Splatterhorror aus dem 16. Jahrhundert
Es ist die blutigste Tragödie Shakespeares. Regisseur Tang Shu-Wing inszeniert "Titus Andronicus" mit Livemusik, wilden Schauspielern und zwölf Stühlen auf einer sonst leeren Bühne.
Zwölf Schauspieler sitzen auf der Bühne. Die Augen haben sie geschlossen. Der Beginn der Aufführung wirkt wie eine klösterliche Meditation. Die ersten Szenen sind Sprechperformances. Nur wer dran ist, öffnet die Augen. Der Theatermacher Tang Shu-Wing aus Hongkong hat William Shakespeares blutigstes und zynischstes Drama inszeniert, den "Titus Andronicus", Splatterhorror aus dem 16. Jahrhundert. Bei ihm wird das Stück zu einem philosophischen Nachdenken über die schwärzesten Seiten des Menschseins.
Das Shakespeare-Festival in einem modernisierten Globe-Theater neben der Rennbahn in Neuss zeigt immer wieder ungewöhnliche internationale Produktionen. Die Deutschlandpremiere des "Titus Andronicus" aus Hongkong gehört zu den Höhepunkten des Festivals. Vieles erinnert an Peter Brook, der Mitte der 50er-Jahre das zuvor verschmähte Stück erstmals wieder auf die Bühne brachte. Brooks Ästhetik der Reduktion spielt auch für Tang Shu-Wing eine große Rolle. Wenn im Text Hände abgeschlagen werden, ziehen sich die Schauspieler knallrote Handschuhe an. Es gibt Bühnenkämpfe, aber sie sind nicht exzessiv, man merkt die hundertprozentige Körperbeherrschung der Akteure.
Das Shakespeare-Festival in einem modernisierten Globe-Theater neben der Rennbahn in Neuss zeigt immer wieder ungewöhnliche internationale Produktionen. Die Deutschlandpremiere des "Titus Andronicus" aus Hongkong gehört zu den Höhepunkten des Festivals. Vieles erinnert an Peter Brook, der Mitte der 50er-Jahre das zuvor verschmähte Stück erstmals wieder auf die Bühne brachte. Brooks Ästhetik der Reduktion spielt auch für Tang Shu-Wing eine große Rolle. Wenn im Text Hände abgeschlagen werden, ziehen sich die Schauspieler knallrote Handschuhe an. Es gibt Bühnenkämpfe, aber sie sind nicht exzessiv, man merkt die hundertprozentige Körperbeherrschung der Akteure.
Ein Kreislauf des Grauens
Die Gefühle allerdings sind groß, gewaltig, ungebrochen. Schreien, Leiden, Trauern. Wut, Hass, Rachsucht. All das bricht ohne den Ansatz einer Ironisierung über die Zuschauer hinein. Es ist ja auch – je nach Geschmack – der Reiz oder die Irritation asiatischer Filme, dass Schauspieler pure Emotionen zeigen, mit verzerrten Gesichtern und gespannten Körpern. Diese archaische Wucht des Spiels bringt Tang Shu-Wing auf die Bühne. Über den Spielern sitzt ein Musiker, der die Szenen auf Kniegeige und Trommeln untermalt. In den Gewaltszenen spielt er verschiedene Flöten, setzt den Ausbrüchen der Bestialität zerbrechliche Klänge entgegen.
Die schwarzweißgrauen Kostüme erinnern an heutige Uniformen. Die Aufführung trägt keine politische Aussage vor sich her, zumindest keine, die sich in einem anderen Kulturkreis sofort erkennen ließe. Es geht um den Kreislauf des Grauens, dass Blut immer wieder nach Blut schreit. Titus, der Feldherr, der nicht die Macht ergreifen will, erinnert an einen Samurai, dessen Ehrenkodex zerbricht, als seine Kinder geköpft, verstümmelt und geschändet werden. Auch sein intriganter Gegenspieler, dem Geschmack der Zeit entsprechend ein Mohr, kämpft um sein Baby. Ein absurder Glaube an eine bessere Zukunft steckt noch in diesen Menschen. Doch es gibt keinen Hoffnungsschimmer in diesem Stück.
Am Ende stehen alle Schauspieler in Formation. Wieder haben sie die Augen geschlossen. Zu leiser Musik lassen sie die Hände kreisen, mehr nicht. Doch in dieser Bewegung steckt pure Konzentration und Kraft. Dann stehen sie still, eine spanungsgeladene Aura umgibt sie. Peter Brooks Theaterphilosophie und asiatische Traditionen von Tanz und Martial Arts gehen eine faszinierende Mischung ein.
Die schwarzweißgrauen Kostüme erinnern an heutige Uniformen. Die Aufführung trägt keine politische Aussage vor sich her, zumindest keine, die sich in einem anderen Kulturkreis sofort erkennen ließe. Es geht um den Kreislauf des Grauens, dass Blut immer wieder nach Blut schreit. Titus, der Feldherr, der nicht die Macht ergreifen will, erinnert an einen Samurai, dessen Ehrenkodex zerbricht, als seine Kinder geköpft, verstümmelt und geschändet werden. Auch sein intriganter Gegenspieler, dem Geschmack der Zeit entsprechend ein Mohr, kämpft um sein Baby. Ein absurder Glaube an eine bessere Zukunft steckt noch in diesen Menschen. Doch es gibt keinen Hoffnungsschimmer in diesem Stück.
Am Ende stehen alle Schauspieler in Formation. Wieder haben sie die Augen geschlossen. Zu leiser Musik lassen sie die Hände kreisen, mehr nicht. Doch in dieser Bewegung steckt pure Konzentration und Kraft. Dann stehen sie still, eine spanungsgeladene Aura umgibt sie. Peter Brooks Theaterphilosophie und asiatische Traditionen von Tanz und Martial Arts gehen eine faszinierende Mischung ein.