SPD lehnt BND-Untersuchungsausschuss weiter ab

SPD-Fraktionsvize Fritz Rudolf Körper hält den von der Opposition angestrebten Untersuchungssausschuss zur BND-Affäre für "nicht angebracht". Ein Untersuchungsausschuss sei nicht im Sicherheitsinteresse Deutschlands, sagte Körper.
Sagenschneider: Ein Viertel der Parlamentarierstimmen ist nötig, um einen Untersuchungsausschuss durchsetzen zu können. Und so viel würden die drei kleinen Parteien im Bundestag - FDP, Grüne und Linkspartei - auch zusammenbekommen, aber erstmal muss man sich auf einen gemeinsamen Auftrag verständigen für diesen Untersuchungsausschuss, der die Geheimdienstaktivitäten während des Irak-Krieges und im Anti-Terror-Kampf überprüfen soll. Zwar hat ein erstes Treffen gestern Abend noch kein konkretes Ergebnis gebracht, aber es scheint doch klar: Grüne, Liberale und Linkspartei wollen einen Ausschuss, und deswegen wird man sich wohl auch rasch einig werden.

Von Seiten der großen Koalition gibt es aber Bedenken nach dem Motto: Öffentliche Aufklärung gefährdet die Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten. Und auch Unverständnis, schließlich war schon fast alles offen gelegt. Fritz Rudolf Körper ist stellvertretender SPD-Fraktionschef im Bundestag, in dieser Eigenschaft zuständig für die Innen- und Rechtspolitik und er ist nun am Telefon von Deutschlandradio Kultur. Guten Morgen, Herr Körper.

Körper: Guten Morgen, Frau Sagenschneider.

Sagenschneider: Gehen Sie davon aus, dass sich die drei kleinen Parteien auf eine gemeinsame Formulierung verständigen werden?

Körper: Also es deutet alles darauf hin, dass diese Verständigung erfolgen wird. Wobei allerdings für mich es mit einem gewissen Überraschungseffekt versehen ist, dass sie sich gestern Abend nicht geeinigt haben. Aber...

Sagenschneider: Sie haben gedacht, das geht schneller?

Körper: Ich habe gedacht, es geht schneller, denn bei einigen ist es ja so, dass ja nicht sein kann, was nicht sein soll und deswegen jetzt der Versuch krampfhaft unternommen wird, in dieser Angelegenheit einen Untersuchungsausschuss zustande zu bringen.

Sagenschneider: Empfinden Sie diesen Ausschuss eher als Bedrohung oder auch als Chance für weitere Aufklärung?

Körper: Also ich halte diesen Untersuchungsausschuss für nicht angebracht. Man muss auch eins deutlich sagen: Dass er nicht unseren Sicherheitsinteressen und nicht unserer Sicherheitslage entspricht. Es gibt Vorgänge, Angelegenheiten, die nicht auf dem offenen Markte auszutragen sind, weil beispielsweise auch die notwendige Zusammenarbeit von Diensten damit berührt wird. Und ich sage einmal, wir brauchen diese Zusammenarbeit von Diensten international dringender denn je, denn wir stehen mitten im Kampf gegen den internationalen Terrorismus, und wir dürfen nicht so tun, als dass und als ob es uns in Deutschland nichts anginge. Nein, wir sind da auch gefordert und gefragt, uns effektiv und effizient bei diesem Kampf zu beteiligen.

Sagenschneider: Nun ja. Aber die Parteien, die eben den Ausschuss wollen, argumentieren ja auch: Parlamentarische Kontrolle und wenn es eben sein muss auch ein Ausschuss, der kann auch das Vertrauen in Geheimdienste stärken. Also das Vertrauen darin, dass sich da tatsächlich an rechtsstaatliche Regeln gehalten wird, wie das absolute Folterverbot und die Einhaltung der Menschenrechte.

Körper: Wenn man das ernsthaft verfolgen würde dieses Ziel, dann müsste man klar und deutlich sagen, dass letztendlich die Arbeit des Parlamentarischen Kontrollgremiums genau diese Informationen, diese Transparenz, quasi dann auch dieses Vertrauen hergestellt hat. Die Bundesregierung ließ nichts offen in dieser Angelegenheit, nichts an Informationen vermissen. Und da hätte man von dem Rückschluss her klar und deutlich sagen können - und sagen müssen -, dass das letztendlich erzielt ist, nämlich auch ein Stück Vertrauen in die Arbeit unserer Dienste.

