Spielplätze gestern und heute

Von Michael Köhler |
Ein Sandkasten, ein bogenförmiges Klettergerüst und ein paar Sitzwürfel - das reicht, um die kindliche Fantasie auf einem Spielplatz anzuregen. Davon war der niederländische Architekturvisionär Aldo van Eyck überzeugt. Eine Ausstellung in der Kunstsammlung NRW stellt seine Position zur Diskussion.
Eine Stadt ohne die besonderen Bewegungen der Kinder ist widersinnig. "A city without childs particular movements is a paradox”. Der Satz des niederländischen Architekturvisionärs und holländischen Stadtplaners Aldo van Eyck stammt aus seinem Buch über "Das Kind, die Stadt und die Kunst" von 1962. Er zeigt, worauf es ihm ankommt: Stadtplanung hat das Mitspracherecht von Kindern zu berücksichtigen, der urbane Raum müsse neu und anders gestaltet werden und die Kunst liefere dazu die Formensprache. Kuratorin Lisa Schmidt:

"Aldo van Eyck ist ein Pionier des Spielplatzes. Er hat nach dem Zweiten Weltkrieg über 700 Spielplätze in Amsterdam gebaut und damit das Stadtbild revolutioniert, kann man sagen und den Spielplatz eigentlich neu erfunden."

Ende der 1940er-Jahre reichte dem Architekten van Eyck ein geschützter Platz, eine städtische Nachkriegsbrache. Eine Baulücke wurde zum Spielort. Sand, Klötze, Betonformteile genügten und eine Art minimalistischer Stadtskulptur war geschaffen. Mehr brauchten die Kinder nicht. Diese Spielplätze waren besucht und voll. Das zeigen die Fotos.

"Die Ausstellung untersucht die ästhetische, aber auch soziale und politische Funktion eines Spielplatzes."

Die historischen Pläne zeigen, wie wenige Elemente genügen, um die Imagination anzuregen. Ein Sandkasten aus Betonformsteinen, ein bogenförmiges Klettergerüst, einige Sitzwürfel, Schluss. Keine Wippe, keine Schaukel. Diese Spielplätze sind keine Ghettos für störende Schreihälse, sondern urbane Nutzungsräume für die Entfaltung freier Menschen, abstrakte Spielorte für freie Geister.

"Aldo van Eyck Spielplätze sind total formstreng, sehr minimalistisch. Man sieht den Einfluss der Avantgarde-Künstler, mit denen er befreundet war und die er studierte."

Den historischen Entwürfen des Stadtplaners stehen zeitgenössische Arbeiten von Nils Norman und Yto Barrada zum Spielplatz gegenüber. Die 42-jährige französisch-marokkanische Fotografin und Filmemacherin Barrada interessiert sich für die Veränderungen ihrer Heimatstadt Tanger. Dort rosteten Spielplätze, aufgestellt von den französischen Besatzern, als bespielte Fremdkörper langsam vor sich hin – gleichsam Symbole der Okkupation.

"Es sind ja zwei Arbeiten. Die eine Arbeit ist die Video-Installation Playground und das andere sind diese übergroßen Bauklötze, die Lyautey Unit Box, die den Namen Lyautey bilden."

Große Bauklötze bilden aus Würfeln, Bögen und Dreiecken den Namen des französischen Generalresidenten Marschall Hubert Lyautey, der vor hundert Jahren Marokko erst okkupierte und dann modernisierte. Für ihn war ganz Marokko ein gesellschaftliches Labor, eine Art Spielplatz. Die Künstlerin zeigt die Veränderungen bis heute.

Der Spielplatz im Spiegel von Kunst und Zeit: Wichtiger als Objekte und Geräte sind innerstädtische Räume, die Platz für Spiel und Imagination bieten. Und die sind in Zeiten von innerstädtischer Verdichtung rar und buchstäblich kostbar.

Service:
Die Ausstellung "Das Kind, die Stadt und die Kunst" ist bis zum 15.09.2013 in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf zu sehen.