Spannend wie ein guter Krimi

Probleme am Arbeitsplatz können einem Menschen das Leben zur Hölle machen. Und bei manchen lösen sie sogar Mordgelüste aus. Henner Kotte und Christian Lunzer berichten in ihrem Buch "Mordsarbeit - wenn Kollegen Mörder werden" über Fälle, in denen Menschen ihre Kollegen oder Chefs aus dem Weg geräumt haben.
Für viele Menschen steht die Karriere im Vordergrund des Lebens. Erfolg im Beruf, Anerkennung durch Kollegen und Chefs und am Ende des Monats soll auch das Konto den Beweis dafür liefern, wofür man Tag für Tag geschuftet hat. Doch was, wenn niemand die geleistete Arbeit würdigt? Wenn der Chef den Arbeitnehmer demütigt, die Kollegen die Lorbeeren für die geleistete Arbeit einstecken oder der Angestellte sogar um seinen Job fürchten muss? Das ist der Nährboden für Hassgefühle, Neid und Existenzängste, aus denen manche Menschen nur noch einen Ausweg sehen: Denjenigen, der diese Gefühle verursacht hat, umzubringen.
Das Buch "Mordsarbeit. Wenn Kollegen Mörder werden ..." berichtet über solche Fälle. Zum Beispiel über Emil Karl Otto Schubert, Arbeiter in einer Schuhfabrik, der seinen Chef nach seiner Kündigung umbrachte, weil er sich ungerecht behandelt fühlte. Oder über Oskar Pöffel, Redakteur des "Neuen Wiener Journals", der entlassen wird und anschließend auch bei keiner anderen Zeitung einen Job findet. Das verdankt er einem ehemaligen Kollegen, der ihn in anderen Redaktionen anschwärzt und schlecht macht. Seiner Existenzgrundlage beraubt, rächt sich Pöffel an seinem Ex-Kollegen und erschießt ihn während einer Gerichtsverhandlung aus nächster Nähe.
Alle dreizehn Fallbeispiele sind ausführlich und detailreich beschrieben und lesen sich so spannend wie ein guter Krimi. Gänsehaut stellt sich spätestens dann ein, wenn man die Kaltblütigkeit, mit der Menschen Kollegen umbringen, erfasst.
Neben den Kollegen- oder Chefmördern sind aber auch Fälle beschrieben, bei denen auf den ersten Blick kein direkter Zusammenhang zwischen Täter und Opfer und dem gemeinsamen Arbeitsplatz besteht. Wo also nicht der Arbeitnehmer seinen Chef oder seine Kollegen umbringt, sondern er aus Verzweiflung über den Verlust des Arbeitsplatzes sich selbst oder sogar die ganze Familie richtet. Eine Verzweiflung, die aus einer Existenzangst resultiert. Eine Angst, die entstehen kann, wenn ein Familienvater seinen Job verliert und nicht mehr weiß, wie er seine Kinder und seine Frau ernähren soll. Eine Angst, die aber auch einem Jugendlichen die Perspektive für das ganze Leben verbauen kann. Beispielsweise das Leben von Robert Steinhäuser, der von seiner Schule verwiesen wird und damit ohne Schulabschluss dasteht. Ende April 2002 erschießt er in seinem ehemaligen Gymnasium 17 Menschen. Vermutlich war die Aussichtslosigkeit seiner Situation ein entscheidender Auslöser für seinen Amoklauf, davon sind zumindest die Autoren überzeugt.
Dass die Autoren diese Fallbeispiele mit in dieses Buch aufgenommen haben, irritiert zunächst. Auch andere Geschichten - etwa die über diebische und mordende Trickbetrüger - haben mit dem Titel des Buchs "Wenn Kollegen Mörder werden" auf den ersten Blick nicht viel zu tun. Zum Beispiel die Geschichte eines Gangsterpaares, das Dienstboten auf der Suche nach einer neuen Stelle in eine Falle lockt, um ihnen die Kaution für ein vermeintlich lukratives Jobangebot abzuknöpfen. Erst auf den zweiten Blick wird dem Leser klar, was die Autoren mit diesen Fallbeispielen deutlich machen wollen: Wie sehr der berufliche Erfolg unser Lebensglück bestimmt, wie sehr wir uns darüber definieren und wie schwerwiegend die Probleme mancher Menschen am Arbeitsplatz sein müssen, dass sie sie sogar zu Mördern werden lassen.
Hier hätte das Buch eine interessante Sozial- und psychologische Studie werden können, zu denen die Fallbeispiele das nötige Material liefern. Doch leider blitzen die analytischen Betrachtungen der Autoren nur manchmal anekdotenhaft im Text auf. Und so erscheint das Buch ein wenig wie eine Sammlung von interessanten und möglichst spektakulären Fallbeispielen, die zwar alle etwas mit dem Thema Arbeitsplatz zu tun haben, denen aber trotzdem die übergeordneten Fragen fehlen: Was sagen diese Geschichten über den Menschen und seine Identifikation mit seinem Arbeitsplatz aus? Versagt die Gesellschaft nicht, wenn sie die Menschen nicht vor einer extremen Existenzangst bewahren kann? Wie hat sich das Vertrauen der Menschen in den Arbeitsmarkt seit Einführung der Hartz-Gesetze verändert?
