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"Für die Demokratie eintreten, solange es sie noch gibt"
Moderation: Anke Schaefer · 14.08.2017
Donald Trumps Regierung spalte die Gesellschaft und schüre Angst und Hass, sagt der Soziologe Harald Welzer: Das wiederum spiele den Rechtsextremen in die Hände. Viel zu spät hätten die linksliberalen Kräfte in den USA protestiert - und darum die jetzige Situation mitverschuldet.
Wer von Donald Trump nach den tödlichen Ereignissen in Charlottesville eine deutliche Distanzierung von rechtsextremistischer Gewalt erwarte, begehe einen analytischen Fehler, meint der Soziologe Harald Welzer.
"Nämlich, dass wir unsere Art von Rationalität anlegen auf das, was der macht. Die ganze Deutungsmaschinerie in der Politik und den Medien, die funktioniert so, als hätte man es mit einem konventionellen Politiker zu tun."
Bei jedem Tweet wird spekuliert, was danach kommt
Weshalb bei "jedem Kram, den er macht, bei jedem irrsinnigen Tweet, den er absetzt", interpretiert und spekuliert werde, was er als Nächstes machen werde. Trump sei jedoch kein Politiker, sondern "so etwas wie ein totalitärer Herrscher". Und genauso werde er auch künftig die USA führen: wie ein "autokratisch regiertes Unternehmen, zur Gewinnmaximierung kleiner Personengruppen".
Trumps Regierung operiere in ihrer eigenen Logik – und die ziele auf die Steigerung des Konfliktpotenzials und führe so zu einer Spaltung der Gesellschaft. Der Fortschritt des demokratischen Gemeinwesens dagegen sei Trump "nicht das allergeringste Anliegen".
"Gelingendes Marketing der Rechten"
Was derzeit in den USA und in Europa geschehe, sei der Beweis eines "gelingenden Marketings" der Rechten. Diese hätten sich geschickt zu Fürsprechern der Unterdrückten und Abgehängten gemacht – doch kämen die Köpfe dieser Bewegung selbst gar nicht von unten. Das könne man auch gut in Frankreich und Deutschland beobachten – allen Selbstbehauptungen der rechten Parteistrategen zum Trotz.
Bezogen auf die USA sagte Welzer:
"Dass es überhaupt so weit gekommen ist – zu dieser Polarisierung von Gesellschaft – liegt natürlich auch daran, dass die (…) linksliberale Szenerie sich die ganze Zeit auch nicht politisch eingebracht hat. (...) Man erinnert sich: Nach der Wahl von Trump waren sie plötzlich alle auf der Straße. Das ist natürlich ziemlich blöde. Wenn man für die Demokratie eintreten will, dann muss man es tun, solange es sie noch gibt – und nicht, wenn andere die Macht übernommen haben."