Sportartikelhersteller

Wie Adidas Nike Beine machen will

"Brazuca" heißt der Spielball für die Fußball-WM 2014 in Brasilien. Rund ein halbes Jahr vor WM-Anpfiff ist am 03.12.2013 in Rio de Janeiro der offizielle Spielball der Weltmeisterschaft, "Brazuca", vorgestellt worden.
Den Spielball für die Fußball-WM 2014 in Brasilien hatte Adidas gestellt © picture alliance /dpa / Nadine Rupp / Adidas
Von Michael Watzke · 29.03.2015
Das Image ist für Sport-Ausrüster überlebenswichtig. Adidas, Nike und Co. geben jährlich viele Millionen Euro aus, um etwa prominente Sportler einzukleiden. Um in den USA zu punkten, dem Heimatmarkt von Nike, setzt Adidas auf die Strategie der Digitalisierung.
Trainingsausklang in der Umkleidekleide-Kabine der "Los Amigos", einer Hobbykicker-Truppe aus dem Münchner Norden. Zwei Dutzend Männer zwischen 30 und 50 diskutieren über Fußball und die Welt. Der Kapitän, Michael Bartle, zeigt auf seinem Handy stolz ein Selfie-Foto von sich und Lionel Messi, das er ein paar Tage zuvor am Flughafen Barcelona geschossen hat. Dass Lionel Messi Adidas-Klamotten trägt, ist Michael egal.
Dabei geben Sportfirmen wie Adidas jedes Jahr hunderte von Millionen Euro aus, um Superstars einzukleiden. Real-Madrid-Ikone Ronaldo allein verdient fast zehn Millionen Euro pro Jahr dafür, dass er sich in Nike zeigt. Mit dem Welt-Fußballer des Jahres im Schlepptau hat Nike auch in Deutschland Marktanteile gewonnen. Vor allem übers Image. Das stellen auch die Hobbykicker "Los Amigos" fest.
Diese Historie versucht Adidas seit einigen Jahren mit einer sogenannten Classic Collection zu versilbern. Auch bei der Präsentation der neuesten Firmen-Strategie diese Woche in Herzogenaurach verweist Adidas-Chef Herbert Hainer immer wieder auf die Tradition, die Geschichte von Adi Dassler als dem angeblich ersten Sport-Ausrüster der Welt.
"Alles, was wir tun und je getan haben, ist im Sport verwurzelt", sagt Hainer. Sport sei eine Geisteshaltung, ein Lebensstil, aus dem Adidas seine Identität schöpfe.
Es geht immer ums Image
Kleiner geht es nicht bei Sportartikel-Herstellern. Wenn Nike, Puma oder der neue Star der Branche, das US-Unternehmen Under Armor, ihre Produkte und Strategien vorstellen, geht es immer auch und vor allem ums Image. Da fallen Begriffe wie Leidenschaft, Obsession, bedingungsloser Kampf oder gar Selbstaufopferung. Anders lassen sich Produkte, die in Niedriglohnländern zu geringen Materialkosten zusammengenäht werden, nicht zu den absurd hohen Preisen verkaufen, die sie im Laden kosten.
Ein Fußball-Trikot von Bayern München etwa, das Adidas für 89 Euro anbietet, hat an Material gerade mal Cent-Beträge gekostet. Das Teure sind die Marketing-Ausgaben – für die schicken Adidas Stores etwa in New York oder die aufwändigen Werbekampagnen. Und da läuft Nike aus Amerika den Deutschen aus Herzogenaurach seit Jahren den Rang ab. Der Markenchef von Adidas, der US-Amerikaner Eric Liedtke, will sich nun stärker auf Amerika konzentrieren – den dortigen Markt, die dortigen Trends.
"Amerika ist unsere größte Herausforderung, sagt Liedtke. In den USA werden 30 Prozent aller Sportartikel weltweit verkauft, das Land hat großen Einfluss auf die Sportkultur und auf die street culture."
Während Liedtke redet, steht er in der Adidas-Firmenzentrale vor der Attrappe einer Reihe von Schließfächern, wie man sie aus Umkleidekabinen von Sportvereinen kennt. Über diese "Locker Rooms" müsse Adidas wieder die Hoheit gewinnen.
Sportler werden digitale Datenträger
Die Umkleidekabine, sagt Liedtke, sei der Platz, an dem Loyalität entstehe. Diese Kunden-Bindung könne man nicht kaufen, man müsse sie verdienen – mit doppelter Anstrengung.
Eine dieser Anstrengungen ist für Adidas die Digitalisierung. Das bedeutet: der Konzern will jedes Produkt und seinen Eigentümer zu Datenträgern machen und vernetzen. Mit einer solchen Strategie könnte der Konzern den "Locker Room" der "Los Amigos" Hobbykicker in München durchaus gewinnen.
Allerdings ist Adidas mit dem Versuch der Vernetzung und "Gamification" von Kunden nicht allein. Nike und andere Konkurrenten forschen ebenso daran, aus Sportlern digitale Datenträger zu machen. Und noch ist unsicher, ob Kunden ihre persönlichen Daten überhaupt teilen wollen. Hier ist das US-Unternehmen Nike dem europäischen Konzern Adidas möglicherweise voraus. Nike ist besonders stark in seinem Heimatmarkt Amerika.
Dort ist die Bereitschaft der Kunden, ihre Daten preisgeben, um sich mit anderen zu messen, viel größer als im eher vorsichtigen Europa. Deshalb ist in den USA auch der Innovationsdruck stärker. Um in der Sprache der Sportler-Umkleidekabinen zu reden: Adidas ist auswärtsschwach und muss eine Schippe drauflegen, wenn es beim Gegner Nike nicht unter die Räder kommen will.
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