"Solche Magneten hat keine Partei mehr als ein oder zwei"

Thomas Goppel im Gespräch mit Marietta Schwarz · 03.03.2011
Der ehemalige CSU-Generalsekretär und langjährige bayerische Staatsminister, Thomas Goppel, sieht keinen Parteifreund, der Guttenberg ersetzen könne. "Wir brauchen an der Stelle jetzt dann zwei oder drei". Die CSU habe einige "exzellente" Talente.
Marietta Schwarz: Zwei Wochen dauerte es, bis Karl-Theodor zu Guttenberg nach der Plagiatsaffäre von seinem Amt zurücktrat, nur zwei Tage, bis dieses Amt neu besetzt ist. Mehr noch als die Union in Berlin wird die CSU in Bayern am Rücktritt Guttenbergs zu knabbern haben, denn dort war Karl-Theodor ja ein Hoffnungsträger, der der etwas orientierungslosen Partei neuen Glanz verliehen hat. Der neue Verteidigungsminister wird Thomas de Maizière sein, bisheriges Amt als Innenminister übernimmt CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich. Heute Vormittag sollen sie offiziell ernannt werden. Thomas Goppel ist früherer Generalsekretär der CSU und jetzt am Telefon. Guten Morgen, Herr Goppel!

Thomas Goppel: Guten Morgen, Frau Schwarz!

Schwarz: Der neue Verteidigungsminister ist ja kein CSU-Mann – ist Thomas de Maizière die beste Wahl für die Nachfolge zu Guttenbergs?

Goppel: Ich glaube, wer ihn beobachtet hat in den letzten Jahren und seine klare und solide Auftretensweise bei den Fragen der inneren Sicherheit – da war ja einiges durchaus im Schwange –, auch wenn es um den allgemeinen Vergleich geht, hat immer ein gutes Bild von ihm gewonnen.

Schwarz: Und der bisherige CSU-Landesgruppenchef Friedrich wird Innenminister – wie würden Sie ihn denn charakterisieren, wo liegen seine Stärken?

Goppel: Ihn habe ich erlebt bei der Aufarbeitung der entsprechenden Situation mit den Stasi-Akten und Ähnlichem, da war ich gerade Generalsekretär und vorher Europa-Minister in Berlin beziehungsweise in Bonn, und da habe ich seine Solidität außerordentlich schätzen gelernt und ihn als einen der besten Kollegen kennengelernt, die wir haben.

Schwarz: Er wollte ja nicht direkt zustimmen, erst im zweiten Anlauf hat er das Amt übernommen.

Goppel: Der Kollege Friedrich hat sich sehr daran gewöhnt, dass er die Führungsaufgabe innerhalb der Fraktion hat und dabei ein Stück für den Ausgleich zwischen den verschiedenen Charakteren innerhalb der CSU gesorgt, und das hat er glänzend gemacht.

Schwarz: Herr Goppel, nach außen hin kann der Politikbetrieb ja jetzt wieder ins Alltagsgeschäft übergehen, aber wird die CSU den Verlust Guttenbergs einfach so wegstecken können?

Goppel: Mit Sicherheit nicht. Wir haben nicht gar so viele, bei denen sich alle orientieren wollen. Es ist ja immer so Teillagersammlung, in der man zusammen dann eine große Mannschaft bildet, und ganz selten gibt es den Franz-Josef Strauß auf der einen Seite und den Karl-Theodor jetzt in diesen Tagen auf der anderen Seite. Solche Sammelkräfte, solche Magneten hat keine Partei mehr als ein oder zwei und ist schon glücklich, wenn sie einen davon hat.

Schwarz: Ist das die größte Qualität, dass er so eine Sammelkraft hat?

Goppel: Nein, er hat eine ganze Reihe von großen Qualitäten, auch das mutige Ans-Werk-Gehen und das konsequente Bei-der-Sache-Bleiben, wenn etwas gemacht wird und nicht aufhören, sie zu verfolgen, bis sie denn richtig in Gang ist. Was die Bundeswehrreform angeht, kann man das, glaube ich, sagen, und bei der Frage um den Streit beim Wirtschaftsministerium war er ja wohl genauso konsequent unterwegs. Und das, was er schnell angepackt und gemacht hat, macht alles den Eindruck – es hat ja nicht selten auch gewechselt – macht den Eindruck einer wirklich tollen, konsequenten Arbeit.

