Späte Ankunft in der "Schädelstätte"

28.07.2010
Der Germanist Dieter Borchmeyer hat die Aufnahme Heinrich Heines in die "Walhalla" in Regensburg verteidigt, auch wenn der Dichter diese Ruhmeshalle zeitlebens kritisiert hatte.
Borchmeyer berichtete über die Festveranstaltung in Regensburg: "Es war unpathisch, unfeierlich, eine heitere Feier, an der, glaube ich, Heine seine Freude gehabt hätte. Also gar nichts Feierliches im Sinne einer marmornen Schädelstätte, als die Heine ja die Walhalla verspottet hat."

Borchmeyer sagte, es sei "doch eine absolute Respektlosigkeit gegenüber einem toten Dichter, der sich nicht mehr wehren kann, wenn man ihn genau dahin bringt, wo er nicht sein wollte. Das kann man ja aus dem Werk ganz deutlich entnehmen: Die Walhalla verkörperte für Heine all das, gegen das er sein ganzes Leben praktisch gekämpft hat mit allem, was ihm an Witz und Ironie und Satire zur Verfügung stand."

Der Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste wollte in seiner Festrede nicht abstreiten, dass "Heine möglicherweise aus dem Grab heraus protestiert hätte". Allerdings sei die "wunderbare" Büste, die am Mittwoch in Regensburg enthüllt wurde, ein Stück Vergangenheitsbewältigung, denn sie zeige ein "Leidensantlitz" und den Riss zwischen Heine und Deutschland. Borchmeyer: "Wenn er diese Büste gesehen hätte von Bert Gerresheim, dann wäre er wohl doch sehr gerührt gewesen, und Rührung stand ihm ja weiß Gott auch zur Verfügung."

Heinrich Heine werde mit diesem späten Bildnis aus der Matratzengruft nicht monumentalisiert. Die Walhalla könne helfen, einen anderen Blick auf die deutsche Geschichte zu werfen., so Dieter Borchmeyer.

Das vollständige Interview mit Dieter Borchmeyer können Sie in unserem Audio-on-Demand-Angebot bis zum 28. Dezember 2010 als MP3-Audio nachhören.