Solarstrom

Bürgerenergie für alle

Ein Haus mit Solaranlagen auf dem Dach.
Viele Eigenheimbesitzer haben bereits Solar-Anlagen - wenn es nach Philipp Schröder geht, sollen künftig auch Menschen ohne Immobilienbesitz Solarstrom produzieren können. © picture-alliance / dpa
Philipp Schröder im Gespräch mit Annette Riedel · 05.08.2017
Philipp Schröder will Eon, RWE und EnBW "den kalten Angstschweiß auf die Stirn treiben" - mit einer "Prosumer-Energiewende". Sein Unternehmen "Sonnen" stellt Batteriespeicher her, mit denen sich Solarstrom-Produzenten künftig selbst mit Strom versorgen können.
Deutschlandfunk Kultur: Heute im Gespräch Philipp Schröder, Geschäftsführer und Vertriebschef des Allgäuer Startup-Unternehmens "Sonnen". "Sonnen" baut einen Batteriespeicher für auf Hausdächern erzeugten Solarstrom, ist da momentan sogar Weltmarktführer. Und das Unternehmen bietet zudem eine innovative Software, mit deren Hilfe sozusagen ein dezentrales Kraftwerk entsteht, eine vernetzte Produzenten- und Konsumentengemeinschaft, um Schwankungen bei der Verfügbarkeit von Solarstrom auszugleichen.
Herr Schröder, "Sonnen" hat rund 300 Mitarbeiter aktuell, 2016 einen Umsatz von 42 Mio. Euro, bisher rund 20.000 Speicher installiert. Ist es da nicht ein bisschen größenwahnsinnig, davon zu sprechen, dass in absehbarer Zukunft RWE, E.ON und EnBW vor Ihnen zittern werden beziehungsweise gar überflüssig werden, wie Sie schon gesagt haben?
Philipp Schröder: Ich glaube nicht. Ich glaube, man muss das richtig verstehen. Wenn man sich die Energiewirtschaft heute anguckt und auch den Markt anguckt, dann sieht man, dass es einen fundamentalen Wechsel gibt. Der hat einfach damit zu tun, dass wir Millionen von dezentralen Erzeugungseinheiten haben, die traditionell im Eigentum von Bürgern sind, nicht mehr von Konzernen. Also, es gibt in Deutschland 1,6 Mio. Solaranlagen. Die alle erzeugen Strom. Die werden irgendwann abgeschrieben aus dem EEG, das ist das Erneuerbare Energien Gesetz, fallen. Und dann wird es die günstigste Quelle für Strom im Markt sein.
Sonnen GmbH-Geschäftsführer Philipp Schröder vor grünen Sträuchern und Bäumen
Philipp Schröder, Geschäftsführer der Sonnen GmbH© Deutschlandradio / Matthias Funk
Deutschlandfunk Kultur: Dazu gleich noch mehr, aber um erstmal bei diesem Punkt zu bleiben: Sie sind – Wachstum hin oder her, Umsatz verdoppelt jedes Jahr – trotzdem der David gegenüber den großen Goliaths in der Strombranche.

Die Schnellen fressen die Langsamen

Philipp Schröder: Das sind wir auch gerne. Man sieht auch schon, insbesondere bei E.ON und auch bei RWE, dass die umdenken und auch, glaube ich, inhaltlich mit uns einer Meinung sind, dass sich der Energiemarkt drastisch verändert. In diesem Markt geht es nicht mehr darum, dass die Großen die Kleinen fressen, sondern die Schnellen die Langsamen. Der Wandel, zusammen mit der Digitalisierung, ist fundamental.
Ich glaube, es ist klar, dass wir in zehn Jahren ganz andere Geschäftsmodelle haben werden. Das ist auch RWE und E.ON klar. Insofern ist es, glaube ich, schon auch logisch, wenn man dann schlussfolgert, dass wir in zehn Jahren Geschäftsmodelle von zentralen Großkraftwerken in der Art nicht mehr sehen werden.
Deutschlandfunk Kultur: Schnell wachsen - dafür braucht man auch Geld. Und um an Geld zu kommen, haben Sie mittlerweile Investoren ins Boot geholt, unter anderem General Electric, den US-Strom-Giganten. Aber auch die Chinesen sind mit Envision Energy, das ist ein Windturbinenhersteller, eingestiegen.
Das bringt Geld, aber es begrenzt unter Umständen auch ein bisschen die unternehmerische Freiheit?

Die Investoren "verstehen, was wir machen"

