"Soko Asyl" in Braunschweig

Eine sehr kleine Anzahl von Kriminellen

Ulf Küch mit seinem Buch Soko Asyl
Ulf Küch mit seinem Buch "Soko Asyl". © picture alliance / dpa / Foto: Rebecca Krizak
Von Eleni Klotsikas · 01.02.2016
Ulf Küch, Kripo-Chef in Braunschweig, registrierte mit dem Anstieg der Flüchtlingszahlen auch einen Zuwachs der Straftaten. Er rief als erster 2015 eine "Sonderkommission Asyl" ins Leben. Über seine Erfahrungen hat er ein differenziertes Buch geschrieben.
Kriminalkommissar Ulf Küch ist niemand, der sich gern den Mund verbieten lässt und schon gar nicht von der Politikern. Gegen Widerstände gründeten er und seine Kollegen im Sommer letzten Jahres die erste Sonderkommission, die sich ausschließlich mit Flüchtlingskriminalität befasst. Ein befreundeter Journalist riet ihm seine Erfahrungen in einem Buch festzuhalten:
"Der hat gesagt, da müsst ihr mal aufschreiben, was ihr da macht. Es scheint ja dann doch etwas zu sein, was im Augenblick nicht so gewünscht ist und wie das Ergebnis ist, also das war eigentlich ein Feldversuch, den wir da gestartet haben, ja und dann ist das dabei rausgekommen."
Zitatat: "Wer Kralenriede nicht kennt, muss sich einfach nur ein Viertel mit gepflegten Einfamilienhäusern und ebenso gepflegten Vorgärten vorstellen. Alles war hier immer sehr ruhig, doch durch die Flüchtlingswelle hat sich Vieles verändert",
schreibt Kriminalkommissar Küch. Doch dann werden in der nahe gelegenen Landesaufnahmestelle in Braunschweig 4000 Asylbewerber untergebracht. Der Polizist beschreibt, dass die Anwohner befremdlich auf die syrischen Familien und die afrikanischen jungen Männer reagieren, denen sie nun täglich an der Bushaltestelle begegnen. Die Mütter bringen ihre Kinder jetzt lieber mit den Auto zur Schule. Problematisch wird es, als sich die Zahl der Einbrüche in der Gegend vervierfacht und auch Ladendiebstähle sich häufen.
Zitatat: "Da haben wir gesagt, dass hier wirklich etwas nicht stimmt, also haben uns intensiv mit den Vorgängen auseinandergesetzt und nach relativ kurzer Zeit haben wir festgestellt, wer für die Zunahme an Einbrüchen verantwortlich ist."
Das Diebesgut wird außer Landes gebracht
Mit dem Flüchtlingsstrom sind auch Mitglieder von Banden aus dem kaukasischen und nordafrikanischen Raum nach Deutschland gekommen. Ulf Küch beschreibt, wie sie sich zu Raubzügen verabreden. Ein Trick dabei: Sie kleiden Taschen mit Alufolie aus, so dass die Warensicherungsanlagen nicht mehr reagieren. Das Diebesgut wird anschließend außer Landes gebracht. Obwohl eindeutige Erkenntnisse dazu vorlagen, stießen Küch und seine Kollegen mit der Idee eine Soko gegen Flüchtlingskriminalität zu gründen bei Politikern auf Unbehagen.
"Es war Unverständnis insgesamt. Es war die Phase Anfang des letzten Jahres, wo diese Willkommensstimmung alles andere überwog und wir uns schon Gedanken gemacht haben, was ist eigentlich, wenn alles doch nicht so gut geht. Das haben einige am Anfang nicht verstanden und dachten, das wäre kein achtsamer Umgang mit Flüchtlingen."
Einen unachtsamen Umgang mit der Thematik kann man dem Kriminalkommissar nicht vorwerfen. Im Gegenteil: Er differenziert in seinem Buch sehr eindeutig und stellt immer wieder klar, dass es sich, im Vergleich zur Masse der Flüchtlinge, nur um eine sehr kleine Anzahl von Kriminellen handelt, die gerade einmal 1,5 Prozent ausmachen. Doch wenn er gegen diesen verschwindend geringen Teil nichts unternehmen würde, schreibt der Kriminalkommissar, dann würde auch die große Anzahl der Schutz suchenden Menschen darunter leiden:

Zitatat:"Unserer Sorge war, dass gerade dieser kleine Teil von gewissen politischen Strömungen dazu genutzt werden könnte mit ihnen Stimmung gegen alle Flüchtlinge zu machen."
Straftäter in Untersuchungshaft
Und genau das sei passiert. Obwohl die Sonderkommission es mittlerweile geschafft hat, die Kriminalität im Raum Braunschweig einzudämmen, halten sich perfide Behauptungen über angebliche Gräueltaten von Flüchtlingen hartnäckig.
Wie geht die Sonderkommission aber gegen Menschen vor, denen tatsächlich etwas zur Last gelegt wird? Die meisten Asylbewerber haben weder Dokumente, noch einen festen Wohnsitz. Damit solche Straftäter nicht untertauchen, kommen sie in Untersuchungshaft. Das geht nur in einem sogenannten "Beschleunigten Verfahren". Doch das ist sehr zeitintensiv und erfordert eine Kooperation zwischen Justiz und Polizei. Das Gericht muss innerhalb von sieben Tagen einen Prozess gegen einen Beschuldigten führen. Bei der heutigen Belastung der Gerichte, ein wahrer Kraftakt. Doch der Aufwand lohnt sich, sagt Kriminalkommissar Küch. Die Straftaten sind nach einer ersten Bilanz zurückgegangen.
"Wir haben einige Unverbesserliche, die haben es noch zwei, dreimal probiert, hatten nach der zweiten Bewährungsstrafe ein Problem und sitzen jetzt in Strafhaft. Einige andere haben es verstanden. Es muss sich rumsprechen, dass man hier auf Handeln auch Konsequenzen erfährt."
Das Buch von Ulf Küch stimmt optimistisch, denn es zeigt, was alles möglich ist, wenn Justiz und Polizei eng zusammenarbeiten. Sein Fazit lautet: Es gibt keinen Mangel an Gesetzen, um gegen straffällige Flüchtlinge vorzugehen, Gesetze müssten nur richtig ausgeschöpft werden. Sein Buch betreibt Aufklärung. Mit Fakten und Zahlen kämpft es gegen die Unsicherheit an, die sich bei vielen Menschen nach den Übergriffen von Köln breit gemacht hat. Es ist ein Plädoyer gegen die Stigmatisierung von Asylbewerbern. Es warnt aber auch vor den Folgen einer langfristigen Ghettoisierung von Flüchtlingen. Ein Appell an die Politik, endlich mehr Mittel für Integration bereit zu stellen.
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