Social-Media-Plattform

Trumps Anhänger feiern angeblichen Wahlsieg auf Parler

04:45 Minuten
Nicht genehmigte Demonstration der Querdenken-Bewegung am. 18. November 2020 in Berlin. Vor einer herbstlichen Kulisse halten Demonstranten ein Schild "Trump forever" in die Höhe.
Seit Donald Trump die US-Wahl verloren hat, behaupten viele seiner Anhänger mit aller Macht das Gegenteil. Im Netz tummeln sie sich auf der Plattform Parler. © picture alliance / SULUPRESS.DE | Vladimir Menc
Von Kerstin Zilm · 28.12.2020
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Desinformation, Lügen und Verschwörungstheorien: Seit dem US-Wahlkampf versehen Facebook und Twitter fragwürdige Posts mit Warnhinweisen oder löschen sie. Die Anhänger von Donald Trump wandern in Scharen ab – zur Plattform Parler.
Ginge es nach der Mehrheit der Parler-Nutzer, dann hat Donald Trump die Wahl gewonnen, Black-Lives-Matter-Aktivisten sind Terroristen, die die USA mit sozialistischen Waffen vernichten wollen. Hillary Clinton leitet einen Kinderschänder-Ring. Und Corona-Vorsichtsmaßnahmen sind Vorstufen zur Versklavung der US-Bürger.
Keine dieser Behauptungen und Verschwörungstheorien wird von den Betreibern der Twitter-ähnlichen Plattform gelöscht oder mit einem Hinweis auf ihre Fragwürdigkeit bestückt.
Parler-Gründer John Matze bezeichnet seinen Dienst als einen in der Medienwelt inzwischen seltenen Hort für Redefreiheit. Im National Public Radio sagte er:
"Viele Menschen wurden auf Plattformen der Sozialen Medien zensiert oder durch Algorithmen verdrängt. Wir gehen hart gegen Pornografie und Gewaltaufrufe vor, aber wir sind nicht dafür da, Diskussionen zu schlichten oder zu moderieren."

Konservative TV-Journalisten nutzen Parler

Parler gibt es seit 2018. Das Konzept zieht vor allem rechte Extremisten und Verschwörungstheoretiker an, aber auch Moderatorinnen und Moderatoren konservativer Podcasts und Fernsehshows sowie republikanische Kongressabgeordnete.
Der erste große Schwung neuer Abonnenten kam im Juni dieses Jahres. Da fing Twitter an, Tweets des US-Präsidenten mit Hinweisen auf fragwürdige Inhalte zu versehen. Prominente Trump-Anhänger riefen via Facebook und Twitter dazu auf, zu Parler zu wechseln. Der texanische Senator Ted Cruz lobte deren Sinn für freie Meinungsäußerung und forderte, die angebliche Zensur durch Silicon-Valley-Firmen zu beenden.
Fünf Monate später war Parler die am meisten heruntergeladene App des Apple-Stores. Die Zahl der Nutzer stieg innerhalb weniger Tage von vier Millionen auf zwölf Millionen. Der Grund? Alle US-Fernsehsender hatten Joe Biden zum Wahlsieger erklärt. Soziale Medien löschten oder markierten Posts, in denen das Gegenteil behauptet wurde.
So auch einen Twitter-Link von Fox-News-Börsen-Guru Maria Bartiromo zu einem Artikel, der fälschlicherweise behauptete, Demokraten würden versuchen, die Wahl zu stehlen. Bartiromo forderte daraufhin ihre Follower auf, ihr zu Parler zu folgen und lud Gründer John Matze in ihre Sendung ein. Beide waren sich einig: Fakten checken sei Zensur und bringe Voreingenommenheit auf Plattformen, die zur Neutralität verpflichtet seien.

Aufstachelung zum Widerstand

Mehrere prominente Fox-Moderatorinnen und -Moderatoren folgten. Unzufrieden damit, dass ihr Sender als einer der ersten Joe Biden zum Sieger im Bundesstaat Arizona erklärt hatte, stacheln sie bis heute Millionen von Verschwörungstheoretikern auf Parler zum Widerstand gegen den angeblichen Wahlbetrug an. Sie posten Artikel über angeblich manipulierte CIA-Computer, nicht funktionierende Stifte in Wahllokalen und zerstörte Säcke voller Pro-Trump-Stimmzettel.
Das kann gefährlich werden für die US-Demokratie, warnt Medienexpertin Shannon McGregor auf NPR: "Wir wissen aus der Vergangenheit, dass diese sogenannten alternativen sozialen Medien ohne Regeln extreme Äußerungen und Handlungen fördern."
Noch hat keine prominente Politikerin, kein Star-Moderator oder Social-Media-Influencer seine anderen Social-Media-Konten aufgegeben. Wer ein breites Publikum erreichen will, dem reichen Echokammern wie Parler oder die konservative YouTube-Alternative Rumble nicht.
Shannon McGregor: "Alle haben noch ihre Konten, weil das, was sie da posten, von Journalisten gelesen wird. Nur durch Berichte anderer Medien wird das, was sie sagen, kontrovers und bekommt Aufmerksamkeit. Ohne das ist, was sie sagen, keine Nachricht."
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