Philipp Schröder: In dem Fall, ehrlich gesagt, überhaupt nicht, weil wir darauf geachtet haben, dass wir Investoren an Bord holen, die genau verstehen, was wir machen. Das heißt, die verstehen, dass wir uns voll konzentrieren müssen und auch aggressiv in den Markt gehen dürfen. Sie müssen sich vorstellen, wir sind momentan parallel unterwegs im US-Markt, im deutschen Markt, im italienischen Markt, im australischen Markt. Und die haben alle verstanden, dass die neue Energiewelt dezentral und digital sein wird. Insofern haben wir da keine Begrenzung in unserem Handeln, ganz im Gegenteil. Wir glauben, dass es uns sogar hilft, in bestimmten Märkten jetzt schneller voranzukommen, als wir das alleine gekonnt hätten.
Deutschlandfunk Kultur: Die wollen Ihnen wirklich nur helfen? Oder wollen sie nicht auch ein Stück den Daumen drauf haben bei dem, was Sie da machen?
Philipp Schröder: "Der Daumen drauf" ist der falsche Begriff. Es ist wirklich mittlerweile in der Fachwelt unumstritten, dass die Dezentralität und die Digitalisierung die Zukunft sein wird im Strommarkt. Das ist wirklich nur noch eine Streitfrage, wie lange das dauern wird. Deswegen denke ich, dass man sehr, sehr früh verstehen möchte, was das bedeutet – auch die Hersteller von Windturbinen oder eben GE, als einem der größten Konzerne im Elektronikbereich, die eigentlich alles bedienen.
Ich denke, dass die alle verstanden haben, dass die Digitalisierung innerhalb von wenigen Jahren oder auch die Elektromobilität jetzt so disruptiv unterwegs ist, dass man ganz, ganz früh verstehen will, wohin der Weg führt. Ich denke, das ist einer der Gründe auch für solche Investoren, mit uns zusammenzuarbeiten, um an der Front sozusagen zu sehen, wie sich das entwickelt.

Die Mission: Saubere und bezahlbare Energie für alle

Deutschlandfunk Kultur: Denken Sie auch an einen Börsengang? Das wäre ja nochmal ein ganz anderes Kapitel.
Philipp Schröder: Das stimmt. Dazu muss man wissen: "Sonnen" hat eine Mission. Das ist saubere und bezahlbare Energie für alle.
Deutschlandfunk Kultur: Ja, aber Sie wollen auch verdienen. Sie sind ja nicht hedonistisch unterwegs.
Philipp Schröder: Ja, das stimmt schon, aber für uns geht’s vor allem darum, erstmal ein Geschäftsmodell zu beweisen. Wir sind auch noch nicht profitabel. Das heißt, für uns geht’s darum nachzuweisen, dass wir in einem rein erneuerbaren Umfeld in der Lage sind, ein nachhaltiges Geschäftsmodell aufzubauen. Für uns geht es nur darum, dass wir möglichst lange in der Lage sind, diesem Ziel wirklich klar folgen zu können. Man muss da abwägen, was der richtige Weg ist, aber das ist eine Option, die wir uns anschauen.

Wir brauchen auch den Raum, mal Fehler machen zu dürfen

Deutschlandfunk Kultur: Vor allen Dingen wäre es ein Paradigmenwechsel, weil Sie dann eben weniger ihrer Mission verpflichtet sind, als vielmehr den Aktionären.
Philipp Schröder: Genau. Das ist einer der Gründe. Für uns ist wichtig, dass unsere Mitarbeiter in mittlerweile drei Kontinenten und sechs Ländern in der Lage sind, wirklich schnell und effektiv arbeiten zu dürfen. Dafür müssen wir auch investieren, weil, wir sind nicht nur Hersteller von Hightech-Hardware, sondern wir sind eben auch ein Software-Unternehmen und wir sind auch Energieversorger. Das heißt, wir machen all das, was ein Energieversorger auch macht.
Und um diese Infrastruktur aufbauen zu können, um sozusagen "kritische Masse" aufzubauen in den verschiedenen Märkten, müssen wir auch den Raum haben, mal Fehler machen zu dürfen. Deswegen ist das Wichtigste für das Unternehmen nicht der Selbstzweck eines Börsengangs, sondern das Wichtigste für das Unternehmen ist, dass wir für das Management mit unseren Gesellschaftern natürlich auch das Geld einsammeln, damit wir in Ruhe arbeiten dürfen.
Der Börsengang ist eine Option und eine andere Option ist natürlich, auch weiterhin zu gucken, dass wir mit großen strategischen Investoren uns so aufstellen, dass vielleicht auch ein Börsengang nicht notwendig ist. Da halten wir uns beide Optionen offen.
Deutschlandfunk Kultur: Die Konkurrenz schläft nicht derweil, während Sie ausbauen und wachsen. Ihr Ex-Boss, Tesla-Chef Elon Musk drängt ebenfalls in den Markt. Die wollen auch eine Art virtuelles Kraftwerk schaffen. Sie tun sich zusammen mit dem Ökostrom-Anbieter "Lichtblick". Und wenn sie dann auch noch verschmelzen mit Solarzellenzersteller "Solar-City", dann können die ein Gesamtpaket anbieten. – Also: Bestellung, Montage, Software, Speicher, alles. Da wächst Ihnen schon was entgegen.

Auf die Vernetzung fokussieren

Philipp Schröder: Wir sehen Tesla ganz klar als einen der Innovatoren, auf den wir ganz genau gucken. Ich glaube, der entscheidende Punkt in der Abgrenzung zu Tesla, den wir sehen, ist: Wir gucken darauf, dass wir den Kunden eine Lösung in einem Service anbieten.
Deutschlandfunk Kultur: Ja, aber das würden die ja dann auch machen.
Philipp Schröder: Na ja, die verkaufen ein bundle an Hardware. Ich glaube, der große Unterschied ist, Tesla möchte ein Gesamtpaket in Hardware verkaufen und – und das ist der wirklich große Unterschied – für Individuen. Das heißt, jeder baut sich seine eigene Solaranlage, seinen eigenen Speicher und baut sich eigentlich seine eigene Energieinsel, wenn man so will. Und wir gucken ganz klar darauf, dass wir uns auf die Vernetzung fokussieren.
Um es mal zu überspitzen: Für uns wäre es kein Problem, ab einem bestimmten Zeitpunkt auch "Tesla-Powerwalls" zu vernetzen. Wir sehen den entscheidenden Punkt nicht in der Batterie oder in der Solarzelle, sondern ganz klar in der Vernetzung und daraus resultierendem Mehrnutzen für die Kunden.
Insofern denke ich, dass wir eher auf demselben Weg unterwegs sind mit unterschiedlichen Ansätzen.