Sagenschneider: Aber daran, dass die Bundesregierung alles offen gelegt hat, was offen gelegt werden kann, daran zweifeln ja viele. Und es gibt doch auch noch eine Reihe von Fragen, die nicht beantwortet sind. Zum Beispiel: Warum hat die Bundesregierung erst dementiert, dass der BND Daten für Kriegsziele an die USA geliefert hat? Welche Kooperation gab es vor und während des Irak-Kriegs tatsächlich? Warum gibt es keine schriftliche Dokumentation, was den Auftrag der BND-Mitarbeiter im Irak anbelangt? Und so weiter und so fort. Also es gibt eine ganze Reihe von Fragen, ...

Körper: Nein, Frau Sagenschneider. Dies sind keine offenen Fragen. Es ist eindeutig nachgewiesen, dass beispielsweise diese BND-Mitarbeiter auftrags- und weisungsgemäß gearbeitet haben und wir eindeutig keine aktive Unterstützung an der operativen Kriegsführung durch die Amerikaner im Irak geleistet haben. Darum ging es. Das war die Zielsetzung. Diese Zielsetzung ist auch in der Arbeit erreicht worden.

Sagenschneider: Und was ist mit dem Fall El Masri? Also noch ist ja tatsächlich nicht raus, ob nicht auch ein deutscher Beamter den von der CIA verschleppten El Masri verhört hat zum Beispiel. Und in anderen Fällen geht es ja auch so.

Körper: Also auch diesem Fall haben wir uns angenommen, und alles deutet auf klare Informationen hin, dass es keine Beteiligung gegeben hat irgendeines Mitarbeiters aus dem deutschen Sicherheitsbereich. Es ist schon ein bisschen merkwürdig, wie immer bestimmte Informationen, die zur Desinformation eigentlich gestreut werden, immer wieder auftauchen, wenn man ihnen nachgeht, und dann bleibt nur noch Schall und Rauch über.

Sagenschneider: Wie, Herr Körper, soll sich denn die Bundesregierung verhalten, wenn es zu diesem Ausschuss kommt? Ich frage das deshalb, weil Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble ja durchaus hat anklingen lassen, dass er es dem Ausschuss nicht gerade leicht machen will.

Körper: Wir müssen da sehr verantwortlich mit umgehen. Auch beispielsweise wem wir eine Aussagegenehmigung erteilen können oder nicht. Denn, ich sage - und das habe ich nicht sehr leichtfertig getan -, wir sind hier in einer schwierigen Situation, was die Sicherheitslage und die Folgewirkungen anbelangt. Deswegen müssen wir sehr verantwortungsbewusst dann auch diese Arbeit in diesem Untersuchungsausschuss leisten. Und es muss sehr sorgfältig abgewogen werden, was an die Öffentlichkeit gehen kann und was nicht. Das hat nichts mit Geheimnisträgerei zu tun und -krämerei zu tun, sondern das hat etwas mit Verantwortungsbewusstsein zu tun. Denn wir sind verpflichtet, für unsere Menschen alles zu tun, dass es in Deutschland sicher bleibt.

Sagenschneider: Aber wie weit kann das gehen? Und wie weit kann die Bundesregierung sich im Zweifelsfall auch zurückhalten? Der Ausschuss hat ja das Recht, Zeugen zu vernehmen, er hat das Recht, Unterlagen einzusehen - und im Zweifelsfall kann er das auch jederzeit vor dem Bundesverfassungsgericht erstreiten.

Körper: Da gibt es aber Grenzen, das wissen Sie. Die sind auch gesetzlich festgelegt und geregelt. Also, da gibt es eine Grenzziehung oder diese Grenzziehung ist insbesondere von diesem Abwägungsprozess geprägt. Und ich sage das noch mal ganz deutlich: Hier muss sehr sorgfältig damit umgegangen werden. Und ich möchte auch noch mal sehr deutlich betonen, dass diejenigen, die diesen Untersuchungsausschuss wahrscheinlich initiieren, auch diese Verantwortung haben und in dieser Verantwortung stehen. Das heißt nicht, dass man dieses Instrument kaputtmachen will oder dass man irgendetwas hinter dem Berg halten will. Aber es gibt bestimmte Grenzen. Und Grenzen sind dort, wo es um unsere Sicherheitslage geht, um die Sicherheit unserer Menschen in unserem Lande.