SPD-Vorstoß zum Recht auf Heimarbeit

Das Homeoffice ist keine Patentlösung

Glückliche Frau arbeitet von Zuhause mit Hemd, Krawatte, Hausschuhen und Katze auf dem Sofa.
Sieht ja nett aus, aber bringt ein Recht auf einen Heimarbeitsplatz den meisten Beschäftigten wirklich etwas? Die Journalistin Elisabeth Niejahr hat Zweifel. © imago/Ikon Images
Elisabeth Niejahr im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 07.02.2019
Die SPD will offenbar einen Rechtsanspruch auf Heimarbeit durchsetzen. Das klingt erst einmal gut für alle, die mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu kämpfen haben. Die Journalistin Elisabeth Niejahr findet den Vorstoß dennoch "ein bisschen wohlfeil".
Als Chefreporterin der "Wirtschaftswoche" ist Elisabeth Niejahr mit dem Arbeiten im Homeoffice wohl vertraut. "Ich versuche es so an zwei Tagen pro Woche, oft schaffe ich es nur an einem", sagt sie. "Aber ich kann zuhause wirklich konzentrierter schreiben. Wenn ich längere Texte machen muss, kriege ich dann mehr geschafft."
Probleme mit dem Chef hat sie deswegen nicht. Ihr Arbeitgeber interessiere sich mehr für ihren Output als für den Input. "Ob ich dann die Möglichkeit nutze, zwischen zwei Absätzen oder zwei Manuskripten, die ich lese, auch noch mal eine Waschmaschine vollzumachen, damit das bis zum Wochenende geschafft ist, das ist dann ja auch nicht so wichtig."
Elisabeth Niejahr
Elisabeth Niejahr© picture alliance / dpa / Paul Zinken
Was sich bei einer Journalistin unproblematisch darstellt, kann in anderen Berufsfeldern leicht zu Konflikten führen. So haben nur 12 Prozent der Arbeitnehmer laut SPD von ihrem Arbeitgeber die Möglichkeit eingeräumt bekommen, ihre Arbeit zu Hause zu verrichten. Obwohl der Partei zufolge theoretisch 40 Prozent der Jobs in Heimarbeit erledigt werden könnten.

"Ein bisschen wohlfeil"

Deshalb hat die SPD jetzt einen Rechtsanspruch auf einen Heimarbeitsplatz ins Gespräch gebracht. Eine gute Idee? Eher nicht, meint Elisabeth Niejahr. Sie findet den Vorstoß "ein bisschen wohlfeil". Denn es gebe im Bereich Arbeitszeit ganz andere Dinge, um die sich die Partei kümmern als um ein allgemeines Recht auf Homeoffice, das - "man ahnt es ja, bei ganz vielen Beschäftigten dann doch wieder nicht relevant wäre", sagt die Journalistin.
Größeren Handlungsbedarf sieht sie zum Beispiel bei einem Arbeitszeitgesetz, "das wirklich vorsintflutlich ist", betont Niejahr. Dieses Gesetz mache flexibles Arbeiten nicht ohne weiteres möglich. "Es gibt da ziemlich rigide Vorschriften, wie lange Ruhephasen zwischen einem Arbeitseinsatz und dem nächsten Arbeitseinsatz sein müssen, ich glaube, das sind im Moment acht Stunden Ruhephase, und so diverse andere Regeln, die, glaube ich, nicht sehr praktikabel sind genau für solche Leute, die zum Beispiel wegen Kindern ein bisschen flexiblere Modelle brauchen."
Außerdem gibt es Niejahr zufolge Bereiche, die weniger eine Flexibilisierung der Arbeitszeit benötigen als eine "rigides Arbeitszeitregiment". Etwa bei jungen Ärzten im Krankenhaus, die mehrere Schichten hintereinander absolvieren müssten und ähnliches.

Jeder muss seine Balance finden

Möglicherweise ist die Idee, die Arbeit möglichst ins Home Office auszulagern, aber auch schon wieder überholt. "Ich glaube, Yahoo war im Silicon Valley eine der ersten Firmen, die das wirklich in großem Umfang möglich gemacht haben, und die haben das ja schon vor vier, fünf Jahren wieder revidiert und gesagt: wir wollen die Leute alle hier haben, weil doch eine andere Art von Austausch, Teamgeist, auch Identifikation mit der Firma möglich ist", sagt Niejahr. "Man braucht auch dieses Gespräch in der Kaffeeküche zwischendurch, um gemeinsam auf Ideen zu kommen."
Nur Home Office scheint also auch keine Lösung zu sein: Ich glaube, die meisten Leute und so geht es mir auch, suchen eigentlich nach einem guten Mix, dass man diesen Austausch hat, dass man einen Arbeitsplatz hat, der wirklich nur zur Arbeit da ist und damit das Private auch privat bleibt. Und gleichzeitig ist es eben manchmal auch ganz sinnvoll oder praktikabel, weil, man kriegt zuhause mehr geschafft. Da muss jeder seine Balance finden."
(uko)

Die gesamte Sendung "Der Tat mit Elisabeth Niejahr" können Sie hier nachhören: Audio Player

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