Die Geschäftsmodelle von Eon und RWE wird es in 10 Jahren nicht mehr geben

Deutschlandfunk Kultur: Jetzt will ich Ihnen weder den Schneid abkaufen, noch könnte ich es wahrscheinlich, aber auch Eon beispielsweise, einer der Großen im Markt, ist unterwegs. Sie wollen sich zusammenschließen oder haben es schon getan mit "Solarwatt". Es ist doch zumindest mal eine Möglichkeit, die Sie im Auge behalten müssen, dass da die Großen mit deutlich mehr Mitteln auf eine Idee, an der Sie schon dran sind, zugreifen könnten und dann im Zweifel mit mehr Power dahinter, mit mehr finanziellen Mitteln Ihnen das Wasser abgraben.
Philipp Schröder: Das ist immer eine Möglichkeit. Ich glaube, das gilt in jedem Wirtschaftszweig. Aber wir haben den großen Vorteil, dass wir auf einer grünen Wiese mit einer ganz klaren Zielsetzung gestartet haben. Das heißt, es gibt bei uns keine Interessenskonflikte innerhalb eines Konzerns wie Eon. Das ist der eine Punkt. Und der andere Punkt ist: Wir freuen uns auch über den Wettbewerb.
Also, wir sagen auf der einen Seite, dass es die Geschäftsmodelle von Eon und RWE in zehn Jahren nicht mehr geben wird. Und auf der anderen Seite sehen wir jetzt, dass Eon unserem Ansatz folgt. Insofern freut uns das erstmal, weil, erstmal geht es ja darum auch für uns, neue Geschäftsmodelle, die nachhaltig sind für alle und auch so eine Art Bürgerenergie, eine "Prosumer"-Energiewende zu schaffen, die nachhaltig ist - ohne Subventionen.
Deutschlandfunk Kultur: Prosumer heißt: eine Mischung aus Produzenten und Konsumenten.

Wir sind den Wettbewerbern um ein paar Schritte voraus

Philipp Schröder: Genau. So nennen wir unsere Kunden, weil die ihren Strom einfach selber produzieren und mit anderen teilen. Deswegen freut es uns erstmal, dass Eon den gleichen Weg geht. Und wir haben da keine Bedenken, dass wir im Wettbewerb mithalten können, weil wir gnadenlos fokussiert sind auf das Thema und weil wir auch, glaube ich, ein paar Schritte voraus sind. Und die Schnellen, wie gesagt, schlagen hier die Langsamen. Und wir sind guter Dinge, dass wir da auch schneller bleiben.
Deutschlandfunk Kultur: Jetzt gibt es 1,6 Millionen Prosumer, diese Mischung aus Produzenten und Konsumenten von Solarenergie in Deutschland, also Solaranlagen auf Häuserdächern. Nun sind bisher 20.000 rund von den 1,6 Millionen eingetreten in diese Community. Sie spekulieren schon sehr darauf, dass über den Rückgang der garantierten Einspeisevergütung für Solarstrom, tendenziell gen Null, Ihnen da Kundschaft zuwächst, weil es sich zunehmend rentiert - was es jetzt noch nicht unbedingt tut - den selbst produzierten Solarstrom nicht einzuspeisen in das große Ganze, sondern selbst zu verbrauchen.
Philipp Schröder: Es ist momentan so, dass ein Solaranlagenbetreiber mit einem älteren Solaranlagensystem mehr davon hat, den Strom einfach stumpf ins Netz zu speisen.
Deutschlandfunk Kultur: Klar. Vier bis fünf Jahre schneller amortisiert sich die Investition im Moment so noch.
Philipp Schröder: Beziehungsweise, es gibt vor allem die 1,6 Millionen, die ja schon vor Jahren diese Entscheidung getroffen haben. Aber das EEG endet irgendwann. Das heißt, es gibt zwei Treiber: Der eine ist, dass bei Neuanlagen die EEG-Vergütung wahrscheinlich sehr, sehr schnell sinken wird. Und der zweite Treiber ist: Nach zwanzig Jahren werden 1,6 Millionen Solaranlagen aus dem EEG fallen. Diese Anlagen sind dann abgeschrieben. Die bekommen auch kein Geld mehr. Das heißt, 1,6 Millionen, bis dahin wahrscheinlich zwei Millionen Prosumer werden sich die Frage stellen: Ich produziere Strom aus einer abgeschriebenen Solaranlage zu null Cent? Aber immer wenn ich unterwegs bin, auf der Arbeit zum Beispiel, bin ich nicht in der Lage diesen Strom zu nutzen. Und selbst wenn ich ihn nutze mit einem Speicher, bleibt immer etwas übrig. – Auf diese Kunden spekulieren wir.