Schwarz: Sehen Sie denn in Ihrer Partei einen jungen Menschen, der diese Lücke ausfüllen könnte, der der etwas müde gewordenen CSU wieder auf die Beine helfen könnte?

Goppel: Zu müde sind wir nicht, aber jetzt mal ganz realistisch: Selbstverständlich gibt es für jeden von uns Ersatz, nur nicht in der gleichen Weise. Das heißt, wir brauchen an der Stelle jetzt dann zwei oder drei, die je ein Drittel oder ein Viertel, ein paar mehr auch noch, von der Qualität von Karl-Theodor übernehmen und sie dann auf ihre Weise ausfüllen. Ich denke, dass wir bei den Bundestagsabgeordneten und bei den Europäern wie auch im Landtag eine ganze Reihe haben, die exzellent sind. Bei uns ist gestern der Thomas Kreuzer zum Staatssekretär geworden im Kultusministerium und nachgerückt, weil wir ja auch eine Umbesetzung notwendig haben. Da ist einer, der hat eine solche Solidität im Umgang mit den Themen und den Bürgern, die man wirklich groß anerkennen kann.

Schwarz: Zwei, drei sagen Sie, aber zukünftiger Ministerpräsident kann ja nur einer werden.

Goppel: Ich denke mal, dass unsere Diskussion nicht so sehr darauf hinausgelaufen ist, dass der Karl-Theodor Ministerpräsident wird. Da gab es zwar eine ganze Reihe, die das gesagt haben, aber der Karl-Theodor war der geborene Vertreter unserer Linie in Berlin, auch weil er die internationalen Bezüge hat. Das sind ja ein paar Vorzüge, die sind ihm nicht abhanden gekommen über Nacht nur deswegen, weil in einem Bereich er selber sich nicht mehr hinausgesehen hat, eine Aufgabe zu erledigen. Ich kann mich in ihn ein bisschen hineinversetzen, muss ich ehrlich sagen.

Wenn da jemand sitzt, der ist gerade verheiratet, hat kleine Kinder, hat den Betrieb daheim geführt, wird davon überredet oder überzeugt, in den Bundestag zu gehen, kommt dahin, kriegt sofort eine Aufgabe drauf, hat da noch die – ich sag jetzt gottverdammt und geh zum Beichten, das will ich ausdrücklich sagen – Doktorarbeit liegen, die nicht fertig ist, und dann gibt es da einen Trouble, den zu erledigen, wie immer nachher mit dummen oder falschen Ausreden oder Erklärungen – das will ich gar nicht werten und gewichten, das steht mir nicht zu. Aber dass der unter Druck ist, da brauchen wir nicht drüber reden.

Schwarz: Das stimmt, das ist der Preis für die politische Karriere. Herr Goppel, zumindest der Herr Seehofer hat ja jetzt einen innerparteilichen Konkurrenten weniger – könnte das seine doch mitunter umstrittene Rolle als Chef stärken?

Goppel: Ich glaube, seine Rolle als Chef ist nicht umstritten. Wenn etwas bei unserem Ministerpräsidenten umstritten ist, dann ist es gelegentlich eine große Geschwindigkeit in einer Entscheidungskorrektur. Und diese großen Geschwindigkeiten, die da sind, die sind gelegentlich natürlich aufgefangen durch jemanden anderen, der daneben konsequent zu einer bestimmten Linie steht, so dass man das, was in der Politik heute vermisst wird von vielen – was der Gabriel nicht kann, was in einer Reihe anderen Parteien genauso wenig funktioniert, weil wir wohl andere Typen sind in diesen Tagen –, was da sonst vermisst wird, dann wieder bei den Leuten auch entsprechend gut ankommt.

Schwarz: Und zum Schluss, Herr Goppel, verraten Sie uns noch, wer der neue CSU-Landesgruppenchef wird.

Goppel: Das hätten Sie mir vorher sagen sollen, dann hätte ich mal gefragt. Ich bin keiner, der die ganze Zeit nur unterwegs ist, um alles zu kiesen und erholen. In der Bundestags-Landesgruppe sitzen ein paar wirklich gute Köpfe, die man nicht unterschätzen darf, und von denen gehört hat man aller Wahrscheinlichkeit nach in den letzten Monaten durchaus öfter.

Schwarz: Der CSU-Politiker und frühere Generalsekretär der Partei Thomas Goppel war das. Herr Goppel, herzlichen Dank für das Gespräch!

Goppel: Einen guten Morgen, schön, dass Sie einen so guten Namen haben aus meiner Sicht – Schwarz passt ja!
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