Spielend durch die Krise

Von Theodora Mavropoulos · 26.02.2013
Vielen Theatern in Griechenland geht es finanziell schlecht. Der Staat hat Kultursubventionen stark gekürzt, kleinere Häuser mussten bereits schließen, andere kämpfen ums Überleben. Dennoch scheint es auch reichlich Optimismus in der griechischen Theaterszene zu geben.
Selbst das griechische Nationaltheater Athen nahe dem zentralen Omoniaplatz bekommt die Krise hart zu spüren. Längst ist es vorbei mit großartigen Produktionen, für die das Haus berühmt ist. "Es hat sich sehr viel verändert", sagt die stellvertretende künstlerische Leiterin Effi Theodorou:

"Das Nationaltheater wird zwar noch subventioniert. Doch schon 2007, als ich eingestellt wurde, war das Budget niedrig – es lag bei neun Millionen Euro pro Saison. Dann wurde es auf acht Millionen gekürzt und im vergangenen Jahr auf 7,2 Millionen. Nun wurde uns angekündigt, dass wir im nächsten Jahr nur noch 6,3 Millionen bekommen werden."

Allein sieben Millionen gibt das Theater für die Gehälter der festen Mitarbeiter und die Gagen der Schauspieler aus. Damit ist das Geld, das der Staat zur Verfügung stellt, weg. Die Produktionskosten müssen durch den Ticketverkauf eingespielt werden. In den vergangenen Jahren konnte das Nationaltheater Athen zwar eine hohe Besucherzahl verbuchen. Doch das kann sich in Zeiten der Krise schnell ändern, warnt Effi Theodorou:

"Dass es momentan gut läuft, heißt nicht, dass das ewig so weitergeht. Die heutige Gesellschaft kann oder muss von einem Tag auf den anderen ihre Präferenzen ändern. Daher wissen wir nicht, was geschehen wird. Niemand kann langfristig planen, wenn es keinen gesicherten staatlichen Zuschuss gibt."

Jedes Jahr soll der Direktor des Nationaltheaters aufs Neue vor dem Kulturministerium darlegen, warum das Haus weiterhin subventioniert werden soll, heißt es in einem neuen Gesetzentwurf. Entschieden wird dann in Absprache mit dem Finanzminister. Die Unterstützung durch den Staat ist nicht mehr selbstverständlich:

"Das Theater zeigt andere Stücke, wenn es von dem Geld, das es einnimmt, abhängig ist, und andere, progressivere, wenn das Haus auf ein stabiles Budget bauen kann. Dann erst kommt dem Theater eine soziale Funktion zu. Und die hat der Staat zu unterstützen."

Nicht alle in der Theaterszene sind traurig darüber, dass der Staat sich durch die Finanzkrise aus der Kulturszene Griechenlands mehr oder weniger verabschiedet hat. Der Schauspieler Dimitris Piatas, der seit über 40 Jahren auf staatlichen wie auf privaten Bühnen des Landes auftritt, sieht in der Krise eine Chance:

"Das Theater in Griechenland erlebt momentan eine frühlingshafte Zeit. Und zwar genau, weil der Staat sich nicht um uns kümmert. Man könnte sagen, er hat uns freigegeben. Er interessiert sich nicht mehr für uns, weil er andere Probleme hat. Der Staat hat damit also nicht das Theater sondern einzelne Leute unterstützt. Wir wollen keine solche Unterstützung mehr vom Staat."

Immer mehr junge Schauspieler schließen sich zu Gruppen zusammen und machen einfache Orte der Stadt zur Bühne. Was auf den ersten Blick wie eine Modeerscheinung aussieht, ist allerdings meist aus der Not geboren. Das beobachtet auch Dimitris Piatas:

"Noch ist das, was da draußen geschieht, Pionierarbeit – Mode wird es später. Man kann viele Schauspielgruppen in kleinen Zimmern, Kellern und Bars sehen. Überall gibt es momentan gute Aufführungen."

So ist auch die 25-jährige Schauspielerin Melissa Kotzakis mit ihrer Truppe unterwegs. Denn in Bars und Kellern muss man keine Miete zahlen:

"Wir versuchen unsere Ausgaben niedrig zu halten, nähen selbst, machen alles. Irgendwie geht’s dann immer. Wir sagen untereinander schon spaßeshalber, wir haben durch unseren Job alles gelernt, nur Zahnfüllungen machen können wir noch nicht."

Doch die jungen Schauspieler haben es nicht leicht. Kaum einer von ihnen ist versichert:

"Noch bin ich über meinen Vater versichert, was danach kommt, weiß ich nicht. Rente werde ich ohnehin nicht bekommen. Das kann unsere Generation vergessen. Ich glaube nicht mehr an staatliche Absicherungen. Arbeiten, essen, arbeiten essen. Das war‘s. Das Theater kann etwas bewirken. Du hast deine Zeit – eine Stunde, fünf Minuten – in der du sagen kannst, was du möchtest. Das ist eine große Verantwortung, aber auch eine große Chance."