Attraktiv zunächst für private Verbraucher

Deutschlandfunk Kultur: Aber es sind immer Privatkunden. Das Konzept, der Ansatz funktioniert nur für den privaten Verbrauch.
Philipp Schröder: Er funktioniert zuerst für den privaten Verbrauch, weil die privaten Verbraucher den höchsten Strompreis zahlen in Deutschland. Der, der den höchsten Strompreis zahlt, für den rechnen sich diese Konzepte zuerst. Aber das grundsätzliche Modell rechnet sich irgendwann auch für kleine und mittlere Betriebe - wir haben die ersten, die schon reinkommen - und wird sich eines Tages auch für die Industrie rechnen, weil auch dort wird es Realität sein, dass zum Beispiel große Konzerne so viele dezentrale Erzeugungseinheiten haben auf Gebäuden, auf Fabrikgeländen haben, dass es für sie Sinn macht, sich ohne den Energieversorger zu vernetzen. Und das ist wiederum die Plattform, die wir bieten können.
Deutschlandfunk Kultur: Was Sie auch anbieten, ist in einigen Städten in Deutschland eine City-Flatrate. Das heißt, da bezahlt man knapp unter zwanzig Euro, stellt sich einen Speicher in den Keller, auch wenn man nicht selber auf dem Dach eine Solaranlage hat, nicht selbst produziert, und ist dann Teil dieser Community und wird mit vernetzt und mit versorgt.
Da gibt’s keine große Nachfrage. Das Interesse ist sehr gering an dem Eck. – Woran liegt’s?

Heute produzieren wir günstigen Windstrom teilweise für den Mülleimer

Philipp Schröder: Ich würde nicht sagen, dass das Interesse sehr gering ist, sondern das Interesse ist tatsächlich hoch. Wir versuchen im Marketing uns da ein bisschen zurückzuhalten, weil die technischen Aufwendungen, die wir haben von Stadt zu Stadt relativ hoch sind.
Es gibt in Deutschland die grundsätzliche Problematik, dass wir im Norden zu viel Windstrom produzieren und in den nächsten zehn Jahren nicht in der Lage sein werden, diesen Windstrom in den Süden zu bekommen. Selbst wenn die Bebauungspläne alle durchgehen, die heute schon in der Schublade liegen, wird es eine Dekade und länger dauern.
Heute produzieren wir Windstrom, der sehr günstig ist, eigentlich für den Mülleimer. Das heißt, diese Windstrommengen gehen über zehn Jahre verloren, können volkswirtschaftlich nicht genutzt werden, aber müssen vom Verbraucher bezahlt werden.
Und wir möchten - oder wir tun das jetzt schon, wir sorgen dafür, dass zum Beispiel Windstrommengen, die überschüssig sind im Norden, über unser virtuelles Kraftwerk, also über tausende von Speichern, die bei Privathaushalten stehen, dann abgespeichert wird, wenn es zu viel Strom gibt, und dann wieder abgegeben wird, wenn es eine Nachfrage im Netz gibt.
Dafür fokussieren wir uns momentan zum Beispiel auch auf Städte wie Hamburg und Berlin und bauen tatsächlich in Wohnungen - und wir beginnen damit gerade - auch dezentrale Speicher ein. Und das, was der Kunde dafür bekommt, dass er uns erlaubt, dass wir diesen Speicher benutzen, sind in der Tat freie Strommengen.
Wenn Sie sich in Berlin entscheiden, dass Sie uns zwanzig Euro zahlen und einen Speicher bei uns kaufen, dann bekommen Sie garantiert über zehn Jahre kostenlosen Strom.

Energiewende darf nicht nur etwas für Immobilienbesitzer sein

Deutschlandfunk Kultur: Aber ich muss dafür Immobilienbesitzer sein, denn es funktioniert nicht für Mietwohnungen.
Philipp Schröder: Das ist korrekt - außer, Sie sprechen mit Ihrem Eigentümer.
Deutschlandfunk Kultur: Aber da kann schon sagen, diese wunderbare grüne Energierevolution ist etwas für Besserverdiener.
Philipp Schröder: Ja, genau das versuchen wir zu überwinden. Es ist natürlich so, dass wir auch rechtlichen Einschränkungen unterliegen. Dazu gehört zum Beispiel, dass, wenn ich nur Mieter bin, ich bestimmte Änderungen nicht vornehmen darf.
Im Grunde ist aber ein Speicher ein mobiles Wirtschaftsgut. Das heißt, im Grunde ist es schwer für einen Eigentümer das zu verbieten. Wenn ich mir eine Waschmaschine ins Haus stelle, hat der Eigentümer auch kein Mitspracherecht. Selbst bei einer Einbauküche kann ich das machen. Und ähnlich ist es auch beim Energiespeicher, weil der auch wieder abgebaut werden kann.
Unser System macht nur dann Sinn, wenn wir es schaffen, nicht nur eben dem Einfamilienhausbesitzer oder eben dem Eigentümer einer Wohnung das anzubieten, sondern jedem.
Deutschlandfunk Kultur: Könnten Sie da nicht auch Opfer von Ihrem Erfolg werden? Wenn das jetzt wirklich Hunderttausende machen, Millionen, zwei, drei, fünf, denn Wohnungsbesitzer gibt es ja mehr als Hausbesitzer, funktioniert das dann tatsächlich noch, wenn so viele profitieren von dem Netz, die nicht selber produzieren?

