Sopranistin Elisabeth Schwarzkopf

Die Hohepriesterin des klassischen Gesangs

Die Opernsängerin Elisabeth Schwarzkopf hat am 26.04.1963 ein Arienkonzert mit Werken von Mozart, Strauss und Verdi gegeben (undatiertes Archivbild vom April 1963).
Die Opernsängerin Elisabeth Schwarzkopf bei einem Konzert; Aufnahme von 1963 © picture-alliance / dpa / Georg Goebel
Von Wolfgang Schreiber · 09.12.2015
Die Sopranistin Elisabeth Schwarzkopf dominierte drei Jahrzehnte lang die internationale Gesangsszene. Ihre Stimmfarbe, ihre makellose Intonationskunst und ihr Drang nach Perfektion erregten rückhaltlose Bewunderung. Vor 100 Jahren wurde sie geboren.
"Die Zeit, die ist ein sonderbar' Ding manchmal, da spürt man nichts als sie."
Solche Philosophie auf der Opernbühne kann man mögen, wenn sie in eine schöne Stimme gekleidet ist. Die Sopranistin Elisabeth Schwarzkopf besaß diese Stimme und die noble Feldmarschallin von Werdenberg im "Rosenkavalier" von Richard Strauss war ihre Paraderolle. Darin wurde sie viel bewundert, gefeiert. Nur sie konnte die Worte des Wiener Dichters Hugo von Hofmannsthal im Gesang so aristokratisch, fast kunstreligiös aufblühen lassen.
An der Wiener Staatsoper fühlte sich Elisabeth Schwarzkopf, die keine Wienerin war, musikalisch zu Hause. Hier stellte sie die großen Mozart-Frauen auf die Bühne, die Donna Elvira im "Don Giovanni" oder die Gräfin in "Figaros Hochzeit". Betörend in der Stimmfarbe, in einer, so ein Kritiker, "bis in die letzte Faser durchgearbeiteten Kunstanstrengung".
Die Wiener Karriere von Elisabeth Schwarzkopf begann mitten im Zweiten Weltkrieg. Da hatte sie, geboren am 9. Dezember 1915 in der heute polnischen Provinz Posen, schon vier Jahre am Deutschen Opernhaus in Berlin gesungen. Mit Schwarzkopf schuf Herbert von Karajan nach dem Krieg in Wien das legendäre Mozart-Ensemble. Wienerisch geprägt und hochgradig ernsthaft war auch ihre Vorliebe für die Operette, den "Zigeunerbaron", die "Fledermaus".
Anstrengende Liederabende
Die Karriere Elisabeth Schwarzkopfs wurde international, die Salzburger Festspiele öffneten ihr die Bühne, die Mailänder Scala und die New Yorker Met, das Opernhaus in London. Dort lernte sie 1946 Karajans Plattenproduzenten Walter Legge kennen, den sie später heiratete. Er war es, der den künstlerischen Perfektionsdrang der Schwarzkopf befeuerte. Und der Ehrgeiz war es wohl, der sie auch in die NSDAP-Mitgliedschaft in Nazi-Deutschland geführt hatte, was sie lange Zeit zu verdrängen wusste. Legge war es, der sie an den Liedgesang heranführte. Was war für sie ergiebiger, auch: anstrengender, Oper oder Lied? 1964 gab sie im Radio darauf die Antwort:
"Ein Liederabend ist viel anstrengender, er strengt erstens einmal das Gehirn sehr viel mehr an, und dann muss man ja natürlich beim Liederabend ganz andere Voraussetzungen mitbringen als für eine Oper. Eine Oper kann man singen, wenn man Stimme hat, und das genügt. Aber ein Liederabend, dafür genügt Stimme eben überhaupt gar nicht."
99 Prozent Arbeit
Relativ früh,1971, zog sich Elisabeth Schwarzkopf von der Opernbühne zurück. Das letzte öffentliche Lied-Recital absolvierte sie 1978. Aber sie begann, mit wachsender Aktivität, in Meisterklassen zu unterrichten, bis ins hohe Alter. Talent, Arbeit, Glück – was brauchen junge Sänger?
"Talent muss ja jeder mitbringen erst mal, aber dazu gehört dann eigentlich 99 Prozent Arbeit, viele sagen, es gehört Glück dazu, ja. Aber sonst: arbeiten und arbeiten und arbeiten, das ganze Leben."
In der Nähe von Zürich, wo sie lebte, am 3. August 2006, starb Elisabeth Schwarzkopf im Alter von neunzig Jahren. Wie hatte ein Kritiker sie genannt: "Die letzte Hohepriesterin der Musik als Kunstreligion".
Mehr zum Thema