„Spaß ist die wichtigste Zutat der russischen Küche“
Russland ist Schwerpunktland der diesjährigen Grünen Woche. Wer will, kann sich an den russischen Ständen vorbeischieben und im Schnellverfahren etwas über die russische Küche lernen. Doch da gibt es nicht viel zu lernen, meint der russische Schriftsteller Wladimir Kaminer: Wichtig seien vor allem viel Alkohol und viel Spaß.
Diese Geschichte spielt Welten entfernt von den Messehallen der Grünen Woche. Diese Geschichte spielt in Berlin-Prenzlauer Berg, in der Küche des Mannes mit dem schönsten russischen Akzent nördlich des Brandenburger Tores: Wladimir Kaminer.
Er muss mit leichter Missbilligung ansehen, wie seine beiden Kinder Nicole und Sebastian – in der eigenen Küche! – Lasagne essen. Lasagne! Nicht gerade ein ur-russisches Gericht. Und das ist nicht der einzige Kompromiss, den er in seiner Küche schließen muss:
„Die Kinder verstehen nichts von der Weltküche. Man kann sie schwer mit neuen Sachen überzeugen, aber meine Frau macht selbst McDonalds-ähnliche Gerichte mit russischer Wurst statt Burger, das heißt dann „McMama“ – und das schmeckt den Kindern besser als die herkömmlichen aus dem McDonalds-Laden.“
Nicole, 9 Jahre alt, stimmt hinter ihrer Lasagne sitzend zu. Ein „McMama“ wird bald wieder auf ihrem Teller liegen.
„Außer, dass die Spielzeuge fehlen!“
Ohne Spielzeug hat ihre Mama Olga die Marketingschlacht gegen die Burgerkette natürlich schon verloren. Aber es kommt ja auf die inneren Werte an, nicht wahr. Auf Etiketten an Lebensmitteln und andere nette Oberflächlichkeiten kann sich ja niemand mehr verlassen. Also: Neue Innerlichkeit!
Das geht schon damit los, dass bei Wladimir Kaminer keine halben Sachen auf den Tisch kommen, kein federleichtes „Ich bleib gesund“-Essen, sondern was Ordentliches. Wladimir Kaminer löffelt in einem großen Glas, in dem prall gefüllte Tomaten schwimmen. Eine Vorspeise.
Kaminer: „Im Grund besteht die ganze russische Küche nur aus Vorspeisen, die eine gute Zugabe zum Alkohol sind. Die Einzigartigkeit dieser Küche besteht darin, dass es die einzige Küche der Welt ist, bei der die Speisen unwichtig sind. Das Wichtigste bei der russischen Küche ist feierliche Stimmung. Wenn Russen essen, dann feiern sie. Sie tanzen, singen, schwingen auf dem Kronleuchter. Spaß – das ist die wichtigste Zutat der russischen Küche.“
Doch bevor es zum Spaß kommt, müssen die Vorspeisen noch bewältigt werden.
„Das sind verschiedene eingelegte Gemüsesorten, die sehr würzig sind, sehr scharf, wie diese Tomaten hier“ (löffelt im Glas, isst eine Tomate). „Mmmh! Sie werden allerdings ohne Essig gemacht, Essig darf weder in die russische Sülze rein, noch in die Marinade, auch bei Pilzen: immer nur Salz, Pfeffer, natürliche Zutaten.“
Natürlichkeit! Offenbar ist in Wladimir Kaminers Küche die Welt noch in Ordnung. Keine überflüssigen Fragen nach den Zivilisationskrankheiten der Lebensmittelproduktion. Vogelgrippe, Gammelfleisch, BSE, Acrylamid? Kein Thema. Um Russland muss sich kein Mensch Sorgen machen!
Kaminer: „In Russland ist dieser Turbokapitalismus in der Gastronomie noch nicht so fortgeschritten. Deswegen sind die Restaurants, was die Qualität der Speisen betrifft, oftmals besser als in Deutschland. In Russland gibt es noch nicht diese tausenden Mikrowellenläden, wo schnell eine Pizza aus der Mikrowelle auf den Tisch kommt, dafür gibt es viele Gründe: Die Lebensmittel sind nicht so teuer, es ist einfacher, frische Zutaten zu bekommen. Die Landwirtschaft lebt noch nicht in diesem Massenabfertigungswahn wie hier, es ist alles etwas lebendiger. Jeder Restaurantbesitzer kann gute Verbindungen aufs Land knüpfen und seine Sachen direkt vom Bauern beziehen.“
Wenn man demnächst auch in Deutschland kein Huhn mehr anfassen darf, spätestens dann muss Wladimir Kaminer bei seinen vielen Reisen den Zoll überlisten. Das gute Essen muss er dann aus Russland nach Deutschland schmuggeln. Schauen wir doch aber jetzt schon mal, was der Schriftsteller und Musikaufleger so in seinem Kühlschrank hat!