Risiko, Opfer des eigenen Erfolgs zu werden

Philipp Schröder: Das ist eine gute Frage und eine berechtigte Frage, aber erstmal werden wir Kontingente freigeben. Das heißt, was wir tun, ist, wir werden uns erstmal in Tausenderkontingenten diesen Kunden stellen. Es ist ein sehr komplexes Verfahren. Das ist neue Zählertechnik, die wir da zum Einsatz bringen. Alles wird digitalisiert. Wir müssen das auch den Energieversorgern erklären, den Netzbetreibern erklären. Das heißt, wir gehen das Risiko, dass wir Opfer unseres Erfolges werden, gerne ein. Der erste Punkt ist jetzt erstmal, dass wir die erste Charge von einigen tausend Kunden auch umsetzen.
Aber in der Tat muss man sich natürlich die Frage stellen, wenn wir nachher jeden ausgerüstet haben, wie hoch die Erträge tatsächlich noch werden durch Netzentlastung. Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg. Und man muss sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen: Die Alternative wäre ja, dass wir über eine Dekade diese Windstrommengen gar nicht nutzen. Das heißt, der Verbraucher bezahlt sie über die EEG-Umlage. Er zahlt sie über seine Steuern und Netzentgelte, aber sie werden volkswirtschaftlich gar nicht genutzt.
Wir glauben, dass das keine Alternative sein kann, denn unsere Kunden bezahlen mit privatem Geld für einen Speicher, der dann das Netz entlastet. Das ist schon mal gut, weil wir weniger Netzausbau brauchen, was sonst wieder die Allgemeinheit belasten würde, und der Strommengen inkludiert, die sonst verloren gehen. Insofern können wir für uns schon in Anspruch nehmen aus unserer Sicht, dass das ein Modell ist, was für alle vorteilhaft ist.
Weil, die Alternative bedeutet, dass wir stumpf abschalten, weil wir schlicht keine Flexibilitäten haben.

Für ein System ohne Subventionen

Deutschlandfunk Kultur: Noch sind Sie klein, bei allem Streben Richtung Größerem, und schon ist der deutsche Markt zu klein für Sie. Sie haben es schon kurz erwähnt: Sie versuchen in Australien, Italien, in den USA, Österreich und der Schweiz etwas aufzubauen, sind da schon mitten drin, und eben nicht nur die Batteriespeicher, sondern eben auch das Konzept zum virtuellen Kraftwerk über die Sonnen-Community zu verkaufen.
Warum eigentlich nicht im sonnenverwöhnten Griechenland oder in der noch sonnenverwöhnteren Region Nordafrika?
Philipp Schröder: Das kann man, glaube ich, gut erklären. Für uns spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Einmal geht es darum, wie hoch ist der Strompreis für Verbraucher. Desto höher der Strompreis für Verbraucher ist, desto schneller amortisiert sich eine Investition in eigene Hardware, insbesondere wenn es keine Subventionen vom Staat gibt, was wir auch gar nicht wollen. Wir stehen für ein System, was ohne Subvention funktioniert. – Das ist der erste Grund.
Wir gucken natürlich opportunistisch auf die Märkte, in denen der Strompreis hoch ist für Privatverbraucher, weil dann die Investitionsbereitschaft, die private, auch höher ist. Insbesondere in kleineren Ländern sehen wir oft, dass Strompreise subventioniert sind durch den Staat. Also, als Beispiel mal: in Australien ist der Strompreis dieses Jahr um 25 Prozent gestiegen. Die haben einen sehr hohen Strompreis. Die Großhandelspreise sind um 400 Prozent gestiegen. Da macht es Sinn, dass wir uns diesen Markt angucken.
Der zweite Faktor ist natürlich Kaufkraft. Es ist einfach so.
Deutschlandfunk Kultur: Denn die Speicher sind noch ziemlich teuer. 4.000 Euro muss man ja erstmal haben.
Philipp Schröder: Genau. Und der 4.000er-Speicher ist eben auch für eine private Mietwohnung. Das ist ein kleiner Speicher. Für ein Einfamilienhaus wird es auch teurer und man braucht auch eine Solaranlage. Das heißt, ja, wir haben drei Faktoren: Wie hoch ist der Strompreis für Verbraucher? Der zweite ist: Wie hoch ist die Penetration von Erneuerbaren? Warum? Wir vernetzen ja Erneuerbare zu einem virtuellen Kraftwerk auf der Erzeugungs- und auf der Speicherseite. Und wenn wir zum Beispiel nur eine Penetration haben von 0,8 Prozent im Gesamtmarkt, gibt es die kritische Masse nicht. Das heißt, es gibt gar nicht das Potenzial an Solaranlagen oder Windkraftanlagen, die wir bündeln können.

