Sport

Sei dein eigenes Sportstudio!

Ein junger Mann macht neben einer Personenwaage Liegestützen im Badezimmer
Wer Liegestützen machen will, braucht kein Fitnessstudio. © picture-alliance / dpa / Zangl
Von Elmar Krämer  · 19.12.2013
Elmar Krämer ist auf der Suche nach aktuellen Fitnesstrends auf ein Buch gestoßen: "Fit ohne Geräte" heißt es. Davon gibt es auch eine App für Smartphones, die das Training mit dem eigenen Körpergewicht propagiert - und hat diese kurzerhand ausprobiert.
"Unser wahres Zuhause ist nicht unser Haus oder unser Land, unser wahres Zuhause ist unser Körper, er ist der aller wichtigste physische Gegenstand, um den sie sich in dieser Welt kümmern sollten."
Bei YouTube stoße ich auf einen Trailer für ein Buch und eine App von Mark Lauren: Einer dieser durchtrainierten Schleifer-Typen mit militärisch kurzem braunen Haar, macht in zackig zusammengeschnitten Schwarz-Weiß-Aufnahmen Übungen vor, die von Yoga, Krankengymnastik und diversen Krafttrainingseinheiten bekannt sind: Liegestütz, Brücke, Ausfallschritte, Bauchmuskelübungen in unterschiedlichen Variationen.
Mark war Jahre lang Fitnesstrainer in der US-Armee und entwickelte ein Trainingssystem, das darauf basiert, den eigenen Körper als Wiederstand zu nutzen – und das somit überall und jederzeit einsetzbar ist . Ein großer Vorteil zum Maschinentraining im Fitnessstudio aber nicht der einzige, wie er im Skype-Interview verrät:
"Trainieren mit Maschinen macht sie gut mit Maschinen, wenn sie mit Maschinen trainieren, werden sie gut darin, die Hebel einer Maschine zu bewegen. Trainieren mit Körpergewichtübungen macht sie gut mit ihrem eigenen Körper."
Wer beispielsweise Liegestütz macht, der trainiert nicht nur die Brust, sondern auch Bauch, Rücken und Armmuskeln.
Maximaler Effekt mit minimalem Aufwand
Der Fitnessmarkt schreit nach maximalem Effekt mit minimalem Zeitaufwand, so hat Mark Lauren die Gunst der Stunde genutzt und seine für die Armee entwickelten Trainingskonzepte und Pläne für den Normalbürger zugänglich gemacht: Die App für Android und iOS gibt es für unter drei Euro. Das Rüstzeug ist also schnell verfügbar.
"Sie müssen nur anfangen, wo immer sie sind."
Alles klar – ich lade mir die 66 MB große App aufs Handy – und gleich dazu noch das mit 560 MB deutlich größere kostenlose Video-Paket, dass es einem ermöglicht, sich die Übungen vormachen zu lassen. Die kostenpflichtigen Trainingsvideoeinheiten lasse ich weg.
Der Startbildschirm der App ist übersichtlich: "You are Your own Gym" steht da weiß auf grauem Grund, darunter ein großes grünes Feld "Start working out" – wie war das nochmal:
"Sie müssen nur anfangen…"
Es muss schnell gehen, also Quick Workout
Ich drücke den grünen Knopf und kann wählen: Ein Zehn-Wochen-Programm und "Quick Workouts". Es muss schnell gehen, also Quick Workouts. Ein kurze Selbsteinschätzung: „Beginner“ bin ich nicht, "Advanced" oder "Elite"? Na, wir wollen mal nicht übertreiben. Also wähle ich "Intermediate". Nun lege ich noch die Trainingszeit fest von zwei bis 20 Minuten, ich wähle 14 Minuten - das passt in die Tagesschau.
Los geht`s mit einem Zirkeltraining aus vier Übungen, jeweils 20 Sekunden Bewegung, dann zehn Sekunden Atempause, dann die nächste Übung und das sieben Durchgänge lang. Mark Lauren macht im Display die Übungen mit:
Erste Übung: Squats – das sind Kniebeugen: Stand Schulterbreit, Arme in der Beugung nach vorne und schnell ausgeführt. Die letzten fünf Sekunden werden signalisiert.
Ich werde aufgefordert meine Widerholungszahl einzugeben, dann gibt’s zehn Sekunden Pause. Zweite Übung: Military Press – Liegestütz aus der Yogahaltung nach unten schauender Hund. Wieder die Widerholungszahl eingetippt. Dritte Übung: Swimmers – Ich liege auf dem Bauch und paddle mit Armen und Beinen, also Rückentraining. Vierte Übung: Mountain climbers – Liegestützposition und jetzt abwechselnd ein Fuß nach vorn zwischen den Armen absetzen in federndem Wechsel. Mir wird warm – und das war erst der erste Durchgang. Fehlen noch sechs.
Nach 14 Minuten tropft der Schweiß
Als der Wetterbericht Regen verspricht, tropft es von meiner Stirn, mein Puls rast und ich bin völlig platt – und das nach 14 Minuten. Aber gut, ich habe nicht mit einem Schokoriegel vor dem Fernseher gesessen, sondern mich bewegt, obwohl das mit dem Schokoriegel auch eine verlockende Alternative wäre – vielleicht morgen? Ich hab ja heute schon trainiert:
"Sie müssen regelmäßig trainieren, drei bis fünf Mal pro Woche, das ist sehr leicht mit meinem Programm, weil es nur 20 bis 40 Minuten pro Workout dauert und man kann es zu Hause und unterwegs machen. Entscheidend ist, was ihnen wichtiger ist, ihre Ziele oder das, was ihnen beim Erreichen ihrer Ziele im Weg steht."
Krafttraining mit der App scheint mir sehr effektiv, wenn man es regelmäßig macht, aber das bloße Herunterladen und die Gewissheit, dass man ja könnte, reicht nicht!
Die Zeit in ein Fitnessstudio fahren zu müssen spare ich mir, ebenso die Mitgliedsbeiträge – natürlich fehlen die Trainer, mit der individuellen Motivationsansprache, aber mit ein bisschen Selbstdisziplin und einem Grundverständnis für sportliche Bewegung bietet das Training mit der App eine gute Möglichkeit, etwas für den eigenen Körper zu tun. Ich will weitermachen, die Motivation ist da.
Auch nach Wochen noch am Ball
Sieben Wochen später: Ich trainiere vier bis fünf Mal in der Woche um die 30 Minuten mit der App – manchmal ist es schwer, den inneren Schweinehund, der vom Sofa aus mit dem Schokoriegel winkt, zu überwinden, aber der strikte Zeitplan, den die App vorgibt und die abwechslungsreichen Einheiten sorgen dafür, dass ich weiter mache.
Die vorgeschlagenen Klimmzüge an einer Tür mache ich doch lieber an einer Klimmzugstange und hier und da tausche ich die eine oder andere Übung durch eine angebotene Alternative aus. Und: ich habe Muskelkater – ein gutes Zeichen, denn wo der ist müssen auch Muskeln sein.
"Workout complete – good job!“"
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