Sozialministerien für unzureichende Organspende-Bereitschaft mitverantwortlich

14.03.2005
Der Vorsitzende der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), Günter Kirste, hat die Sozialministerien der Bundesländer für den Rückgang an Organspenden mitverantwortlich gemacht.
Heute findet eine Anhörung der Enquete-Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin" zur Organisation der postmortalen Organspende in Deutschland im Bundestag statt.
Der Vorsitzende der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), Günter Kirste, hat die Sozialministerien der Bundesländer für den Rückgang an Organspenden mitverantwortlich gemacht.
Die Ministerien müssten "mehr ihrer Pflicht nachkommen" und die Krankenhäuser darauf hinweisen, Organspender zu melden, sagte Kirste am Montag im Deutschlandradio Kultur wenige Stunden vor einer öffentlichen Anhörung der Enquete-Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin" zur Organisation der postmortalen Organspende in Deutschland im Bundestag.

Wörtlich sagte Kirste: "Wir wissen, dass nur etwa die Hälfte aller Krankenhäuser in der Bundesrepublik mit Intensivstation je solche Fälle meldet. Und wir wissen, dass viele Krankenhäuser sehr viel mehr hätten, als sie tatsächlich melden. Das ist genau das Hauptproblem."

Das DSO wolle den überlasteten Intensivmedizinern bei der Organisation der Organspende mit Personal helfen, sagte Kirste. Zunächst einmal müssten die Kliniken entsprechende Fälle aber melden. Das hänge neben der Atmosphäre im Haus auch davon ab, "ob der nötige Druck von Seiten des Sozialministeriums aufgebaut wird".

Die bekannt gewordenen Fälle von Tollwutinfizierten Spenderorganen mit anschließenden Todesfällen hätten dem Ansehen der Organspende nicht geschadet, zeigte sich der DSO-Chef überzeugt. "Viele Menschen haben erkannt, dass die größere Bereitschaft zur Organspende dazu führen würde, dass man etwas problematischere Spender – ältere Leute – nicht so häufig nehmen müsste." Das Spenderalter bewege sich heute über 80 Jahre hinaus. "Diese Organe sind problematischer als die eines 50-jährigen", betonte Kirste.

Er wünsche sich mehr öffentliche Werbung für die Organspende, um das Bewusstsein in der Bevölkerung zu sensibilisieren, sagte der DSO-Vorsitzende. Mehr als 1000 Menschen auf der Warteliste verstürben jedes Jahr, weil zu wenige Spender-Organe zur Verfügung stünden. Mecklenburg-Vorpommern habe 26 Spender pro einer Million Einwohner, Nordrhein-Westfalen komme nur auf 8,6 Spender. "Ein Grund ist das Klaffen zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Mehr als 98 Prozent würden eine Transplantation für sich wollen, derzeitig stimmen aber nur 67 Prozent zu."

Eine Widerspruchslösung, nach der Organe entnommen werden, wenn nicht ausdrücklich Widerspruch dokumentiert wird, lehnte Kirste ab. "Ich bezweifle sehr, ob das hilft und halte das für äußerst problematisch. Man kann nicht eine solch entscheidende Sache wie eine Organentnahme machen, ohne vorher zu fragen oder sich vom Willen des Verstorbenen zu überzeugen."