Spirale der Gewalt - Warum kommt der Nahe Osten nicht zur Ruhe?

Bomben auf Beirut, Raketen auf Nordisrael – seit die Hisbollah in der vorigen Woche israelische Soldaten entführte, eskaliert die Krise im Nahen Osten unaufhörlich: Hunderttausende Zivilisten flüchten aus dem Süden des Libanon, die Evakuierung von Ausländern läuft auf Hochtouren.
In einem verzweifelten Appell bat der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora die internationale Staatengemeinschaft um Unterstützung: "Die ganze Welt muss uns helfen", die Hisbollah sei zu einem "Staat im Staate" geworden.
Wie ist dieser Teufelskreis der Gewalt zu durchbrechen?

"Man muss wissen, dass die Entführung der Soldaten lediglich der Anlass für Israel war, diese Offensive durchzuziehen", sagt Michael Lüders, "sie war schon lange geplant." Der Orientalist und ehemalige Nahost-Korrespondent der "Zeit" ist überzeugt: "Diese Bombardierungen sind eine stellvertretende Botschaft an Syrien, den Iran und die anderen arabischen Länder. Nur diese Rechnung wird nicht aufgehen. Die Radikalen werden gestärkt, emotional sind alle Araber auf Seite der Libanesen."

Lüders, der selbst in Damaskus studiert hat und die Region regelmäßig bereist, sieht nur wenige Möglichkeiten, die Gewaltspirale zu durchbrechen: Einerseits durch die Hilfe internationaler Vermittler, zum Beispiel der Vereinten Nationen. Andererseits könne es eine dauerhafte Friedensregelung nur geben, wenn auch Syrien und Iran mit einbezogen werden. "Beide Staaten sind Teil der Realität im Nahen und Mittleren Osten. Und es hilft nicht weiter, eine der Konfliktparteien immer wieder zu dämonisieren und zu sagen, mit denen wollen wir nicht. Es geht ja nicht darum, Frieden unter Freunden zu schließen, das ist nicht nötig. Aber man muss Frieden mit Feinden schließen. Und hier werden alle Parteien aufeinander zugehen müssen, sonst geraten diese Konflikte außer Kontrolle."

Auch Hans Joachim Wiese kennt die Krise im Nahen Osten nur zu gut. Der Deutschlandradio-Redakteur war von 1998 bis 2003 ARD-Korrespondent in Tel Aviv und hat die Auswirkungen des Konflikts hautnah miterlebt. "Es ist ein Leben wie auf dem Vulkan. Die Menschen sind traumatisiert, Israelis wie Palästinenser. Und das Leben in Israel ist schizophren: In Tel Aviv lebt man wie in einer europäischen Großstadt, dort kriegt man relativ wenig von dem Konflikt mit. Aber quasi vor der Haustür haben sie den Gazastreifen und die Westbank. Das ist Kriegsgebiet, Dritte Welt."

"Spirale der Gewalt – Warum kommt der Nahe Osten nicht zur Ruhe?" darüber diskutiert Dieter Kassel heute von 9:07 Uhr bis 11 Uhr mit den Nahost-Experten Michael Lüders und Hans Joachim Wiese. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der kostenlosen Telefonnummer 00800/22542254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.