Auf Expansion in Deutschland, den USA, Italien und Australien konzentrieren

Deutschlandfunk Kultur: Und was ist mit Südostasien? Man sagt, dass dort der Markt für erneuerbare Energien bis 2025 um fünfzig Prozent wachsen wird. Das wäre ja eigentlich eine Wiese, wo Sie sich tummeln können, wollen würden. Auf der anderen Seite denken die auch eher größer. Die denken nicht in klein und dezentral. Die wollen, was weiß ich, Solaranlagen auf dem Wasser, beispielsweise Singapur ein Stichwort, machen. Da passen Sie nicht ins Konzept.
Philipp Schröder: Ich würde auch sagen, dass wir mit unserer Expansion in den USA, in Deutschland, in Italien, in Australien zudem an einem Punkt sind, wo wir als Unternehmen in unserer Größe uns auch fokussieren wollen. Wichtig sind für uns auch regulatorische Hintergründe. Wir sind ja Energieversorger und Servicedienstleister. Das heißt, wir sind tatsächlich derjenige, der Ihnen den Strom liefert. Sie kriegen von uns die Hardware und die Serviceleistung in einem Komplettpaket. Und das müssen wir regulatorisch auch dürfen.
Zum Beispiel in China oder in anderen asiatischen Ländern wäre es für ein deutsches Unternehmen relativ schwer, eine Energieversorgungslizenz zu bekommen. Und die brauchen wir, weil wir eben nicht nur eine Box verkaufen, sondern unsere Leistung eben die Vernetzung ist. Deswegen müssen wir uns auch auf Märkte konzentrieren, wo es uns schlicht und ergreifend erlaubt ist, als Energieversorger auch auftreten zu dürfen.
Deutschlandfunk Kultur: Sie sind zu einem gewissen Teil schlicht und ergreifend Stromanbieter, denn Sie kaufen ja schon auch Strom an der Leipziger Energiebörse hinzu, auch aus erneuerbaren Energien oder aus Biogas. Im Verhältnis zu dem, wie das wirklich mit der Community und den privaten Speichern funktioniert, sind Sie eigentlich im Moment noch so eine Art "Lichtblick", was ein Ökostromanbieter ist, mit anderen Ambitionen.

Schon heute verkauft die Produzenten-Community mehr Solar-Strom

Philipp Schröder: Das muss ich verneinen, ganz klar. Weil, der Unterschied ist auch ganz einfach. Ein Ökostromkonzern wie Lichtblick kauft Strommengen. Und in der Regel kauft er Strommengen, die er Grünstrom nennen darf. Und dafür muss er im Ausland Zertifikate kaufen. Das heißt, Lichtblick kauft an der Leipziger Strombörse eine Strommenge Graustrom ein.
Deutschlandfunk Kultur: Graustrom heißt, wenn man nicht genau weiß, wo er herkommt.
Philipp Schröder: Genau. Das ist dann der sogenannte Strommix. Eine Graustrommenge besteht aus allen Energieerzeugungsanlagen, die es halt in Deutschland im Durchschnitt gibt.
Und der wird dann zertifiziert auf Grünstrom. Das heißt, man kauft sich Rechte zum Beispiel aus Norwegen an einem Wasserkraftwerk. Und dieser grünstrom-zertifizierte Strom wird dann als Ökostrom dem Konsumenten angeboten. Das heißt, es kann tatsächlich sein, dass diese Menge komplett aus einem Kohlekraftwerk kommt – physisch, aber eben grünstrom-zertifiziert ist. Und das ist aus unserer Sicht auch gar nicht so verwerflich. Das ist alles in Ordnung. Aber der entscheidende Unterschied ist, dass wir eine Überdeckung haben auf der Produktionsseite durch echte Anlagen.
Das heißt, wir produzieren jetzt schon mit unseren Prosumern mehr Strom als wir in der Versorgung abgeben. Das heißt, wir haben durch Biogasanlagen, Windkraftanlagen, aber vor allem durch sehr, sehr viele kleine Solaranlagen insbesondere in den Sommermonaten immer eine Überdeckung.
Deutschlandfunk Kultur: Aber man muss trotzdem hinzu kaufen, halt in den Regen- oder Wintermonaten.
Philipp Schröder: Richtig. Das ist ein Notfallmechanismus. Wir haben ja auch Wintermonate oder regnerische Monate, wo wir dann natürlich, wenn wir in Unterdeckung kommen sollten in dem Community-Pool, zukaufen. Aber im Großen und Ganzen haben wir eine Überdeckung, verkaufen Überschussmengen eher an der Börse weg, als dass wir in der Regel zukaufen müssen für unsere Mitglieder.

Solar-Module werden kaum je wieder vorrangig in Europa produziert

Deutschlandfunk Kultur: Mir scheint das Speichergeschäft in Deutschland langsam, aber stetig zu wachsen, während gleichzeitig der Verkauf von Photovoltaikanlagen am Boden liegt, jedenfalls jener Made in Germany. Das bekannteste "Opfer", in Anführungsstrichen, ist sicherlich "Solar World". Die haben jetzt gerade diese Woche Insolvenz anmelden müssen.
Hat die Produktion von Photovoltaikanlagen Made in Germany keine Zukunft aus Ihrer Sicht?
Philipp Schröder: Ich glaube, dass das eine Frage ist, die man nicht pauschal beantworten kann. Und das muss man auch trennen.
Der eine Punkt ist, der Absatz von Photovoltaiksystemen in Deutschland ist erstmal zurückgegangen. Warum? Weil die Subventionen gekürzt worden sind. Die EEG-Vergütung, die man bekommt, ist runter gegangen. Jetzt begreifen aber Häuslebauer, dass es gar nicht mehr um die Einspeisung geht vom Strom, sondern um den Eigenverbrauch. Das heißt, wir haben da einen Paradigmenwechsel. Früher hat man stumpf eingespeist, damit auch viele Probleme verursacht, die wir heute sehen, weil einfach zur falschen Zeit zu viel Strom eingespeist wird. Und das ändert sich jetzt. Das heißt, der Kunde merkt: Hey, ich verbrauche den Strom erst mal selbst. Das ist auch gut so, weil das Netz entlastet wird.
Der zweite Punkt ist: Solar-Modul-Herstellung Made in Germany - aus meiner Sicht muss man fairerweise da ins Feld führen, dass die deutschen Hersteller, auch Solarworld und andere, sehr früh schon Fabriken gebaut haben und sind dann in den Wettbewerb getreten mit neueren Fabriken, die auch – aus unserer Sicht zumindest – Hilfsmittel aus Asien, insbesondere in China auch vom Staat erhalten haben. Und das heißt, es war sehr schwer für deutsche Solarhersteller da mitzuhalten. Das Resultat sehen wir jetzt.
Langfristig glaube ich aber auch, dass Solarmodule an sich einfach ein Gut sind, was per se in Europa vielleicht nicht vorrangig produziert wird.

