen Nachbarn. Denn Brandenburgs Landeshauptstadt glänzt nicht nur mit Sanssouci, sondern auch mit sportlichen Erfolgen.
Anfang Mai, die Volleyballfrauen des SC Potsdam werden Vizemeister. Zuvor unterlagen sie in einer dramatischen Finalserie dem MTV Stuttgart in fünf Spielen.
Bei der Abschlussparty dabei ist auch Mike Schubert, der Oberbürgermeister der Stadt. Der SPD-Politiker verbucht die knappe Niederlage als Erfolg. Ebenso wie den zu erwartenden Aufstieg des 1. VfL Potsdam in die 2. Handball-Bundesliga der Männer.

„Die Sportstadt Potsdam wacht wieder auf, und es kommen ein paar Sportarten dazu, die wir ja in der Tat, wie man so schön sagt, nicht auf der Payroll hatten", freut sich Schubert. "Kanu zählte man immer zu Potsdam, Leichtathletik zählte man immer zu Potsdam, Turbine, …“

Regelmäßig Olympiateilnehmer aus Potsdam

Aus der Stadt reisen seit 1960 regelmäßig Sportlerinnen und Sportler zu Olympischen Spielen. Das Zentrum des Leistungssports am Luftschiffhafen gilt bis heute als Medaillenschmiede: Kanutin Birgit Fischer, Kugelstoßer Udo Beyer, Schwimmer Jörg Hoffmann oder aktuell die Bob-Anschieberin Deborah Levi: Sie alle holten Edelmetall für Deutschland und hatten beziehungsweise haben ihre sportliche Heimat in Potsdam.

Der Erfolg der Volleyballfrauen rückt neuerdings auch den Mannschaftssport in den Fokus. Der SC Potsdam wird in der kommenden Saison Champions League spielen – als einziges Team aus Potsdam, frohlockt Sportdirektor Toni Rieger.

Wir werden unsere Stadt auch europaweit repräsentieren, die Champions League ist das höchste in der Klubgeschichte, was ein Verein spielen kann und darf. Wir sind angetreten in der Bundesliga 2009, um Titel zu holen, und das wollen wir nutzen, und dazu brauchen wir natürlich auch noch tatkräftige Unterstützung.

Toni Rieger, Sportdirektor des SC Potsdam

Am liebsten wäre Volleyball-Funktionär Rieger ein finanzkräftiger Sponsor. Doch genau daran mangelt es in der eigentlich wohlhabenden Landeshauptstadt.

Neidischer Blick auf Schwerin

Fernsehstar Günther Jauch, SAP-Gründer Hasso Plattner oder der Vorstandsvorsitzende von Axel Springer, Mathias Döpfner, spenden zwar hohe Millionenbeträge – aber für Kultur und Denkmalschutz. Für den Sport fällt davon nichts ab. Und die Konkurrenz ist groß in der Stadt.

„Wir haben einfach zu viel Spitzensport an einem Fleck. Gucken wir nach Schwerin. Dort gibt's SSC Palmberg Schwerin", schaut Volleyball-Sportdirektor Toni Rieger ein wenig neidisch auf die Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern im Norden. "Aber ansonsten hat Schwerin nichts. Die sind da die absolute Nummer eins.“ 

Hauptsponsor des SC Potsdam ist ein kommunaler Betrieb: die Energie und Wasser Potsdam, EWP. Mit 130.000 Euro im Jahr fördern die Stadtwerke den Spielbetrieb der Volleyballerinnen – für ein Team in der Champions League viel zu wenig. Seit Jahren ist die Summe unverändert.

Schwierige Sponsorensuche

Auch der mehrfache deutsche Frauen-Fußballmeister 1. FFC Turbine Potsdam – zuletzt dreimal hintereinander auf Platz vier in der Bundesliga und in diesem Jahr im DFB-Pokalfinale – weiß, wie schwer es ist, sportliche Leistung in bare Münze umzusetzen.

Trotz des Champions-League-Erfolges 2010 geht Turbine-Präsident Rolf Kutzmutz deshalb immer noch regelmäßig Klinken putzen.
Fußballerinnen von Turbine Potsdam beim Spiel bei Bayern München
Turbine Potsdam gehört zu den erfolgreichsten deutschen Frauen-Klubs im Fußball. 2010 gewann das Team sogar die Champions League.© dpa / picture alliance / Sven Leifer

Tesla, als ich Verbindung aufgenommen habe: ‚Herr Musk hat keinerlei Interesse an sportlichen Aktivitäten‘." Bei Ikea habe er an den Hauptvertreter geschrieben, sagt Kutzmutz: "Er hat mir wirklich nett geantwortet: ‚Es gehört zur Firmenphilosophie, dass wir keine sportlichen Aktivitäten unterstützen‘.“

Zahl der Sportvereine stark gestiegen

Doch nicht nur der Leistungssport, auch der Breitensport in Potsdam stößt an Grenzen. Die Zahl der Sportvereine ist in den vergangenen 20 Jahren von 117 auf 167 gestiegen, die Zahl der Mitglieder hat sich von knapp 18.000 auf etwa 34.000 nahezu verdoppelt. Die Stadt wächst rasant, kommt aber mit Neubau, Erweiterung und Sanierung von Sportstätten kaum hinterher.

Mike Schubert, der Oberbürgermeister der 180.000-Einwohner-Stadt, erklärt: „Wir sind so groß wie ein Berliner Bezirk, da muss man manchmal die Kirche ein Stück im Dorf lassen. Alles gleichzeitig geht nicht, von daher sind wir jetzt ganz gut aufgestellt und sollten schauen, dass wir die, die jetzt da sind, gut unterstützen und damit das Profil der Stadt weiter ausbilden.“

Heißt konkret: die Potsdam Royals, 2018 aufgestiegen in die höchste deutsche Football League, erhalten von der Stadt keine Unterstützung. Jedenfalls nicht, was den Bau eines neuen Stadions anbelangt. Ohnehin sind dafür keine Flächen mehr verfügbar. Potsdam wird kämpfen müssen, um seinen Ruf als Sportstadt zu verteidigen.

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