Sportdeutschland.tv vom DOSB

Kanal der Außenseiter

Der Deutsche Felix Georgii springt bei der Wakeboard-WM im Stadionbad in Köln über eine Rampe.
Eine der Sportarten, die kaum eine Chance haben, sonst im Fernsehen gezeigt zu werden, ist Wakeboard. © picture alliance / dpa / Marius Becker
Von Günter Herkel · 03.05.2015
Fußball, Fußball, Fußball – die Klage übers deutsche Fernsehen ist nicht neu. Kleinere Sportarten haben es tatsächlich schwer, deshalb griff der Deutsche Olympische Sportbund zur Selbsthilfe und gründete Sportdeutschland.tv, einen Online-Sportkanal.
"Der Ansatz ist, zu sagen: Beschwert euch nicht immer nur, dass ihr nicht zu sehen seid. Wir haben das ja oft, dass dann nach den Öffentlich-Rechtlichen gerufen wird für einzelne Sportevents oder Sportarten, sondern: Nehmt die Sache selber in die Hand."
Sagt Oliver Beyer, Geschäftsführer von DOSB New Media, einer Tochter des Deutschen Olympischen Sportbundes. Der Aufruf blieb nicht ungehört. Los ging es im August vergangenen Jahres mit der EM der paralympischen Schwimmer. Es folgten die Olympischen Jugendspiele in Nanjing. Parallel dazu liefen die Wakeboard-Weltmeisterschaften und die Badminton-WM. Ein gutes halbes Jahr nach dem Launch von sportdeutschland.tv zieht Beyer eine stolze Zwischenbilanz.
"Wir haben eine Million Menschen erreicht mit unseren Sportübertragungen, neun Mio. Seitenaufrufe auf der Plattform, ca. 50 Sportarten alles in allem (...) da sieht man schon, da tut sich einiges, und es bietet auch unheimlich vielen, vielleicht kleineren Zielgruppen, aber in der Bündelung dann doch ne sehr große Reichweite, eine Anlaufstelle, um ihren Sport zu sehen."
Schon im Rahmen des sozialen Netzwerks splink.de hatte der DOSB seit Frühjahr 2014 mit Bewegtbildern von Veranstaltungen einiger seiner Mitglieder experimentiert. Mit positiver Resonanz: Viele der Mitgliedsverbände signalisierten starkes Interesse an einer übergreifenden Videoplattform. So entstand sportdeutschland.tv. Die Vorteile liegen auf der Hand.
"...da wollen wir eben zusammen mit Sportverbänden, mit Ligen, mit Veranstaltern Hand in Hand gehen und erstmalig das alles bündeln, damit ich auch für Sportfans eine zentrale Anlaufstelle habe."
Es gehe darum, den einzelnen Verbänden und Sportarten eine zentrale Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. So lässt sich umständlicher Mehrfachaufwand vermeiden: Rechteerwerb, Technik, redaktionelle Betreuung – das alles liefert der DOSB aus einer Hand. Ein echter Scoop gelang sportdeutschland.tv mit der Volleyball-WM der Männer im vergangenen September. Von der ARD ignoriert, vom Privatsender Sport 1 nach Problemen mit den Lizenzrechten für's Free TV wieder fallengelassen, sprang der DOSB-Kanal ein. Und übertrug live alle WM-Partien der deutschen Nationalmannschaft im Internet. Mitsamt dem kleinen Finale gegen Frankreich, in dem die Deutschen Bronze erkämpften. Bei den Öffentlich-Rechtlichen wird der neue Medienplayer nicht als Konkurrent angesehen. Eher als jemand, der komplementär über Sportarten berichtet, die in den großen Sendern auch aus Quotengründen meist durch den Rost fallen. ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky:
"Es gibt kein Interesse, das Massenmedium Fernsehen aufzugeben oder durch das Internet zu ersetzen, sondern ich glaube, das ist die Möglichkeit für Verbände, ergänzende Dinge zu tun, ihre Archive zu nutzen, all die Dinge zu tun, die wir in der Form gar nicht machen können."
Plattform soll sich irgendwann selbst tragen
Steigt das Nutzerinteresse weiter so rasant an, will der DOSB mit der Plattform auch Geld verdienen – schließlich soll sie sich eines Tages selbst tragen. Daher kooperiert DOSB New Media in der Videoclip-Vermarktung mit einer Tochter der RTL-Gruppe. Eine Bereicherung für die Freunde auch nicht so massenattraktiver oder gar Nischen-Sportarten ist sportdeutschland.tv allemal. Problematisch erscheint allerdings die Konstruktion, dass hier Sportverbände im Grunde über sich selbst berichten.
"Ja, das ist durchaus fragwürdig. Denn die Berichterstattung über den Sport ist schon Aufgabe der Medien."
Meint Hendrik Zörner, Sprecher des DJV. Natürlich könne es keiner Sportorganisation verwehrt werden, eigene Bilder zu produzieren und diese eigenen Bilder auch auf der eigenen Seite online zu stellen. Aber:
"Jeder User muss eben wissen, es handelt sich nicht um journalistisch aufbereitetes Material. Es handelt sich nicht um ne kritische Sportberichterstattung, sondern das ist Berichterstattung aus der Sicht des Veranstalters."
New-Media-Geschäftsführer Oliver Beyer wiegelt ab. Die Kriterien professioneller Sportberichterstattung mag er einstweilen auf sportdeutschland.tv nicht anwenden.
"Die wollen erstmal die Begeisterung vermitteln, die Leistung vermitteln, die dahinter steht. Da geht's auch erst mal gar nicht um journalistische Kategorien, die wollen erstmal zeigen, Mensch: Volleyball ist n toller Sport, Tischtennis ist'n toller Sport, Wakeboarden ist'n toller Sport. Den kann man sich einfach ankucken, damit man den überhaupt mal sieht."
Was aber, wenn demnächst doch in einer DOSB-Sportart mal wieder ein Dopingfall oder ein Verbandsskandal ruchbar wird.

Hören Sie dazu auch unser Nachspiel-Feature am 24. Mai 2015, 18:05 Uhr:
Kanal der Außenseiter - Vernachlässigte Sportdisziplinen machen Fernsehen, von Günter Herkel

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