Windkraft- und Solar-Kraftwerke schon heute günstiger als jedes neue Kohle-Kraftwerk

Deutschlandfunk Kultur: Wie realistisch ist es für Sie, dass wir in absehbarer Zeit tatsächlich Energie zu hundert Prozent aus erneuerbaren Energien beziehen können? Es gibt Spezialisten, die sagen, bis 2030 wäre es technisch machbar, aber politisch und praktisch frühestens 2050. Aber das ist auch nicht mehr so lange hin. – Ist das realistisch?
Philipp Schröder: Das ist ein hoch diffiziles Thema. Da gibt es sehr viele Meinungen dazu. Aber ich denke, das ist realistisch. Wir denken, das ist realistisch. Woran liegt das? Es ist unumstritten, dass Solar- und Windkraftanlagen, vor allem On-Shore, also auf dem Land, richtige Windkraftanlagen, günstiger sind als jedes neu gebaute Kohle- oder Kernkraftwerk. Es gibt Beispiele in Großbritannien, dass tatsächlich neue AKW vom Staat abgesichert und bezuschusst werden müssen, damit sie überhaupt wirtschaftlich mithalten können.
Und wir wissen auch, wenn wir über Kohle sprechen, dass auch ohne dass wir CO2, also Verschmutzung bepreisen, es neue Kohlekraftwerke sehr schwer haben würden, im Markt zu bestehen. Das heißt, dass eigentlich klar ist, und deswegen verändert sich die Energieversorgung auch bei den Konzernen, dass diese Konzepte nicht mehr funktionieren würden.
Wenn man das akzeptiert und auch wissenschaftlich diesen Beweis akzeptiert, dann muss man daraus ableiten, dass wir in Zukunft Neuanlagen überwiegend im Solar- und im Windbereich haben. Und wir glauben daran, dass wir tatsächlich irgendwann mal eine Überproduktion haben. Denn der Clou bei Erneuerbaren-Anlagen ist, dass, wenn sie abgeschrieben sind, wir nichts mehr zahlen für die Primärenergie.
Und dann haben wir tatsächlich, ich überspitze es jetzt mal, kostenlosen Strom, während ein Kohlekraftwerk immer noch Kohle zukaufen muss. Selbst wenn die Hardware abgeschrieben ist, haben wir bei einem Lebenszyklus von dreißig, auch vierzig Jahren bei Solaranlagen nach zwanzig Jahren einen Punkt erreicht, wo diese Anlagen beinahe zu Null Kosten Strom produzieren.
Und wir werden, nachdem wir jetzt diese Anschubfinanzierung durch das EEG hatten, was sehr umstritten ist, wo es viele Lobbyinteressen gibt - übrigens auch von Solarunternehmen, die einfach mehr Subventionen wollen - aber wir werden, glaube ich, feststellen, dass, wenn wir durch das EEG durch sind und tatsächlich diese Anschubfinanzierung über die deutschen Abgabezahler geleistet haben, dass Deutschland eine sehr, sehr gute Aussicht darauf hat, dass wir sehr, sehr günstige Stromkosten haben für den Privatverbraucher und auch für die Industrie. Allerdings ist die Voraussetzung dafür, dass es speicherbar wird.

