SPD will auch Steinmeier zu Kundus befragen

Susanne Kastner im Gespräch mit Marietta Schwarz · 29.12.2009
Die Vorsitzende des Bundestagsverteidigungsausschusses, Susanne Kastner (SPD), hat auch vonseiten der SPD für den Untersuchungsausschuss eine lückenlose Aufklärung der Ereignisse um den Luftschlag bei Kundus zugesichert.
Marietta Schwarz: Am Telefon bin ich verbunden mit Susanne Kastner von der SPD, sie ist die Vorsitzende des Verteidigungs- beziehungsweise Untersuchungsausschusses des Bundestags. Guten Morgen, Frau Kastner!

Susanne Kastner: Guten Morgen!

Schwarz: Frau Kastner, was bedeutet das denn nun, wenn die Kanzlerin schon vor ihrer Regierungserklärung über Einzelheiten aus Kundus wusste und nicht, wie der entlastende Staatssekretär Schmidt noch vor Weihnachten sagte, erst nach ihrer Erklärung?

Kastner: Ja, das ist ja im Augenblick alles noch nicht ganz sicher, was sie hier melden. Es könnte so gewesen sein und wir werden das im Untersuchungsausschuss auch aufklären müssen. Das ist genau der Punkt, was, dass die SPD gesagt hat: Es muss ein Untersuchungsausschuss her, dieses muss lückenlos aufgeklärt werden und zwar auch die politische Seite. Wer hat wann, wie, was gewusst?

Schwarz: Die Kanzlerin wusste so viel wie die Obleute, soviel ist zumindest sicher. Also, was würde das denn bedeuten, frage ich jetzt noch mal? Es würde doch nämlich eigentlich bedeuten, dass der Herr Schmidt und die Kanzlerin dann gelogen haben.

Kastner: Wenn es so gewesen ist, was ich nicht weiß, noch nicht so genau weiß – und deswegen will ich dem Untersuchungsausschuss eigentlich auch nicht vorgreifen, denn deswegen ist der Untersuchungsausschuss –, wenn es so gewesen ist, dann ja.

Schwarz: Frau Kastner, ich frage trotzdem noch mal weiter. Der Verteidigungsstaatssekretär Peter Wichert ist ja entlassen worden. Aber was ist ihm denn jetzt eigentlich noch vorzuwerfen?

Kastner: Ja, ich kann nur das wiederholen, was der Herr Minister zu Guttenberg gesagt hat. Er hat ja gesagt, Herr Wichert hätte ihm Berichte vorenthalten, die für seine Meinungsbildung wichtig gewesen wären. Ja. Er ist entlassen worden und das ist von einem Minister dann auch endgültig.

Schwarz: Dann schauen wir doch noch mal auf die Obleute. Die Kanzlerin wusste genau so viel wie die Obleute, aber wer sind denn die Obleute zum Beispiel von der SPD, die davon auch wussten?

Kastner: Na, das ist Rainer Arnold, da müssen Sie mit ihm selber telefonieren. Es ist nicht sicher, ob die das so detailliert wussten wie die Kanzlerin.

Schwarz: Wird sowas nicht vor einem Untersuchungsausschuss innerhalb der Partei diskutiert?

Kastner: Innerhalb der Partei, vor einem Untersuchungsausschuss, nein. Wir haben jetzt den Untersuchungsausschuss gegründet, wir haben Akten angefordert, wir haben Zeugen davon informiert, noch nicht geladen, aber informiert, dass sie geladen werden, weil wir die Beweisanträge alle beschlossen haben. Wir gucken uns das jetzt an und dann klären wir das auf: Wer hat wie, wann, was gewusst?

Schwarz: Wenn der Fehler beim Kanzleramt liegt oder liegen würde, wäre natürlich auch ganz schnell Ihr Parteifreund Frank Walter Steinmeier als früherer Außenminister betroffen, und da muss man sich doch die Frage stellen: Kann die SPD in diesem Untersuchungsausschuss eigentlich ordentliche Oppositionsarbeit machen oder ist sie befangen?

Kastner: Nein. Wir haben für uns gesagt: Auch das Auswärtige Amt, auch der jetzige Außenminister, der frühere Außenminister werden vorgeladen, werden befragt, und haben gesagt: Wer hat was gewusst und zwar wann? Und auch dieses werden wir aufklären. Wir haben da keine Scheu, weil: Natürlich wäre es möglich, ich glaube aber nicht, dass es möglich ist, dass es gemacht wurde, dass das Auswärtige Amt informiert wurde.

Schwarz: Die Soldaten am Hindukusch empfinden die politische Diskussion, die sich derzeit in der Bundesrepublik abspielt, als Kleinklein, die wüssten lieber mal, was das jetzt eigentlich für ein Einsatz ist, in dem sie gerade sind. Was ist das denn Ihrer Meinung nach für ein Einsatz, Frau Kastner?

Kastner: Also, es ist ein kriegsähnlicher Einsatz, das ist richtig, aber wir müssen die Rechtslage auch für die Soldaten so klären, dass sie auf der sicheren Seite sind. Das ist die Aufgabe der Politik.

Schwarz: Afghanistan eignet sich nicht als Vorzeigedemokratie, hat Verteidigungsminister zu Guttenberg gerade gesagt. Ist damit nicht das Mandat ganz grundsätzlich in Frage gestellt, wenn man sowas sagt?

Kastner: Also, es ist ja Ziel auch dieses Einsatzes – also jetzt speziell nicht der Bundeswehr, aber Ziel dieses Einsatzes –, in Afghanistan eine funktionierende Demokratie zu installieren. Eine Demokratie im westlichen Sinne, wie wir sie in Deutschland haben, wird sicher so schnell am Hindukusch nicht installiert sein können, aber es ist unser Ziel, eine funktionierende, verlässliche Demokratie dort unten zu schaffen.

Schwarz: Die SPD-Politikerin Susanne Kastner, Vorsitzende des Verteidigungs- beziehungsweise Untersuchungsausschusses im Bundestag, über die Kundusaffäre. Frau Kastner, herzlichen Dank für das Gespräch!

Kastner: Bitte schön!