"Spiegel"-Journalist zur Corona-Politik

Mangelnde Konsequenz führt zu Autoritätsverlust

12:07 Minuten
Zwei Hände in Handschuhen ziehen eine Spritze mit dem Astrazeneca-Impfstoff auf
"Man laviert die ganze Zeit vor sich hin", sagt Stefan Kuszmany, das zeige sich auch in Bezug auf den AstraZeneca-Impfstoff. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Frank Augstein
Stefan Kuzmany im Gespräch mit Axel Rahmlow · 16.03.2021
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Mangelnde Konsequenz in der Corona-Kommunikation der Politik - das habe laut "Spiegel"-Journalist Stefan Kuzmany zu einer maximalen Verunsicherung in der Bevölkerung geführt. Es müsse vielmehr darum gehen, nur zu versprechen, was sich auch einhalten lasse.
"Ich habe den Eindruck, dass wir es langsam mit einem totalen Autoritätsverlust zu tun haben." Das sagt Stefan Kuzmany, Leiter des Meinungsressorts beim "Spiegel", in Bezug auf die Corona-Politik in Deutschland.
"In der Corona-Kommunikation vermisse ich eine gewisse Konsequenz", bemängelt Kuzmany. So sei beispielsweise die Begründung der langen Dauer bis zum Impfbeginn auf die gründliche Prüfung der Zulassung geschoben worden. Jetzt zeige sich, "so gründlich ist ja offensichtlich doch nicht geprüft worden."
"Man laviert die ganze Zeit vor sich hin." Das habe in Bezug auf den Impfstoff AstraZeneca zu einer "maximalen Verunsicherung in der Bevölkerung" geführt.

Versprechen mit Blick auf Wahlen

Es müsse nun aber darum gehen, nur die Sachen zu versprechen, die wirklich eingehalten werden könnten, "sonst ist die Enttäuschung einfach unglaublich groß." Auch im Hinblick auf das demokratische System.
"Mein Eindruck ist, dass da manches Versprechen mit Blick auf die Wahl gegeben wurde, zum Beispiel die Ankündigung der Kanzlerin, dass jeder bis zum Ende des Sommers ein Impfangebot bekommen sollte", vermutet der Journalist.
Oder auch die Ankündigung des Bundesfinanzministers und Kanzlerkandidaten der SPD, Olaf Scholz, wie viele Menschen pro Tag und Woche geimpft werden könnten. "Das liegt auch nicht in seinem Ressort. Das ist politisch gedacht und ich fürchte auch, er wird das am Ende nicht garantieren können."

Rücktritt Spahns würde nicht viel verändern

Ein Rücktritt des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn würde laut Kuzmany an der Situation nicht viel ändern. Viele Fehler, deren Konsuquenzen jetzt erlebbar seien, seien schon in der Vergangenheit gemacht worden: sich nicht frühzeitig um mehr Impfstoff bemüht zu haben, keine Kapazitäten zur Impfstoffproduktion in Europa aufgebaut oder die Infrastruktur für besseres Homeschooling geschaffen zu haben.
"Das sind alles Dinge, die sich nicht plötzlich mit dem Rücktritt heilen lassen können", sagt Kuzmany. "Das wäre naiv, fürchte ich."
(cwu)
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