Jeder kann Energieversorger werden

Deutschlandfunk Kultur: Ich entnehme Ihren Äußerungen in den letzten Minuten, dass Sie eine sehr kritische Haltung zu der Rolle des Staates beim Energieumbau haben. Sie sagen selber, wir wollen gar keine Subventionen. Trotzdem wird es wahrscheinlich, wenn man umstellen wird auf Elektromobilität - großes Thema, Dieselgipfel diese Woche usw.; da passiert ja einiges; aus der Krise wächst ja dann teilweise auch was Neues - ganz ohne Staat nicht gehen.
Philipp Schröder: Das ist richtig. Und ich glaube, die Bundesregierung in den letzten Jahren und Jahrzehnten hat sehr viel richtig gemacht, viel mehr richtig als falsch. Jeder kann Energieversorger werden. Sie und ich können morgen unsere Solaranlagen zusammenschließen und im Markt teilnehmen. Jeder kann einen Speicher installieren. Und auch die können wir zusammenschließen. Das heißt, die Liberalisierung hat stattgefunden. Das war ein großer Prozess.
Und ich finde, man muss an der Stelle auch sagen: Es gibt viel Kritik an der Energiewende. Aber mich interessiert derjenige, der die Energiewende kritisiert mit all ihren Unzulänglichkeiten, die wir haben, die wir auch korrigieren müssen - wo ist der Gegenentwurf? Wo man sagt - okay, Energiewende-Bashing ist auch oft populär, aber was ist denn die Alternative? Ist die Alternative zu sagen, komm, wir nehmen russisches Gas und wir nehmen weiterhin Kohle und wir fahren weiterhin Diesel?
Das kann es nicht sein. Und das darf es für Deutschland auch nicht sein, denn davon hängen auch Arbeitsplätze ab im Innovationsbereich, im Technologiebereich. Deutschland kann sich gar nicht hinstellen und sagen, na ja, die Energiewende ist schwierig zu managen. Ja, es ist ein Mammutprojekt, aber wir haben keine andere Alternative. Und ich bin mir sicher, dass in noch nicht mal fünf, sechs, sieben, acht Jahren, wenn diese großen EEG-Belastungen wegfallen…Denn eins ist ja klar, das EEG und die Belastung für den Verbraucher wird in dem Moment wegfallen, wo die Laufzeit der zwanzig Jahre vorbei ist. Und dann werden wir große Mengen an sehr günstigem Strom haben, von dem alle partizipieren können, wenn wir die Volatilität und die Flexibilität managen können.

Gas-Kraftwerke oder Biogas-Kraftwerke werden noch gebraucht

Deutschlandfunk Kultur: Also, wenn das so einfach wäre, wie Sie es erscheinen lassen wollen, dann würde der Satz, der einem ja immer wieder entgegengehalten wird, wenn es um die Rolle geht, die die erneuerbaren Energien in der Stromversorgung spielen könnten: Die sind nicht grundlastfähig, gerade aus der Sicht der Industrie - dieser Satz gilt dann bald nicht mehr?
Philipp Schröder: Er gilt nur noch sehr eingeschränkt. Es ist in der Tat so, dass das Hauptargument der Kritiker ist - auch zu Recht: Hey, was ist denn, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht? Man sagt eigentlich: Liebe Leute, wenn ihr Erneuerbar so viel wollt, braucht ihr eigentlich immer eine zweite Kapazität, eine redundante Kapazität. Und die macht das Ganze super teuer.
Da ist aber nie eingerechnet worden die Möglichkeit der Speicherung. Die Speicherung - und jetzt müssen wir das nochmal subsumieren: Die Speicher, die wir installieren, sind von Privatleuten investiert worden, sind Privatinvestitionen. Das ist also gut, weil wir sie nicht auf alle Verbraucher umlegen müssen. Und wir entlasten damit die Netze. Wir sorgen sogar dafür, dass weniger EEG-Vergütung gezahlt werden muss. Warum? Unsere Kunden speisen ja ihren Strom gar nicht ein, sondern die verbrauchen ihn selbst vor Ort. Dadurch geht die Belastung im EEG zurück. Das sind erstmal alle Positiveffekte, die wir per se haben.
Zusätzlich kommt jetzt dazu, dass die Grundlast dadurch geringer wird. Wir werden immer eine Grundlast brauchen. Also, ich gehöre nicht zu denjenigen, die sagen, wir brauchen gar keine Gaskraftwerke mehr oder Biogaskraftwerke oder irgendeine Form der Grundlast. Nur der entscheidende Punkt ist, dass die Notwendigkeit, also die Höhe der Grundlast, die wir brauchen, wesentlich geringer ist als das heute noch von Kritikern behauptet wird.

Bedeutung von Nachhaltigkeit früh gelernt

Deutschlandfunk Kultur: Zum Schluss noch die Frage: Wie kommt man als verkrachter Jura-Student - Sie haben Ihr Studium abgebrochen - zum Thema erneuerbare Energien und wird sogar auch noch Unternehmer in dem Bereich?
Philipp Schröder: Ja, das ist eine sehr richtige, gute Frage. Ich komme von einem Biobauernhof in der Lüneburger Heide. Das war ein Demeter-Hof. Das heißt, ich habe früh schon für mich als Kind gelernt, was bedeutet Nachhaltigkeit. Ich habe aber auch gemerkt, dass es auf Widerstände stößt. Das heißt, dass nicht alle Familien so gedacht haben wie wir. Das heißt, ich habe mich früh auch mit dem Thema beschäftigen müssen, um zu erklären, warum ich in Gummistiefeln zur Schule komme.
Aber dazu kommt dann auch noch die Nähe zu Gorleben. Das heißt, wir haben einen Biobauernhof gehabt, in der Nähe des Wendlands, auch in unmittelbarer Nähe zu dem Geschehen durch die Castor-Transporte. Das heißt, man hat sich früh schon Gedanken darüber gemacht.
Und ein anderer Punkt war, dass ich mich auch einfach irgendwann getraut habe, das Jurastudium, was mir nicht lag, abzubrechen und was auszuprobieren. Und ich habe dann auch ein bisschen Glück gehabt. Ich war ja auch bei Tesla. Und natürlich bin ich in eine Generation geboren, in der die technischen Möglichkeiten auch da waren, um Erneuerbare wirklich verfügbar zu machen. Insofern habe ich auch Glück gehabt, dass ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort war.
Deutschlandfunk Kultur: Herr Schröder, vielen Dank für das Gespräch.
Philipp Schröder: Dankeschön.
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