„Hier ist sogar russischer Meerrettich… ist einfach viel schärfer und stärker als die deutsche Variante …“
„Was ist das?“
Kaminer: „…'Hausfrauentraum‘ – eine Mayonnaise, die etwas schärfer ist. Sie haben alle blöde Namen, das stimmt. Aber das gehört irgendwie dazu!“
Irgendwie muss auch dieses Kühlschrankinventar Teil einer einzigen großen Party sein. Hier also noch einmal das Wichtigste – kurz zusammengefasst:
Kaminer: „Man braucht kein Restaurant, um russisch Essen zu gehen. Das kann jeder bei sich zuhause: in einem russischen Laden tolle vorspeisen einkaufen, viel Alkohol, die Nachbarn einladen, die Musik laut aufdrehen, fertig!“
Er muss mit leichter Missbilligung ansehen, wie seine beiden Kinder Nicole und Sebastian – in der eigenen Küche! – Lasagne essen. Lasagne! Nicht gerade ein ur-russisches Gericht. Und das ist nicht der einzige Kompromiss, den er in seiner Küche schließen muss:
„Die Kinder verstehen nichts von der Weltküche. Man kann sie schwer mit neuen Sachen überzeugen, aber meine Frau macht selbst McDonalds-ähnliche Gerichte mit russischer Wurst statt Burger, das heißt dann „McMama“ – und das schmeckt den Kindern besser als die herkömmlichen aus dem McDonalds-Laden.“
Nicole, 9 Jahre alt, stimmt hinter ihrer Lasagne sitzend zu. Ein „McMama“ wird bald wieder auf ihrem Teller liegen.
„Außer, dass die Spielzeuge fehlen!“
Ohne Spielzeug hat ihre Mama Olga die Marketingschlacht gegen die Burgerkette natürlich schon verloren. Aber es kommt ja auf die inneren Werte an, nicht wahr. Auf Etiketten an Lebensmitteln und andere nette Oberflächlichkeiten kann sich ja niemand mehr verlassen. Also: Neue Innerlichkeit!
Das geht schon damit los, dass bei Wladimir Kaminer keine halben Sachen auf den Tisch kommen, kein federleichtes „Ich bleib gesund“-Essen, sondern was Ordentliches. Wladimir Kaminer löffelt in einem großen Glas, in dem prall gefüllte Tomaten schwimmen. Eine Vorspeise.
Kaminer: „Im Grund besteht die ganze russische Küche nur aus Vorspeisen, die eine gute Zugabe zum Alkohol sind. Die Einzigartigkeit dieser Küche besteht darin, dass es die einzige Küche der Welt ist, bei der die Speisen unwichtig sind. Das Wichtigste bei der russischen Küche ist feierliche Stimmung. Wenn Russen essen, dann feiern sie. Sie tanzen, singen, schwingen auf dem Kronleuchter. Spaß – das ist die wichtigste Zutat der russischen Küche.“
Doch bevor es zum Spaß kommt, müssen die Vorspeisen noch bewältigt werden.
„Das sind verschiedene eingelegte Gemüsesorten, die sehr würzig sind, sehr scharf, wie diese Tomaten hier“ (löffelt im Glas, isst eine Tomate). „Mmmh! Sie werden allerdings ohne Essig gemacht, Essig darf weder in die russische Sülze rein, noch in die Marinade, auch bei Pilzen: immer nur Salz, Pfeffer, natürliche Zutaten.“
Natürlichkeit! Offenbar ist in Wladimir Kaminers Küche die Welt noch in Ordnung. Keine überflüssigen Fragen nach den Zivilisationskrankheiten der Lebensmittelproduktion. Vogelgrippe, Gammelfleisch, BSE, Acrylamid? Kein Thema. Um Russland muss sich kein Mensch Sorgen machen!
Kaminer: „In Russland ist dieser Turbokapitalismus in der Gastronomie noch nicht so fortgeschritten. Deswegen sind die Restaurants, was die Qualität der Speisen betrifft, oftmals besser als in Deutschland. In Russland gibt es noch nicht diese tausenden Mikrowellenläden, wo schnell eine Pizza aus der Mikrowelle auf den Tisch kommt, dafür gibt es viele Gründe: Die Lebensmittel sind nicht so teuer, es ist einfacher, frische Zutaten zu bekommen. Die Landwirtschaft lebt noch nicht in diesem Massenabfertigungswahn wie hier, es ist alles etwas lebendiger. Jeder Restaurantbesitzer kann gute Verbindungen aufs Land knüpfen und seine Sachen direkt vom Bauern beziehen.“
Wenn man demnächst auch in Deutschland kein Huhn mehr anfassen darf, spätestens dann muss Wladimir Kaminer bei seinen vielen Reisen den Zoll überlisten. Das gute Essen muss er dann aus Russland nach Deutschland schmuggeln. Schauen wir doch aber jetzt schon mal, was der Schriftsteller und Musikaufleger so in seinem Kühlschrank hat!
„Hier ist sogar russischer Meerrettich… ist einfach viel schärfer und stärker als die deutsche Variante …“
„Was ist das?“
Kaminer: „…'Hausfrauentraum‘ – eine Mayonnaise, die etwas schärfer ist. Sie haben alle blöde Namen, das stimmt. Aber das gehört irgendwie dazu!“
Irgendwie muss auch dieses Kühlschrankinventar Teil einer einzigen großen Party sein. Hier also noch einmal das Wichtigste – kurz zusammengefasst:
Kaminer: „Man braucht kein Restaurant, um russisch Essen zu gehen. Das kann jeder bei sich zuhause: in einem russischen Laden tolle vorspeisen einkaufen, viel Alkohol, die Nachbarn einladen, die Musik laut aufdrehen, fertig!“