Dass diese Fragen nicht beantwortet werden ist schade, denn das Thema hätte in jedem Fall momentan den richtigen Nerv getroffen. Denn kaum jemals wurde in der Öffentlichkeit so viel über fehlende Ausbildungsplätze für Jugendliche diskutiert und selten war die Zahl der Arbeitslosen so erschreckend hoch wie jetzt. Trotzdem weist das Buch in die richtige Richtung, denn nach der Lektüre fragt man sich schon selbstkritisch: Wie weit würde ich für Karriere und Beruf gehen? Und: Welchen Stellenwert hat der berufliche Erfolg in meinem Leben?
Henner Kotte und Christian Lunzer: Mordsarbeit. Wenn Kollegen Mörder werden ...
Ueberreuter Verlag
176 Seiten, 14,95 Euro
Das Buch "Mordsarbeit. Wenn Kollegen Mörder werden ..." berichtet über solche Fälle. Zum Beispiel über Emil Karl Otto Schubert, Arbeiter in einer Schuhfabrik, der seinen Chef nach seiner Kündigung umbrachte, weil er sich ungerecht behandelt fühlte. Oder über Oskar Pöffel, Redakteur des "Neuen Wiener Journals", der entlassen wird und anschließend auch bei keiner anderen Zeitung einen Job findet. Das verdankt er einem ehemaligen Kollegen, der ihn in anderen Redaktionen anschwärzt und schlecht macht. Seiner Existenzgrundlage beraubt, rächt sich Pöffel an seinem Ex-Kollegen und erschießt ihn während einer Gerichtsverhandlung aus nächster Nähe.
Alle dreizehn Fallbeispiele sind ausführlich und detailreich beschrieben und lesen sich so spannend wie ein guter Krimi. Gänsehaut stellt sich spätestens dann ein, wenn man die Kaltblütigkeit, mit der Menschen Kollegen umbringen, erfasst.
Neben den Kollegen- oder Chefmördern sind aber auch Fälle beschrieben, bei denen auf den ersten Blick kein direkter Zusammenhang zwischen Täter und Opfer und dem gemeinsamen Arbeitsplatz besteht. Wo also nicht der Arbeitnehmer seinen Chef oder seine Kollegen umbringt, sondern er aus Verzweiflung über den Verlust des Arbeitsplatzes sich selbst oder sogar die ganze Familie richtet. Eine Verzweiflung, die aus einer Existenzangst resultiert. Eine Angst, die entstehen kann, wenn ein Familienvater seinen Job verliert und nicht mehr weiß, wie er seine Kinder und seine Frau ernähren soll. Eine Angst, die aber auch einem Jugendlichen die Perspektive für das ganze Leben verbauen kann. Beispielsweise das Leben von Robert Steinhäuser, der von seiner Schule verwiesen wird und damit ohne Schulabschluss dasteht. Ende April 2002 erschießt er in seinem ehemaligen Gymnasium 17 Menschen. Vermutlich war die Aussichtslosigkeit seiner Situation ein entscheidender Auslöser für seinen Amoklauf, davon sind zumindest die Autoren überzeugt.
Dass die Autoren diese Fallbeispiele mit in dieses Buch aufgenommen haben, irritiert zunächst. Auch andere Geschichten - etwa die über diebische und mordende Trickbetrüger - haben mit dem Titel des Buchs "Wenn Kollegen Mörder werden" auf den ersten Blick nicht viel zu tun. Zum Beispiel die Geschichte eines Gangsterpaares, das Dienstboten auf der Suche nach einer neuen Stelle in eine Falle lockt, um ihnen die Kaution für ein vermeintlich lukratives Jobangebot abzuknöpfen. Erst auf den zweiten Blick wird dem Leser klar, was die Autoren mit diesen Fallbeispielen deutlich machen wollen: Wie sehr der berufliche Erfolg unser Lebensglück bestimmt, wie sehr wir uns darüber definieren und wie schwerwiegend die Probleme mancher Menschen am Arbeitsplatz sein müssen, dass sie sie sogar zu Mördern werden lassen.
Hier hätte das Buch eine interessante Sozial- und psychologische Studie werden können, zu denen die Fallbeispiele das nötige Material liefern. Doch leider blitzen die analytischen Betrachtungen der Autoren nur manchmal anekdotenhaft im Text auf. Und so erscheint das Buch ein wenig wie eine Sammlung von interessanten und möglichst spektakulären Fallbeispielen, die zwar alle etwas mit dem Thema Arbeitsplatz zu tun haben, denen aber trotzdem die übergeordneten Fragen fehlen: Was sagen diese Geschichten über den Menschen und seine Identifikation mit seinem Arbeitsplatz aus? Versagt die Gesellschaft nicht, wenn sie die Menschen nicht vor einer extremen Existenzangst bewahren kann? Wie hat sich das Vertrauen der Menschen in den Arbeitsmarkt seit Einführung der Hartz-Gesetze verändert?
Dass diese Fragen nicht beantwortet werden ist schade, denn das Thema hätte in jedem Fall momentan den richtigen Nerv getroffen. Denn kaum jemals wurde in der Öffentlichkeit so viel über fehlende Ausbildungsplätze für Jugendliche diskutiert und selten war die Zahl der Arbeitslosen so erschreckend hoch wie jetzt. Trotzdem weist das Buch in die richtige Richtung, denn nach der Lektüre fragt man sich schon selbstkritisch: Wie weit würde ich für Karriere und Beruf gehen? Und: Welchen Stellenwert hat der berufliche Erfolg in meinem Leben?
Henner Kotte und Christian Lunzer: Mordsarbeit. Wenn Kollegen Mörder werden ...
Ueberreuter Verlag
176 Seiten, 14,95 Euro