Spaniens Filmbranche feiert sich

Von Wolfgang Martin Hamdorf |
Zum ersten Mal wurden in diesem Jahr die spanischen Filmpreise, die Goyas, parallel zur Berlinale vergeben. Die anwesende spanische Filmbranche schaute auf ein bewegtes Kinojahr zurück, das unter anderem vom Streit um das neue Filmgesetz geprägt war.
Pedro Almodovar: "Muy bien, pues el Goya es, para Celda 211."

Der weltweit bekannteste spanische Regisseur Pedro Almodovar verkündet den Sieger: Der Goya für den besten Film geht an CELDA 211, Zelle 211, ein spannend inszeniertes Action-Drama um eine Revolte in einem spanischen Gefängnis. CELDA 211 erhielt insgesamt 8 Goyas, darunter einen für Regisseur David Monzón und einen für Hauptdarsteller Luis Tosar. CELDA 211 ist ein brillant inzenierter Genrefilm, der mit privaten Fernsehgeldern produziert wurde.

Das gilt auch für den zweiten Sieger des Abends: AGORA von Alejandro Amenabar. Der in englischer Sprache gedrehte Monumentalfilm führt mit 50 Millionen Euro Produktionskosten ins antike Alexandria im vierten Jahrhundert nach Christus und erhielt sieben Goya-Statuen.

In Zeiten der wirtschaftlichen Krise, sagt Regisseur Alejandro Amenabar, habe der spanische Film Zuschauer zurückgewinnen können:

"Es war teilweise sogar ein gutes Jahr für den spanischen Film. Das Kino funktioniert ja nicht immer nach einfachen Formeln, aber bestimmte Finanzierungsformeln haben bis jetzt gut funktioniert und hängen ganz stark von der Unterstützung des Films von den Fernsehgeldern ab. Dann gibt es einfach viele Talente und Filme, die beim Publikum gut angekommen sind. Am Anfang des Jahres war das Panorama katastophal, dann wurde es immer besser. Am Ende war 2009 sehr gut für den spanischen Film."

Dieses Jahr gab es bei Gewinnern wenig Überraschungen, die Favoriten mit den meisten Nominierungen bekamen auch die Preise. Ausgezeichnet wurden spannend und handwerklich solide inszenierte konventionelle Themen. Ausgezeichnet wurden aber auch zwei stilistisch und inhaltlich ungewöhnliche Erstlingsfilme: Die katalanische Regisseurin Mar Coll erhielt für ihr sehr sensibles und zurückhaltendes Familiendrama TRES DIAS CON LA FAMILA (Drei Tage mit der Familie) den Preis für die beste Nachwuchsregie und Lola Duendes den Preis für die beste Darstellerin in dem andalusischen Debütfilm YO, TAMBIEN (Ich, auch), in dem es um die Liebe eines behinderten Sozialarbeiters mit Down Syndrom zu einer Kollegin geht.

Mit einer überraschend unterhaltsamen und auch selbstironischen Gala wollte der neue Präsident der Akademie, Alex de la Iglesia, Schwung in die verstaubten Rituale bringen. In seiner Rede forderte der Filmregisseur die Geschlossenheit der Branche:

"Heute Abend wollen wir eine schöne und amüsante Gala erleben und mächtig für unsere Filme werben. Aber die Angelegenheit ist viel ernster, als es scheint. Wir müssen die Filmindustrie stärken, damit wir bessere Filme, ganz unterschiedliche, große wie kleine Filme produzieren können. Mit ganz unterschiedlichen Geschichten und mit allen finanziellen Mitteln werden wir Hollywood Konkurrenz machen."

Ob der Kampf gegen Hollywood die spanischen Filmschaffenden noch zur Geschlossenheit führt? In der Branche selbst gärt es seit Monaten: Es gibt Streit ums Geld, Streit um die Förderung. Heftig diskutiert wird das neue Filmgesetz. Es senkt unter anderem die Pflichtquote, die die Fernsehanstalten in spanische Filme investieren müssen.

Dadurch sei es in Zukunft fast unmöglich, große und teure Filme zu produzieren, sagen die Vertreter eines potenten Genrekinos. Kritische Stimmen kommen auch von einer ganz anderen Seite. Das Fördergeld würde nur noch wenigen und teuren Filmen zugetekommen. Filmemacher wie José Antonio Quirós, dessen Ökokomödie CENIZAS DEL CIELO (Asche vom Himmel) in vier Wochen in deutschen Kinos anläuft, sehen die Gefahr einer kulturellen Monokultur:

"Das neue Gesetz diskriminiert die unabhängige Filmproduktion. Das geschieht unterschwellig, indem man es den Filmen mit einem geringeren Budget als zwei Millionen Euro fast unmöglich macht, Förderung zu bekommen. Das wird dazu führen, dass es nur noch einen Typus von sehr konventionellen und relativ teuren Produktionen geben wird. Das zerstört die kulturelle Vielfalt des spanischen Films."

José Antonio Quirós gehört zu der Gruppe spanischer Filmemacher "Cineastas contra la orden" die das Gesetz mit einer Beschwerde in Brüssel über Monate hinweg blockiert hatte. Zwar gab die Europäische Kommission der spanischen Regierung vor kurzem Recht, aber die Gruppe aus rund 200 spanischen Filmschaffenden hat weitere juristische Schritte angekündigt. 2010 verspricht ein bewegtes Jahr für den spanischen Film zu werden.