Soziologe Beck: Europas Intellektuelle zu nationalistisch

19.04.2007
Der Soziologe Ulrich Beck beklagt eine mangelnde Unterstützung des europäischen Gedankens durch Europas Intellektuelle. Viele von ihnen versuchten, an der "Nation als dem Endzustand der Geschichte" festzuhalten und verbänden mit ihr positive Errungenschaften wie die Demokratie oder den Staat, sagte Beck. Gerade die Intellektuellen seien jedoch aufgefordert zu fragen, was Europa "über die Idee der Nation hinaus an Möglichkeiten bietet, um auch Demokratie und all die anderen Errungenschaften Europas neu zu begründen."
Symptomatisch für diese Entwicklung sind laut Beck die Äußerungen französischer Intellektueller in der Wahlkampfdebatte um die nationale Identität Frankreichs. Die französischen Denker seien "in besonderer Weise" durch den Stolz auf ihre Nation gekennzeichnet: "Mit dem Universalismus ihrer Nation und der Verbindung zur Republik glauben sie die Zauberformel für die Moderne zu haben. Das wiederum zwingt sie sehr stark sich abzuschotten." Als weiteres Beispiel nannte Beck die Diskussion um die Globalisierung, die in Frankreich meist als Imperialismus abgetan werde, "ohne zu erkennen, dass darin auch neue Handlungschancen liegen".

Ferner nahm der Soziologe Stellung zu dem an ihn gerichteten Vorwurf des französischen Philosophen Alain Finkielkraut, Beck verkörpere eine "neue Arroganz exzessiver Gastfreundschaft". Finkielkraut betreibe hier eine "interessante Variante" des Wahlkampfs, dem durch den Rückgriff auf eine Mobilisierung der Nation offenbar neuer Schwung verliehen werden solle.


Das vollständige Gespräch mit Ulrich Beck können Sie für begrenzte Zeit in unserem Audio-on-demand-Angebot nachhören.