SPD-Fraktionsvize Kressl gegen Kürzungen beim Kindergeld
Nicolette Kressl, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, hat den Vorschlag von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück abgelehnt, zur Finanzierung kostenloser Kindergartenplätze das Kindergeld zu kürzen. Es gebe verfassungsrechtliche Bindungen, sagte Kressl.
Jörg Degenhardt: Eine gute Idee, aber irgendwie nicht praktikabel oder vielleicht doch? Kindergartenplätze für alle Drei- bis Sechsjährigen. Die SPD will das bis 2009. Auch die Bundeskanzlerin hat sich für eine beitragsfreie Kinderbetreuung ausgesprochen, aber die Finanzierung offen gelassen. Und das scheint das Problem zu sein, denn ohne die Gebühren wäre es um die Finanzlage der Kommunen noch trauriger bestellt, klagen diese. Es gehe um drei Milliarden Euro, auf die die hoch verschuldeten Städte und Gemeinden nicht verzichten könnten, heißt es etwa beim Städte- und Gemeindebund.
Am Telefon bin ich nun verbunden mit Nicolette Kressl, der stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion. Sie leitet überdies die Arbeitsgruppe ihrer Partei, die bis Jahresende Vorschläge für eine Reform der Familienförderung vorlegen soll. Guten Morgen, Frau Kressl.
Nicolette Kressl: Schönen guten Morgen.
Degenhardt: Wie wollen Sie denn die Kommunen auf Ihre Seite ziehen, mit Geld, natürlich, aber haben Sie drei Milliarden?
Kressl: Wir haben uns die Aufgabe gestellt, alle materiellen Familienförderungen, die es gibt, uns mal anzuschauen, zu überlegen, ist es sinnvoll, ist es effizient, und dann natürlich auch zu schauen, können wir einen kleineren Teil der materiellen Förderung umschichten und in den Ausbau von Infrastruktur geben. Und für uns ist es schon auch selbstverständlich, dass es nicht gegen die Kommunen laufen kann, sondern dass es mit den Kommunen gemeinsam gemacht werden muss.
Degenhardt: Ihr Parteifreund und Bundesfinanzminister Per Steinbrück kann sich eine Gebührenfreiheit von Kindergärten vorstellen, und zwar über eine mögliche Kürzung des Kindergeldes. Können Sie sich das auch vorstellen?
Kressl: Von allen Varianten, die wir ja noch diskutieren werden, halten ich diese nicht für die sinnvolle, weil wir ja auch verfassungsrechtliche Bindungen haben, nämlich, dass es Kinderfreibeträge geben muss. Kinderfreibeträge wirken besonders stark für einkommensstarke Familien, und das Kindergeld ist für uns schon immer auch so ein Ausgleich aus sozialen Gerechtigkeitsaspekten gewesen für die Familien, die von dem steuerlichen Freibetrag nicht so stark profitieren. Insofern halte ich es für sehr sinnvoll, tatsächlich zu sagen, die Arbeitsgruppe setzt sich zusammen und schaut sich das mal in aller Ruhe an.
Degenhardt: Ich habe noch eine weitere Idee zu bieten. Die stellvertretende FDP-Vorsitzende Pieper hat vorgeschlagen, kostenlose Kindergartenplätze aus dem Bundeszuschuss zur Rente zu finanzieren. In einem ersten Schritt würden 800 Millionen Euro aus der Rentenkasse benötigt, damit Eltern im letzten Kindergartenjahr vor der Schule keine Gebühren mehr zahlen müssen. Klingt das nicht verlockend?
Kressl: Ich halte das für sehr schwierig, da Generationen auch gegeneinander auszuspielen, um ehrlich zu sein, weil Bundeszuschuss kürzen heißt ja, wenn Frau Pieper ehrlich wäre, Renten zu kürzen, und wir haben uns nun entschieden zu sagen, wir wollen da auf dem Stand bleiben, den Rentner und Rentnerinnen bisher haben.
Degenhardt: Das heißt, Sie brauchen andere Quellen um das Geld zusammenzubekommen, Sie müssen anderswo streichen, Subventionen abbauen. Ist diese Debatte nicht etwas unehrlich über die Gebührenfreiheit für Kindergartenplätze, wenn Sie den Kommunen nicht ganz konkret sagen, wie Sie das finanziell bewerkstelligen wollen?
Kressl: Die Debatte wäre unehrlich, wenn wir sagen würden, so, wir machen das jetzt, und dann guckt mal, wie ihr hinkommt, aber wir haben uns ja einen Zeitplan gegeben, wir haben gesagt, wir schauen jetzt an, wohin fließt Geld, ist es wirklich sinnvoll eingesetzt, ist es nicht manchmal besser zum Beispiel auch für Kinder mit Migrationshintergrund, das eben in die Qualität und den Ausbau von Betreuung zu geben. Wir haben gesagt, wir wollen uns das anschauen, bis Ende des Jahres einen Vorschlag entwickeln, und insofern halte ich es für sehr ehrlich zu sagen, wir brauchen da ein Stück Zeit und dann eben tatsächlich das auf den Weg zu bringen.
