Energiesparen an Weihnachten

Strohsterne statt Lichterketten?

04:29 Minuten
Das Foto zeigt einen großen geschmückten Weihnachtsbaum im Freien auf einem Platz. Der Nadelbaum ist durch Lichterketten und Weihnachtsschmuck erleuchtet.
Jede Stadt nur einen Baum: Wenn es nach der Deutschen Umwelthilfe geht, wird die Weihnachtsbeleuchtung in Deutschland in diesem Jahr sehr bescheiden ausfallen. Dem Energiesparen zuliebe. © Imago / Rene Traut
Ein Pro und Kontra von Ludger Fittkau und Michael Watzke · 26.09.2022
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Nur ein beleuchteter Baum pro Gemeinde: Das ist der Vorschlag der Deutschen Umwelthilfe zum Energiesparen zu Weihnachten. Unser Landeskorrespondent aus Hessen findet das einen guten Vorstoß, unser Mann in Bayern hingegen eine absurde Vorstellung.

Lichterketten aus! Damit alle gut durch die Krise kommen

Von Ludger Fittkau
Das Argument der Deutschen Umwelthilfe ist schlagend: Die jährliche private  Weihnachtsbeleuchtung hierzulande frisst rund 600 Millionen Kilowattstunden Strom. Das ist mehr Strom, als Städte wie Bielefeld, Wuppertal oder Bochum jeweils in einem Jahr verbrauchen.

Wichtig im kommenden Winter ist vor allem, dass niemand dauerhaft friert und das die Industrie nicht zusammenbricht. Dazu muss diesmal besonders sparsam mit dem in den letzten Monaten gespeicherten Gas umgegangen werden. Wegen einer üppigen Weihnachtsbeleuchtung in Kraftwerken Gas in Strom umzuwandeln, darauf sollten wir in diesem Winter mit dem fortdauernden imperialistischen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine verzichten.

Klar: Lichterketten oder strahlende Sterne helfen oft, die dunkelsten Wochen des Jahres besser zu verkraften. Aber jetzt geht es um etwas anderes. Putin darf Europa energiepolitisch nicht schachmatt setzen. Die Unterstützung der Ukraine muss weitergehen – auch ohne russisches Gas.

Strohsterne statt Festbeleuchtung


Früher bastelten wir als Kinder in der Schule Strohsterne und hängten sie in die Fenster. Das könnten wir auch in diesem Jahre wieder mehr tun, wenn uns danach ist. Auch eine Wachskerze daneben zu stellen, ist eine Möglichkeit, wenn es dunkel wird.

Sehr charmant ist auch die Idee der Deutschen Umwelthilfe, in jedem Dorf oder in jeder Stadt zentral einen einzigen Weihnachtsbaum zu beleuchten. Das wäre dann neben einem kleinen Augenschmaus auch ein singuläres Zeichen gegen den Krieg. In der Stadt, in der ich lebe, wüsste ich auch schon, wo er aufgestellt werden sollte: auf dem Platz, der Friedensplatz heißt.
Hier treffen sich ohnehin seit Kriegsbeginn Woche für Woche ukrainische Geflüchtete und ihre deutschen Helferinnen und Helfer zur Mahnwache. Der Baum könnte ihnen Mut geben. Und alle anderen, die bisweilen ihr Herz mit Lichterketten erwärmen wollen, kommen einfach dazu. Das wäre schön!

Lichterketten an! Als positives Zeichen in dunklen Zeiten

Von Michael Watzke
Weihnachten mit nur noch einem leuchtenden Christbaum pro Stadt? Wer bei der Umwelthilfe diesen Vorschlag ausgetüftelt hat, scheint ein bisschen zu viel Glühwein getrunken zu haben.

So wichtig Stromsparen in diesem Winter auch wird: Die Energie für funkelnde Tannenbäume sollten wir übrig haben. Ich werde meinen drei Kindern (acht, sieben und fünf Jahre alt) am Heiligabend nicht erklären, dass die Lichter an unserem Baum und in unserem Lebkuchen-Häuschen schwarz bleiben - damit wir zwei mickrige Watt Strom sparen.

Mehr verbraucht eine umweltfreundliche LED-Lichterkette nämlich nicht. Auch die meisten Städte und Gemeinden nutzen mittlerweile energiesparende Tannenbaum-Beleuchtung, die beim Gesamt-Stromverbrauch kaum ins Gewicht fällt.

Lange Anreise zum einzigen erleuchteten Baum

Die Vorstellung, dass ich in München zum Marienplatz fahren muss, wenn ich diesen Winter eine leuchtende Weihnachtstanne sehen will, weil da die einzige in ganz München steht, ist absurd. Da verbraucht ja schon die Anreise mehr Strom als die Baumlichter.

Ja, man kann weihnachtliche Lichterorgien reduzieren. Komplett illuminierte Häuserfassaden? Schaufenster, die blinken, als sei ein Kirmeskarussell explodiert? Darauf kann ich verzichten. Aber die meisten Gemeinden haben dezente Weihnachtsbeleuchtung.

Lichter signalisieren Hoffnung

Und ein strahlender Christbaum in einem Wohnzimmer, einem Garten, vor einer Kirche oder auf einem Marktplatz ist so viel mehr als ein Stromverbraucher. Er ist – im tiefsten Dezember – ein Zeichen der Hoffnung und der Gemeinschaft. Das brauchen wir in diesem kalten Winter dringend. 

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Ich bin überzeugt, dass ein geschmückter und erleuchteter Christbaum mehr Energie erzeugt als er verbraucht: Lebensenergie, pure Freude. Wer mal das Leuchten von Kinderaugen beim Anblick einer Weihnachtstanne gesehen hat, will dieses Glück nicht dem Stromzähler opfern. 

Ich verstehe, dass es bei dem Vorschlag der Umwelthilfe ums Bewusstsein geht: Wir alle müssen Strom sparen, auch da, wo‘s wehtut. Einverstanden. Ich dusche kalt, drehe die Heizung runter und lasse das Auto in der Garage stehen. Aber auf die Weihnachtslichter möchte ich nicht verzichten.
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