Sommerfestival Kampnagel startet

Volkstanz trifft Techno

05:57 Minuten
Zwei Mitglieder des Tanzensembles (LA)HORDE sitzen wie Braut und Bräutigam hinter einem Blumenpult, vier Männer in Anzügen tanzen hinter ihnen, ein Mann im Anzug steht rechts neben ihnen.
Der georgische Nationaltanz stand früher für Widerstand gegen die Sowjetmacht, heute wird er in Clubs getanzt. © Anja Beutler
Von Elisabeth Nehring · 07.08.2019
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Das Sommerfestival Kampnagel startet mit der Uraufführung "Marry me in Bassiani" von (La)Horde. Das französische Medienkunstkollektiv versucht, georgische Volkstänze und Techno zusammenzubringen – und produziert dabei einen Flop.
An den Tänzerinnen und Tänzern der Iveroni Group liegt es nicht. Kakhaber Mchedlidze, Ex-Tänzer des Georgischen Nationalballetts, hat das junge Ensemble geformt und steht in MARRY ME IN BASSIANI auch selbst als ausdrucksstarker Zeremonienmeister auf der Bühne.
Das Setting: eine Hochzeitsgesellschaft vor pompösem Kircheneingang, rosengeschmücktem Altar und Reiterstatur. Die Braut im geschmackvoll fließenden, weißen Glitzer, ihre Gäste in langen oder kurzen, engen Kleidern, locker sitzenden Anzügen mit weiten Hemden oder schmal anliegenden Shirts.
Der Tanz: eine Knochenbrecher-Mischung aus Ballett, Kampfkunst und Showtanzelementen. Seit Hunderten von Jahren wird er in Georgien nur von Männern getanzt – auf der Bühne der großen K6-Halle auf Kampnagel aber auch von den jungen Tänzerinnen.
Denn in MARRY ME IN BASSIANI soll das Widerstandspotenzial, das der georgische Volkstanz verkörpert, verschmolzen werden mit der jungen Clubkultur des Landes, die viele Tausend Raver im letzten Jahr zu Protesten gegen willkürliche Polizeirazzien im titelgebenden Technoclub Bassiani auf die Straßen getrieben hat. Daher: Techno und Volksmusik als musikalische Mischung, die die Tänzerinnen und Tänzer über 80 Minuten antreibt.
Doch die szenischen Einlagen und Bewegungsideen, die die traditionellen Choreografien variieren, fragmetarisieren und einbetten sollen, sind – gelinde gesagt – lahm. Dem jungen Medienkunstkollektiv (La)Horde, das für die Inszenierung von MARRY ME IN BASSIANI verantwortlich ist, gelingt weder eine starke choreografische Bearbeitung der traditionellen Bewegungssprache noch eine interessante Dramaturgie und auch kein Spannungsbogen.
Hören Sie zum gleichen Thema auch ein Gespräch mit András Siebold, dem Leiter des Internationalen Sommerfestivals auf Kampnagel:
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