Degenhardt: Sie brauchen Zeit und Geld und von wegen, wohin fließt das Geld. Wie wollen Sie eigentlich sicherstellen, dass das Geld auch wirklich bei den Kommunen, also in den Kindergärten ankommt, und nicht anderswo eingesetzt wird, zum Beispiel zum Stopfen von Haushaltslöchern?
Kressl: Also die Aufgabe der Arbeitsgruppe wird sein, a) zu sehen, woher könnten wir diese finanziellen Mittel bekommen, zweite Aufgabe ist tatsächlich zu sagen, wie kann das Geld zu den Kommunen kommen, und zwar auch so, dass es beispielsweise nicht bei den Ländern hängen bleibt, das haben wir leider ja bereits erlebt, und dritter Aufgabenschritt ist auch zu sagen, wie stellen wir dann sicher, dass es tatsächlich eine Gebührenfreiheit gibt, welche verfassungsrechtlichen Möglichkeiten hat da auch der Bund, Einfluss zu nehmen. Das ist die Aufgabenstellung, die wir auch für die Arbeitsgruppe vorbereiten.
Degenhardt: Soll der Kita-Besuch für das Kind, sagen wir mal, einer Krankenschwester genauso kostenlos sein wie für den Sprössling eines Millionärs, und wenn ja, ist das gerecht?
Kressl: Wir diskutieren ja schon seit längerer Zeit und völlig zurecht darüber, dass für Drei- bis Sechsjährige der Kindergartenbesuch nicht mehr nur ein Betreuungsangebot ist, sondern tatsächlich auch einen Bildungsauftrag zu erfüllen ist, weil wir inzwischen wissen, ganz viele Weichen werden eben schon in diesem Alter gestellt, und wenn wir über Bildungsaufgaben sprechen, dann ist es eine staatliche Aufgabe. Bei der Grundschule diskutiert ja auch keiner darüber, ob da jetzt die reicheren Eltern etwas zahlen müssen oder nicht.
Degenhardt: Die Gebührenfreiheit, die Sie anstreben und wo Sie noch nach Finanzquellen suchen, die schafft noch keine neuen Kita-Plätze. Wie kommen wir eigentlich da hin?
Kressl: Das ist richtig. Wir haben auch in der Aufgabenstellung dieser Arbeitsgruppe für Ende des Jahres zwei Teile. Es wird sehr viel ausschließlich im Moment über kostenfreie Kita-Plätze gesprochen. Wir wollen aber die Betreuungsangebote sicherstellen, auch für unter Dreijährige im Übrigen. Wir haben da ein Tagesbetreuungsausbaugesetz noch Ministerin Renate Schmidt gemacht, das die Kommunen verpflichtet, ein bedarfgerechtes Angebot zu machen, und im Koalitionsvertrag ist verankert, wenn im Jahre 2008 das nicht auf dem richtigen Weg ist, dann werden wir einen Rechtsanspruch da auch einführen.
Am Telefon bin ich nun verbunden mit Nicolette Kressl, der stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion. Sie leitet überdies die Arbeitsgruppe ihrer Partei, die bis Jahresende Vorschläge für eine Reform der Familienförderung vorlegen soll. Guten Morgen, Frau Kressl.
Nicolette Kressl: Schönen guten Morgen.
Degenhardt: Wie wollen Sie denn die Kommunen auf Ihre Seite ziehen, mit Geld, natürlich, aber haben Sie drei Milliarden?
Kressl: Wir haben uns die Aufgabe gestellt, alle materiellen Familienförderungen, die es gibt, uns mal anzuschauen, zu überlegen, ist es sinnvoll, ist es effizient, und dann natürlich auch zu schauen, können wir einen kleineren Teil der materiellen Förderung umschichten und in den Ausbau von Infrastruktur geben. Und für uns ist es schon auch selbstverständlich, dass es nicht gegen die Kommunen laufen kann, sondern dass es mit den Kommunen gemeinsam gemacht werden muss.
Degenhardt: Ihr Parteifreund und Bundesfinanzminister Per Steinbrück kann sich eine Gebührenfreiheit von Kindergärten vorstellen, und zwar über eine mögliche Kürzung des Kindergeldes. Können Sie sich das auch vorstellen?
Kressl: Von allen Varianten, die wir ja noch diskutieren werden, halten ich diese nicht für die sinnvolle, weil wir ja auch verfassungsrechtliche Bindungen haben, nämlich, dass es Kinderfreibeträge geben muss. Kinderfreibeträge wirken besonders stark für einkommensstarke Familien, und das Kindergeld ist für uns schon immer auch so ein Ausgleich aus sozialen Gerechtigkeitsaspekten gewesen für die Familien, die von dem steuerlichen Freibetrag nicht so stark profitieren. Insofern halte ich es für sehr sinnvoll, tatsächlich zu sagen, die Arbeitsgruppe setzt sich zusammen und schaut sich das mal in aller Ruhe an.
