Kühnerts Kapitalismuskritik
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BMW kollektivieren, private Vermietung abschaffen - Kevin Kühnert hat steile Thesen aufgestellt und muss dafür jetzt massive Kritik einstecken. Wer darf provozieren, wenn nicht der Juso-Chef, findet dagegen Wissenschaftsautor Stefan Klein.
Die Aufregung ist riesig. Juso-Chef Kevin Kühnert hat sich dafür ausgesprochen, Großbetriebe in Staatseigentum zu verwandeln und private Vermietungen abzuschaffen. Medien, Politik wie auch das Netz hat er damit zum Schäumen gebracht. Als "verirrter Fantast" mit verschrobenem Weltbild muss sich Kühnert nun beschimpfen lassen. Etwas weniger aufgeregt ist Wissenschaftsautor Stefan Klein, Autor von "Die Ökonomie des Glücks. Warum unsere Gesellschaft neue Ziele braucht".
Am 1. Mai die Machtfrage gestellt
Er könne die Aufregung nicht ganz nachvollziehen, sagt Klein im Deutschlandfunk Kultur. "Ich höre das als eine Provokation von Herrn Kühnert, der einfach am 1. Mai einmal die Machtfrage stellen will, und zwar die wirtschaftliche Machtfrage und darauf hinweisen will, dass unsere Gesellschaft möglicherweise nicht die beste aller möglichen Welten ist." Kühnert verweise auf einen wichtigen Punkt, "nämlich, kann Sozialpolitik nur darin bestehen, Geld umzuverteilen". Klein betont außerdem: "Wer soll auf diese Weise provozieren dürfen, wenn nicht der Vorsitzende der Jusos?"
Schrei der Empörung übertrieben
Mit dem Begriff Kollektivierung habe er dem Politikbetrieb und der Medienmaschine "einen Brocken vorgehalten, auf den sich dann alle gestürzt haben", so Klein. Trotzdem lohne es sich darüber nachzudenken, wie Kapitalismus im 21. Jahrhundert aussehen könne. Auch Herr Kühnert wisse vermutlich genau, dass "wir im Moment kein überzeugendes anderes Modell haben". Das heiße aber nicht, dass man nicht darüber nachdenken könne - "und schon gleich gar nicht, dass sich ein Schrei der Empörung auftun muss, wenn ein linker Politiker anmerkt, dass der Kapitalismus systembedingte Mängel hat".
(ckü)