SPD-Politiker zu Stadiontrauer für Hooligan

"Unfassbare Dummheit" des Chemnitzer FC

06:56 Minuten
Zuschauer gedenken am 9. März 2019 beim Spiel Chemnitzer FC gegen VSG Altglienicke des wenige Tage zuvor verstorbenen Rechtsextremen Thomas Haller.
Zuschauer gedenken des verstorbenen Thomas Haller beim Heimspiel des Chemnitzer FC: "Das ist einfach unfassbar." © www.imago-images.de
Detlef Müller im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 11.03.2019
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Dass im Stadion des Chemnitzer FC eines stadtbekannten Rechtsextremisten gedacht wurde, sei "einfach unfassbar", sagt der Chemnitzer MdB Detlef Müller. Natürlich habe das etwas mit dem Club zu tun. Und nichts in Chemnitz sei unpolitisch.
Pyros, eine Schweigeminute, sein Bild auf der Anzeigetafel – die öffentliche demonstrierte Trauer um den verstorbenen rechtsextremen Hooligan Thomas Haller im Stadion des Chemnitzer FC vor dem Spiel gegen die VSG Altglienicke am 9. März erregt die Gemüter – weit über Chemnitz hinaus.
Der Verein distanziert sich von der Aktion insoweit, als er sagt, es habe sich dabei nicht um eine offizielle Trauerbekundung gehandelt. Man habe damit nur Bitten von Fans und Hinterbliebenen entsprochen, die sich die gemeinsame Trauer gewünscht hätten. Dies sei ein Gebot der Mitmenschlichkeit, heißt es in einer Presserklärung des Clubs.
Beides – die Trauerbekundung im Stadion und die nachfolgende Pressemitteilung – hält Detlef Müller, Chemnitzer Stadtrat und SPD-Bundestagsabgeordneter und auch seit 1978 Mitglied des Chemnitzer FC, für eine "unfassbare Dummheit" des Vereins.
Natürlich habe es etwas Offizielles, wenn der Stadionsprecher gewissermaßen die Trauerminute einläute und das Bild des Verstorbenen auf der Anzeigetafel im Stadion eingeblendet werde, sagte Müller im Deutschlandfunk Kultur.

Seit Mitte der 1980er-Jahre Probleme mit rechtsextremen Hooligans

Haller sei ein "stadtbekannter Nazi" gewesen, so der Politiker weiter:
"Klar ist, dass er sozusagen das Aushängeschild oder auch die Aufbaufigur in den 90er-Jahren war für eine aktive und auch gewalttätige Hooligan-Szene rings um den Chemnitzer FC, aber nicht nur um den Chemnitzer FC, sondern generell in der Stadt, aber auch in Cottbus zum Beispiel, wohin es gute Beziehungen gab."
Natürlich seien auch in einem solchen Fall Trauer und Beileid gegenüber der Familie des Verstorbenen geboten.
"Aber nicht offiziell. Man kann nicht so ein Statement absetzen dazu. Es ist nicht unpolitisch. Nichts ist in der Stadt unpolitisch", betont Müller. Der Chemnitzer FC wisse, dass er bereits seit Mitte der 80er, also noch zu DDR-Zeiten, ein Problem mit Nazis und Hooligans habe.
"Man muss sich davon distanzieren, man kann ihnen keine Bühne geben", noch dazu einen stadtbekannten Mann würdigen, der das alles mit aufgebaut habe, der auch viel Unglück über die Stadt gebracht habe. "Das ist einfach unfassbar."
Aufnahme des Chemnitzer SPD-Bundestagsabgeordneten Detlef Müller bei der Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 13.09.2918. Müller steht im hellen Hemd und blauen Jackett am Rednerpult und gestikuliert.
Der Chemnitzer SPD-Bundestagsabgeordnete Detlef Müller bei der Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 13.09.2918.© picture alliance / Kay Nietfeld/dpa
Müller vermutet allerdings, dass viele der Zuschauer im Stadion, die sich an der Schweigeminute beteiligt haben, gar nicht gewusst hätten, um wen es dabei gegangen sei.
"Das hat ja eine Eigendynamik gehabt, wenn der Stadionsprecher zur Schweigeminute aufruft, dann das Bild an der Anzeigewand erscheint und die Leute praktisch auch mitgefangen sind in dieser Inszenierung."

"Es tut mir wahnsinnig weh für meine Stadt"

Der Chemnitzer Spieler Daniel Frahn, der inzwischen vom Verein mit einer Geldstrafe belegt wurde, hätte es laut Müller allerdings besser wissen müssen: Beim Torjubel hielt Frahn ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift "Support your local Hools" in die Höhe. Es sei "unsäglich blöd", sich als Spieler "ein Shirt zuwerfen zu lassen und es erstmal hochzuhalten, ohne zu wissen, was darauf steht", sagt Müller.
Letztlich tue ihm die Angelegenheit "wahnsinnig weh" für Chemnitz, weil die Stadt damit wieder in aller Munde und in allen Medien sei – mit einem Bild, das eigentlich nicht stimme, betont Müller.
(uko)
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