Degenhardt: Ich habe noch eine weitere Idee zu bieten. Die stellvertretende FDP-Vorsitzende Pieper hat vorgeschlagen, kostenlose Kindergartenplätze aus dem Bundeszuschuss zur Rente zu finanzieren. In einem ersten Schritt würden 800 Millionen Euro aus der Rentenkasse benötigt, damit Eltern im letzten Kindergartenjahr vor der Schule keine Gebühren mehr zahlen müssen. Klingt das nicht verlockend?
Kressl: Ich halte das für sehr schwierig, da Generationen auch gegeneinander auszuspielen, um ehrlich zu sein, weil Bundeszuschuss kürzen heißt ja, wenn Frau Pieper ehrlich wäre, Renten zu kürzen, und wir haben uns nun entschieden zu sagen, wir wollen da auf dem Stand bleiben, den Rentner und Rentnerinnen bisher haben.
Degenhardt: Das heißt, Sie brauchen andere Quellen um das Geld zusammenzubekommen, Sie müssen anderswo streichen, Subventionen abbauen. Ist diese Debatte nicht etwas unehrlich über die Gebührenfreiheit für Kindergartenplätze, wenn Sie den Kommunen nicht ganz konkret sagen, wie Sie das finanziell bewerkstelligen wollen?
Kressl: Die Debatte wäre unehrlich, wenn wir sagen würden, so, wir machen das jetzt, und dann guckt mal, wie ihr hinkommt, aber wir haben uns ja einen Zeitplan gegeben, wir haben gesagt, wir schauen jetzt an, wohin fließt Geld, ist es wirklich sinnvoll eingesetzt, ist es nicht manchmal besser zum Beispiel auch für Kinder mit Migrationshintergrund, das eben in die Qualität und den Ausbau von Betreuung zu geben. Wir haben gesagt, wir wollen uns das anschauen, bis Ende des Jahres einen Vorschlag entwickeln, und insofern halte ich es für sehr ehrlich zu sagen, wir brauchen da ein Stück Zeit und dann eben tatsächlich das auf den Weg zu bringen.
Degenhardt: Sie brauchen Zeit und Geld und von wegen, wohin fließt das Geld. Wie wollen Sie eigentlich sicherstellen, dass das Geld auch wirklich bei den Kommunen, also in den Kindergärten ankommt, und nicht anderswo eingesetzt wird, zum Beispiel zum Stopfen von Haushaltslöchern?
Kressl: Also die Aufgabe der Arbeitsgruppe wird sein, a) zu sehen, woher könnten wir diese finanziellen Mittel bekommen, zweite Aufgabe ist tatsächlich zu sagen, wie kann das Geld zu den Kommunen kommen, und zwar auch so, dass es beispielsweise nicht bei den Ländern hängen bleibt, das haben wir leider ja bereits erlebt, und dritter Aufgabenschritt ist auch zu sagen, wie stellen wir dann sicher, dass es tatsächlich eine Gebührenfreiheit gibt, welche verfassungsrechtlichen Möglichkeiten hat da auch der Bund, Einfluss zu nehmen. Das ist die Aufgabenstellung, die wir auch für die Arbeitsgruppe vorbereiten.
Degenhardt: Soll der Kita-Besuch für das Kind, sagen wir mal, einer Krankenschwester genauso kostenlos sein wie für den Sprössling eines Millionärs, und wenn ja, ist das gerecht?
Kressl: Wir diskutieren ja schon seit längerer Zeit und völlig zurecht darüber, dass für Drei- bis Sechsjährige der Kindergartenbesuch nicht mehr nur ein Betreuungsangebot ist, sondern tatsächlich auch einen Bildungsauftrag zu erfüllen ist, weil wir inzwischen wissen, ganz viele Weichen werden eben schon in diesem Alter gestellt, und wenn wir über Bildungsaufgaben sprechen, dann ist es eine staatliche Aufgabe. Bei der Grundschule diskutiert ja auch keiner darüber, ob da jetzt die reicheren Eltern etwas zahlen müssen oder nicht.
Degenhardt: Die Gebührenfreiheit, die Sie anstreben und wo Sie noch nach Finanzquellen suchen, die schafft noch keine neuen Kita-Plätze. Wie kommen wir eigentlich da hin?
Kressl: Das ist richtig. Wir haben auch in der Aufgabenstellung dieser Arbeitsgruppe für Ende des Jahres zwei Teile. Es wird sehr viel ausschließlich im Moment über kostenfreie Kita-Plätze gesprochen. Wir wollen aber die Betreuungsangebote sicherstellen, auch für unter Dreijährige im Übrigen. Wir haben da ein Tagesbetreuungsausbaugesetz noch Ministerin Renate Schmidt gemacht, das die Kommunen verpflichtet, ein bedarfgerechtes Angebot zu machen, und im Koalitionsvertrag ist verankert, wenn im Jahre 2008 das nicht auf dem richtigen Weg ist, dann werden wir einen Rechtsanspruch da auch einführen.